Erstellt am: 12. 3. 2009 - 18:15 Uhr
Blutsauger Online
Das Vampir-Special auf FM4
Lange Zeit waren mir Vampire eigentlich egal. Na gut, ich habe Bücher von Anne Rice gelesen, weil sie ein Freund empfohlen hat. Recht cool. Beim Film "Bram Stoker’s Dracula" bin ich erstmals in einem Kino eingeschlafen. Nicht unbedingt, weil der Film fad war, sondern wegen einer Party am Vortag - aber mangelndes Interesse an der Blutsaugerthematik hat wohl auch ein bißchen mitgespielt. Demnächst sehe ich mir den Film noch einmal an, denn: Ich finde das Thema Vampire zunehmend interessant. Schuld sind wieder einmal die Onlinewelten.
Old School
Der Klassiker unter den Vampir-Onlinegames ist Dark Eden. Ein koreanisches Spiel, und die sind - wie man ja weiß - äußerst hart. Player vs. Player ist oberstes Prinzip, und Niederlagen tun weh.
Dark Eden spielt in einem fiktiven osteuropäischen Land. Dort herrscht seit 200 Jahren ewige Nacht, ein Paradies für Vampire. Menschen wollen dem Spuk ein Ende bereiten, der Konflikt zwischen den Spielerklassen steht also im Mittelpunkt.
Softon Entertainment
Dark Eden ist nicht nur so wettkampforientiert wie Ultima Online (die Mutter aller PvP-Rollenspiele), es sieht auch so ähnlich aus: Schräg-von-oben-Draufsicht, Grafik aus der Mitte der Neunziger eben. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, erlebt ein gut balanciertes und mit der Zeit gereiftes Rollenspiel. Das war nicht immer so: Der englischsprachige Server musste vor einigen Jahren vorübergehend geschlossen werden, weil Hacker das Game empfindlich gestört hatten. Seit der Wiedereröffnung wird der englische Server endlich so gut gemanagt wie seine koreanischen und japanischen Vorbilder, und die Community ist klein, aber mit ganzem Herz dabei.
User Generated
Mein zweites Schlüsselerlebnis mit Online-Vampiren hatte ich bei einem meiner vielen Ausflüge in Second Life. Auf der von den Usern selbst gestalteten 3D-Plattform programmieren und designen Menschen auch eigene Rollenspielwelten - mittlerweile gibt es einige hundert davon. Bloodlines heißt die größte von Usern gestaltete Vampirwelt, die vordergründig durch gruselig-schöne 3D-Landschaften, verfallene Schlösser und unheimliche Friedhöfe auffällt.
Von den Machern anderer Vampirwelten in SL wird Bloodlines allerdings skeptisch betrachtet. Der Grund: Seine Schöpfer haben ein System programmiert, mit denen das "Blut" anderer (menschlicher) Second-Life-Avatare gesaugt werden kann. Trinkt ein Bloodlines-Vampir zuwenig, stirbt er nach 20 Tagen. Die Folge: Bloodlines-Spieler können mitunter ein bisschen aufdringlich werden. Außerdem werden von den geschäftstüchtigen Bloodlines-Chefs auch allerlei Vampirutensilien verkauft, darunter Fässer zum Einlagern von Blut, wie auch das Blut selbst.
Weiss
Sehr schnell hat das auch in Second Life zu den Auswüchsen geführt, die man sonst nur aus kommerziellen Onlinerollenspielen kennt: Farming zum Beispiel, das Sammeln virtueller Assets durch Profis, die nicht um des Spiels wegen spielen, sondern um Geld zu machen. Schön anzusehen sind die Bloodlines-Regionen allemal, was mir an den Vampiren in Second Life aber besonders auffällt: Sie sehen das Rollenspiel als interaktives Storytelling. Jeder erzählt dem anderen seine Geschichte.
Die Zukunft
Der Erfolg von Dark Eden und den Vampir-Regionen in Second Life hat eine der erfolgreichsten Independent-Firmen des Rollenspielmarktes auf den Plan gerufen: CCP, Gestalter des so schönen wie komplexen SciFi-Games „EVE Online“. Die isländische Firma arbeitet derzeit zusammen mit dem US-Partner White Wolf an der Umsetzung des Pen & Paper Rollenspiels The World Of Darkness.
WhiteWolf
Die Namensähnlichkeit mit "World of Warcraft" ist nicht etwa schnöde Kalkulation, denn die Bleistift-und-Papierversion von World of Darkness existiert schon seit 1996. Gut finde ich sie, weil auch ihr Fokus auf dem interaktiven Storytelling liegt. Das Rollenspiel als Gespenstergeschichte, von Menschen gemeinsam gestaltet und erzählt – ein Ansatz der auch für das Computerspiel Hoffnung macht.