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Sophie Liebhart

Alltagsgeschichten, Gesellschaftspolitik und kuriose Trends. Egal ob von weit weg oder von nebenan.

16. 12. 2016 - 00:02

FM4 Intelligentkalender #16: Caritas Kältetelefon

24 Ideen für eine bessere Welt. Heute: Die Telefonnummer, die man wählen sollte, um Menschen auf Wiens Straßen vor dem Erfrieren zu retten.

Der FM4 Intelligentkalender

24 Ideen zur Rettung der Welt.

Das Caritas-Kältetelefon ist erreichbar unter 01/4804553 oder per E-Mail: kaeltetelefon@caritas-wien.at

Ab dem 2. November ist das Caritas Kältetelefon jedes Jahr 24 Stunden täglich in Betrieb. Sieht man jemanden, der offensichtlich auf der Straße schläft, dann sollte man genau das bei der Caritas melden, um zu verhindern, dass diese Person erfriert. Heuer sind bis Ende November bereits 477 Meldungen in der Caritas Zentrale eingegangen. In besonders kalten Wintermonaten sind es oft noch mehr.

Die Sozialarbeiterin Susanne Peter mit einem obdachlosen Klienten.

Klaus Pichler

Susanne Peter bei ihrer Arbeit als Streetworkerin.

Anruf als erster Schritt

Wenn das Kältetelefon läutet, dann ist der Ablauf sehr klar. Zuerst wird der Anrufende gebeten, den Schlafplatz und die gesichtete Person möglichst genau zu beschreiben. „Eine der größten Herausforderungen ist es für uns abzuschätzen, wie dringend Hilfe benötigt wird“, erklärt die leitende Sozialarbeiterin der Gruft, Susanne Peter. „Das Telefon ist zwar 24 Stunden besetzt, aber wir sind nur sieben Tage die Woche, acht Stunden pro Tag mit Streetworkern unterwegs“, erklärt sie. „Das heißt, wir können nicht bei jedem Anruf garantieren, dass wir innerhalb von einer halben Stunde dort sind. Es kann auch sein, dass wir erst am nächsten Tag hinfahren. Deshalb ist es notwendig, dass man im Notfall, lieber einmal mehr die Rettung holt als einmal zu wenig.“

Um einen möglichst optimalen Ablauf zu gewährleisten, wird der Anruf zunächst genau dokumentiert. Im Anschluss fahren die Streetworker dann möglichst zeitnah möglichst viele Plätze an, um direkt vor Ort Hilfe zu leisten.

Richtig helfen

Erst an Ort und Stelle können die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter der Caritas einschätzen, wie am besten geholfen werden kann. Braucht der Klient einen Schlafsack oder winterfeste Kleidung wie Mützen, Schals, Handschuhe? Viele Klienten schaffen es noch nicht, in ein Notquartier mitzukommen, weil sie sich schämen oder noch nicht die Kraft aufbringen, einen Neuanfang zu starten, erklärt Susanne Peter. „Wenn sie aber unseren winterfesten Schlafsack annehmen, dann ist das quasi eine Garantie, dass sie durch den Winter kommen, weil der Schlafsack bis zu minus 24 Grad aushält“, beschreibt sie das weitere Vorgehen.

Der Caritas Bus im Einsatz.

Klaus Pichler

Die Streetworker der Caritas versuchen vor Ort und direkt zu helfen.

Erfolgsmomente

Manchmal gestaltet sich der Anfang durchaus schwierig. Susanne Peter kann sich noch gut an einen Klienten erinnern, der immer wenn jemand von der Caritas vorbeigekommen ist, seinen Platz gewechselt hat. „Dank des Kältetelefons sind wir aber immer wieder auf ihn gestoßen und nach einiger Zeit hat er gesagt, wir finden ihn eh immer wieder und jetzt nimmt er die Angebote an. Er hat sich einfach geniert und nicht die Kraft und die Energie gehabt wieder neu anzufangen. Aber dann hat er gesagt, nein jetzt startet er durch und jetzt macht er das mit uns“, erzählt sie.

Obdachlosigkeit in Wien

Zur Obdachlosigkeit gibt es keine offiziellen Zahlen. Laut Schätzungen leben mehrere hundert Menschen in Wien auf der Straße – eine sehr vage Einschätzung. Fakt ist hingegen, dass die ausgegebenen Essen für Bedürftige zunehmen. Und auch das Kältetelefon kommt immer öfter zum Einsatz. Die Hotline gibt es nun seit 2012 und es rufen immer mehr Menschen an, erzählt Susanne Peter. Die Caritas hat ihre Arbeitsweise in den letzten Jahren auch adaptiert. Mittlerweile hat sie ein Netzwerk aus über 50 Personen, die in 23 Sprachen übersetzen können. „So können wir mit den Menschen in ihrer Muttersprache sprechen, ihnen die Angebote erklären und das hilft Barrieren abzubauen, damit die Klienten wissen, wir sind die Guten und wir versuchen zu helfen“, so Susanne Peter.

Blick in die Zukunft

Auch wenn das Kältetelefon immer mehr Menschen ein Begriff ist, gilt es nach wie vor Aufklärungsarbeit zu leisten. „Uns ist besonders wichtig, dass die Menschen im Notfall die Rettung rufen. Für wirkliche Notfälle sind wir oft nicht schnell genug vor Ort“, weiß Susanne Peter. „Man muss die Rettung auch nicht bezahlen, wenn es dann doch kein Notfall ist. Aber lieber die Rettung einmal mehr rufen, als einmal zu wenig.“

Einen weiteren Wunsch für die Zukunft hat sie auch noch: „Es wäre schön, wenn die Leute ein bisschen toleranter wären und jeder seinen Raum haben dürfte. Obdachlose sind nun mal im öffentlichen Raum und ich glaube der öffentliche Raum gehört einfach jedem Menschen.“

Das Caritas-Kältetelefon ist erreichbar unter 01/4804553