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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

20. 8. 2009 - 22:59

Fußball-Journal '09-74.

Dieselbe Medaille - andere Seite. Warum der dieswöchige internationale Auftritt der österreichischen Vereine stringent daherkam.

Die Info zu den Euro-League-Spielen von Rapid, Austria und Sturm finden sich hier.

Vorab: die Lage des heimischen Fußballs ändert sich genausowenig mit einem guten oder schwachen Länderspiel, wie sie es nach einem elenden oder einem durchaus akzeptablen Europacup-Abend tut.
Die Entwicklungen greifen langsam.

Leider interessiert das weder die Mainstream-Medien noch ein noch viel teuflischer orientiertes Oberflächen-Publikum; und da der innere Kreis der fußballerischen Akteure selber oft und gern überhaupt keinen reelen Blick auf das eigene Schaffen hat, flippert die heimische Rezeptions-Kugel weiter hysterisch hin und her.
Gestern, entsetzt vom schlechten Fußball Salzburgs war alles schlimm; heute, nach zwei Remis gegen die kleineren ukrainischen Clubs und dem Sieg gegen den gefühlten englischen Fünften ist wieder alles toll.

Beides stimmt natürlich nicht. Und zwar nicht nur, weil sich zwischen gestern und heute natürlich nicht gar so viel geändert hat, sondern auch, weil man bei ein bisschen tiefgehenderer Analyse eh genug Gemeinsamkeiten feststellen kann.

Die philosophischen Gemeinsamkeiten

Ich darf etwa an das Gespräch mit Bundesliga-Chef Georg Pangl zum Thema Ausbildungsliga erinnern, in der sowohl ich (beim Nachfragen) und auch er (beim Erklären) immer Salzburg ausgenommen hatten, und das, weil so eine für selbstverständlich genommene Unausgesprochenheit auch für Mißverständnisse sorgen kann, dann erst recht spät akkordierten.

Der Weg von Salzburg hat eine totale Logik: Geld kauft Erfolg, der dann auf den Generalsponsor zurückstrahlt. Der ist interessanterweise einer der Top-Imageträger am globalen Getränkemarkt, und bräuchte derlei Unfug gar nicht. Die Fußball-Unterstützung, die von Salzburg im Besonderen, hat also mit der Eitelkeit des dort lokal geerdeten Chefs zu tun. Weshalb wenig vom Marketing-Spirit von Red Bull rüberkommt, sondern viel verschwitztes Lokalkaisertum.
Was dann wiederum in inhaltlich und philosophisch verheerenden Rückfällen, wie den gestern an dieser Stelle besprochenen Dudicismus mündet. Salzburg hat den Auftrag rein international denken, schafft es aber nur zum Provinzkaiser.
Wer das oft nicht einmal verkniffene ironische Lächeln, dass die Sky-Leute am Mittwoch, als sie ihre Konferenz rund um das Salzburg-Spiel strickten, in den Gesichtern trugen, gesehen hat, weiß wie das draußen ankommt.

Rapid und die Haifa-Anmutung

Andererseits sind die an sich lokalen Player, die Mittelmächte, die um die Europa-League-Plätze spielen, wegen ihrer neuen Konzentration auf die Ausbildung heimischer Kräfte um ein Wesentliches internationaler als die fantasielosen Zukäufer und herzlosen Philosophie-Umstecker des Meisters.

Was wir gestern und heute gesehen haben, ist also dieselbe Medaille, nur eine andere Seite.

Rapid etwa ging mit der Haifa-Anmutung, mit einer überbordenden ersten Angriffwells ins Spiel. Und trug deshalb den Sieg davon.
Ihr Gegner, Aston Villa, sah im dritten ernsthaften Saisonspiel noch unglaublich unsortiert und strubbelig aus. Das kann in Spiel 5 nächste Woche schon ganz anders sein.
Allerdings wird sich Martin O'Neill nicht wie sein Kollege Stevens auf diese mangende Eingespieltheit ausreden. In Salzburg geht das ja noch bei Spiel 10 als Ausrede, wahrscheinlich auch bis Spiel 20 oder 30, wenn die Red Bull-Führung das per Hausmitteilung an die SN weitergibt.

Metalurgen und Metalisten

Sturm und die Austria hatten es mit der zweiten ukrainischen Reihe zu tun, mit technisch überlegenen und strategisch gefinkelteren Teams, Vereinen, die Salzburg nicht unähnlich den Weg übers Oligarchen-Geld suchen, aber einen klügeren, weil offensiveren Weg nach vorne in den Erfolg suchen. Für die Metalisten und Metalurgen geht sich auch deshalb aus, weil sie von einer die letzten Jahre sehr erfolgreichen Doppelspitze, nämlich Shaktor Donezk und Dinamo Kiev, profitierten. Das geht aber trotz allen Geldes nur dann, wenn man Wert auf Technik und Ausbildung legt.

Dass sich Sturm und Austria gegen die beiden letztlich substanziell hochwertigeren Teams mit zwei beachtlichen Remis aus der Affäre zogen, zeigt, was möglich ist, wenn man was in genau diese Richtung (Technik und Ausbildung) unternimmt, egal ob es deshalb war, weil man sich teure Fehlkäufe von Endstation-Abcashern nicht mehr leisten konnte (Graz) oder wollte (Wien).

Es ist, wie schon in der vorigen Quali-Runde, völlig egal, ob und welche der drei EL-Bewerber es in die Gruppenphase schaffen: allein die im internationalen Auftritt gezeigte Haltung (sowohl die sportliche als auch die philosophische) ist ein großer Fortschritt zum Elend der letzten Jahre.

Da kann der Rüchschritt, den Salzburg zu verantworten hat, nix dran ändern. Denn zum einen liegen die Gründe, die dazu führten, so klar auf dem Tisch, dass sie jeder sehen könnte (es trauen sich halt nicht alle, weil sie Angst vor dem Super-Sponsor haben), zum anderen sind sie reversibel und nichts anderes als eine logische Ergänzung.