Erstellt am: 16. 3. 2015 - 14:03 Uhr
Der singende Nichtschläfer
Eigentlich ist es ja fast schon "langweilig", wie der oberösterreichische Musiker und Songschreiber Bernhard Eder selbst anmerkt. Bei jedem neuen Album heißt es, es sei das beste, das er bisher gemacht habe.
Und jetzt bin auch ich einer von ihnen. Denn "Nonsleeper", das fünfte Studioalbum des melancholischen Popbarden, ist ohne Übertreibung überwältigend.
Cornelia Reidinger
Vom Koffeinjunkie zum Nieschläfer
Schon der erste Song "Bird Away" beeindruckt auf ganzer Linie. Warmer Orgelsound, eine zarte Akustikgitarre
und Bernhards zerbrechliche Stimme: mehr braucht es nicht zu Beginn, damit einen dieses klug aufgebaute Popjuwel gefangen nimmt. Mit jeder harmonischen Wende gesellen sich weitere Instrumente dazu, bis am Ende mit Streichersound und epischem Schlagzeugbeat soundtechnisch die Sonne aufgeht. Gleichzeitig ist es die logische Verbindung zu dem Vorgängeralbum "Post Breakup Coffee", mit dem Bernhard Eder seinen Trennungsschmerz aufgearbeitet hat. Es wirkt fast, als würde er in einem einsamen Hotelzimmer noch einmal zurückblicken und seine Wunden spüren. Doch im selben Moment bekommt man die Gewissheit zu spüren, dass das Leben nicht nur weiter geht, sondern noch viele schöne Überraschungen parat haben könnte.
Bernhard Eder
Der gelernte Multiinstrumentalist verschießt mit dieser unglaublich schönen Eröffnungsnummer aber nicht gleich sein ganzes Pulver. Denn als dritten Song schließt Bernhard Eder eindeutig den Popvogel ab. "Turn On" ist die Nummer, von der sich seine engen Freunde schon seit Jahren gewünscht haben, dass der trauergeplagte Songschreiber sie endlich aufnimmt. Ein Refrain, den man nicht nur sofort mitsingen kann, sondern der einem gar nicht mehr aus dem Kopf gehen will. Irgendwie muss man an große Gitarren-Popbands der 1980er Jahre denken, ohne Synthies und belchernem Elektrosound. Begeisterung kommt auch beim witzigen und liebevoll gemachten Video auf.
Der Titeltrack "Nonesleeper" erinnert mit seinem brüchigen, sehr reduzierten Anfang, der melancholischen Akkordfolge und dem ganz leicht schrägen Gesang an eine frühe Neil Young Nummer. Der Backgroundchor lullt einen ein, während sich eine E-Gitarre mit Tremolo-Effekt vorsichtig durch die Harmoniewechsel spielt. Der Song drückt auf perfekt das Gefühl aus wie es ist, nicht schlafen zu können, am Fenster zu stehen und in die Nacht hinauszustarren.
Und dann wäre da noch die erste Single "The Queen And The Knight", ein sechsminütiges, gefühlvolles Epos, das sich nach und nach mit seinem rollenden Rhythmus zu einer beschwingten, märchenhaften Popnummer entwickelt. Auch hier hat Bernhard Eder und sein Videoteam die visuelle Umsetzung mit viel Witz, Selbstironie und Liebe inszeniert.
With a little help from my friends
Das Album "Nonsleeper" fasziniert auch durch die ausgewogene, sehr stimmige Produktion. Der Sound ist kraftvoll und transparent. Für die beeindruckende Abmischung ist niemand geringerer als Herwig Zamernik verantwortlich, seines Zeichens der Fuzzman und Bassist von Naked Lunch. Abgesehen davon, dass Bernhard die meisten Instrumente selbst eingespielt hat, unterstützten ihn Garish-Schlagzeuger Markus Perner, Velojet-Bassistin Marlene Lacherstorfer, Magdalena Zenz an der Violine und Sophia Exiner an der Kalimba.
Peter Piek
Bernhard Eder live in Österreich:
- 16.03. dasTAG, Wien (A) - Releasekonzert
- 05.04. Spielraum, Gaspoltshofen (A)
- 15.05. Linzfest, Linz (A)
- 22.05. Arge Kultur, Salzburg (A)
- 23.05. Fluc, Wien (A) – Tron Records Labelnight
- 24.05. Papierfabrik, Graz (A)
- 28.05. Die Bäckerei, Innsbruck (A)
Im Song "In Confidence", der unter anderem von Bernhards zweiter Heimat Berlin handelt, performt er mit der deutschen Sängerin Mari Mana ein berührendes Duett. Und für den Titel "Inside Joe Hill" hat sich der Singer/Songwriter Naked Lunch Sänger Oliver Welter geholt, was gut passt. Schließlich beschäftigt sich Bernhard Eder im Text mit den möglichen letzten Gedanken des 1914 zu Unrecht zum Tode verurteilten Schweden Joseph Hillström, kurz vor seiner Hinrichtung. Passagen hat Bernhard sogar von Originalgedichten von Hilström übernommen. Überhaupt sind die Lyrics aus "Nonesleeper" recht szenenhaft angelegt, was wohl auch mit Bernhard Eders Theaterarbeit zu tun hat. Dadurch werden die Songs lebhafter, die Identifikation leichter und die Textzeilen einprägsamer.
Und wenn der sympathische und von seinem Wesen her keineswegs tieftraurige Multiinsturmentalist und Sänger uns mit "The Great Gig Under A Rose-Coloured Sky" dann endgültig aus seinem neuen musikalischen Universum entlässt, dann ist klar, dass "Nonesleeper" einen großer Entwicklungsschritt für Bernhard Eder darstellt. Auf musikalischer Ebene überzeugen alle zehn Songs durch gutes Arrangement, perfekte Instrumentierung und viel Gefühl. Und auch auf persönlichen Ebene scheint Bernhard Eder wieder ein Stück unbeschwerter und "schmerzfreier" nach vorne schauen zu können. Und damit ist - ob man es gerne hört oder nicht - "Nonesleeper" definitiv das beste Album, das Bernhard Eder bislang geschrieben hat.