Erstellt am: 18. 11. 2016 - 14:34 Uhr
Auf dünnem Eis
Eine wabernde Synthiefläche kommt einem entgegen, gefolgt von einer herrlich aufmüpfigen Melodie. Doch wenn Bernhard Eders Stimme einsetzt, dann ist da nur mehr eine Gitarre zu hören, bis sich allmählich zu einer gepfiffenen Gesangslinie auch wieder ein frecher Plastiksound einschmuggelt. Das ganze ist derart gewitzt und entspannt unaufgeregt, dass der Refrain fast schon einen ironischen Touch erhält. Denn da singt der zurückhaltende Berufsmelancholiker plötzlich davon, Rock'n'roll Star zu sein.
Die Zeile gehört allerdings Oasis, die für Bernhard in seiner Jugend ein nicht zu vernachlässigender Einfluss waren. Mit seiner Coverversion von "Rock'nRoll Star" möchte er den herrlichen Rockklischees einen ganz eigenen Twist geben und verschafft durch sphärische Soundflächen dem gewichtigen Popstar-Song eine federnde Leichtigkeit. Und wenn am Schluss eine Fahrstul-Bontempi-Musik auftaucht, dann könnte man schon in schallendes Gelächter ausbrechen. Doch das ist nur der Anfang.
Peter Piek
"Eigentlich kann man nur verlieren"
Das sechste Album der oberösterreichischen Singer/Songwriters nennt sich "Remake" und besteht aus zehn Coverversionen von Songs, die einen tieferen Einblick in die musikalische Seele des traurigen Troubadours bieten. Außerdem bedarf das einer gehörigen Portion Mut, denn wie Bernhard selbst weiß, ist das Original immer präsent, vor allem bei den gewählten Indie-Hits wie "Tonight, Tonight" von den Smashing Pumpkins.
"Da kann man eigentlich nur verlieren", meint der sympathische Musiker nachdenklich. Doch was Bernhrad Eder aus Billy Corgans Nummer macht ist zwar nicht ganz weit weg vom Original, doch erhält der Song durch die reduzierte Instrumentierung und durch die Stille zwischen den Tönen eine schöne Tiefe. Da darf dann natürlich ein zartes Glockenspiel nicht fehlen.
Bernhard Eder
Dass Bernhard Eder mit diesem Album nur gewinnen kann, beweist gleich die zweite Nummer von "Remake", denn mit "I feel you" von Depeche Mode hat er einen gewaltig noisigen und extremen Song zu einem eindringlichen und wunderschönen Akustikstück umgearbeitet. Eine Coverversion, die heraussticht, ist Grace Jones "I'm Crying Mothers Tears", schon alleine aufgrund des komplett anderen Rhythmus, der ein Bossa-Nova Feeling verbreitet, das man in Bernhard Eders Songs vergeblich suchen würde.
Bernhard: "Ich habe den Song gehört, als das Album 'Hurricane' von Grace Jones herausgekommen ist. Ich finde das Stück sehr schön, nur die Instrumentierung hat mir überhaupt nicht gefallen. Dieser extreme 80er Jahre Sound. Beim Covern habe ich dann gedacht, ich möchte das Lied als Duett singen und mich auf die Suche nach einer Stimme gemacht."
Fündig ist Bernhard Eder bei Schmieds Puls geworden. Er hat Mira Lu Kovacs zu sich eingeladen, ins Wohnzimmer, in dem alle Songs aufgenommen worden sind. Einander gegenüberstehend hatten die beiden diesen magischen Gesangsmoment, den wir auf "I'm crying (Mother's Tears)" nachhören können. Zwischen den Aufnahmen haben Bernhard und Mira gekocht und gegessen, vielleicht auch ein Grund, warum ihre Stimmen eine unglaublichen Entspanntheit transportieren.
Herzenswärme statt Nabelschau
Eigentlich habe ich mich schon gefragt, wie Bernhard nach seinem fulminanten, letzten Album "Nonsleeper" - die ohne Übertreibung bisher beste Platte des Singer/Songwriters - weitermachen wird. Eine Coverversionen-Werkschau anzubieten war da ein guter Schachzug, auch wenn er nicht bewusst gesetzt war. Vielmehr ist es aus einer Notwendigkeit entstanden, bisherige Veröffentlichungen zu sammeln und schon länger gehegte Cover-Wünsche endlich zu verwirklichen. Denn schon vor dem Tod eines der wichtigsten Musikers des Popbusiness wollte Bernhard einen Song von David Bowie covern.
Im Zuge der post-mortem Coverversionen-Flut hat sich der Oberösterreicher für eine Nummer aus einem Album entschieden, das als "Tiefpunkt" Bowie's Karriere gilt. Schon immer hatte er einen Faible für die zu Tode produzierte Nummer "Never let me down", die vor lauter Kitsch das schöne Grundgerüst des Liedes verschleiert. Bei Bernhard Eders Version ist Reduktion Trumpf. Während der knarzige Drum Computer dahinhumpelt, ist Bernhards Gitarrenspiel und Gesang von einer Herzenswärme geprägt, die einen unweigerlich berühren.
Elvira Stein
Überhaupt ist das ganze Projekt keine selbstverliebte Nabelschau. Schließlich hatte Bernhard auch Zweifel, ob sich die verschiedenen Songs mit seiner Stimme und seiner Art der Interpretation tragen. Das Ergebnis ist vielmehr ein beeindruckendes Werk, das viel Freude und Liebe zur Musik transportiert.
"Remake" lässt uns in Erinnerungen an unsere eigenen musikalischen Heroen schwelgen und nimmt uns sanft an der Hand, um mit uns ein Stück der Musikgeschichte zu gehen, die für Bernhard Eder auch ein Teil seiner eigenen Geschichte geworden ist. So schließt der Singer/Songwriter den Coverversionen-Kreis mit einem zweiten Oasis-Song. Mit "Slide Away" als verträumter Ballade entlässt uns Bernhard Eder in die musikalische Gegenwart, die jetzt wieder eine Farb-Facette dazugewonnen hat. Und das ist schon ein kleines Kunststück, das dem cleveren Musiker da gelungen ist.
Gewinnspiel beendet
Wir haben 2x2 Tickets für Live@RKH: Bernhard Eder & Guests verlost - und zwar am Dienstag, 22. November 2016 um 20 Uhr im RadioKulturHaus, Wien.
Dafür musstet ihr folgende Frage beantworten: Am Cover von "Definitely Maybe" lehnt das Bild eines Musikers an einem Sofa. Wie heißt der Musiker?
Die richtige Antwort ist Burt Bacharach.
Die GewinnerInnen wurden per Email verständigt.