Erstellt am: 12. 11. 2016 - 06:00 Uhr
"Bessere Fahrer als bei den X-Games"
FM4 Draußen
Die Teilnehmerliste der Prime Park Sessions liest sich wie das Who is Who der Freeski- und Snowboard Welt. Mit Joss Christensen, Gus Kenworthy und Nick Goepper ist etwa das komplette Freeski-Slopestyle-Podium der letzten Olympischen Winterspiele vertreten, Devin Logan oder Mark McMorris haben auch olympische Medaillen zuhause und wollte man die Anzahl der X-Games und Air+Style Titel zählen, die all die RiderInnen am Stubaier Gletscher gewonnen haben, wäre man wohl eine Weile beschäftigt.
Prime Park Sessions / Pally Learmond
Sie alle haben sich vom recht simplen Konzept von Daniel Schießl und Tobi Reindl überzeugen lassen: "Man baut die besten Kicker der Welt und die besten Fahrer fahren sie." Daniel und Tobi kommen beide aus der Freeski Szene. Vor vier Jahren haben sie sich gefragt, wo eigentlich die ganzen Pro-Rider im Herbst, der einzig längeren contestfreien Zeit in der Saison, hinfahren. Dabei haben sie gemerkt, dass keiner der bestehenden Parks zu dieser Jahreszeit die Bedürfnisse der RiderInnen befriedigt. Die meisten von ihnen sind einfach zu klein.
Daraufhin haben sie beschlossen, selber etwas auf die Füße zu stellen. Ziel waren die Alpengletscher, geworden ist es schließlich der Stubaier Gletscher, weil hier der bereits vorhandene Park, der Stubai Zoo und die dafür verantwortliche Shaping-Firma Schneestern bereits gute Voraussetzungen geboten haben.
So einfach wie das Konzept mit den großen Kickern klingt, es steckt viel Arbeit und Geld dahinter. Denn es ist alles andere als leicht, zu diesem frühen Zeitpunkt in der Saison die riesigen Mengen Schnee bereitzustellen, die man für die großen Schanzen und die noch größeren Landehügel braucht. Da gehören Snowfarming und genaue Planung dazu.
Prime Park Sessions / Pally Learmond
Raum für Fehler gibt es dabei kaum, meint Tobi Reindl. Denn wenn die besten FahrerInnen der Welt kommen, wollen sie eine perfekte Geometrie der Schanzen, mit perfekten Absprungs- und Landungswinkeln. Die RiderInnen scheint's, haben allerdings kaum was auszusetzen.
Marcus Kleveland, Snowboard-Shootingstar aus Norwegen kommt bei den Kickern ins Schwärmen: "Superbig and supersafe" meint er, und der US-amerikanische Freeskier Gus Kenworthy, der 2012 bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi die Silbermedaille im Slopestyle-Contest gewonnen hat, sagt, es wären exakt die Bedingungen, die man sich in dieser Phase der Saisonvorbereitung wünscht: Frühlings-Shredden im November, wegen des südseitig gelegenen Snowparks.
Simon Welebil / FM4
Tobi Reindl und Daniel Schießl haben Perfektion im Funpark zu ihrem Geschäftsmodell gemacht, die hat aber auch ihren Preis. Fast 2.000 Euro kostet jeden Fahrer und jede Fahrerin die Teilnahme an den Prime Park Sessions für zwei Wochen, das sind aber nur die Kosten für Lifttickets und Parkbenützung. So mancher Teammanager muss bei diesen Preisen erstmals schlucken.
"Die Prime Park Sessions sind vor allem ein großer Posten in unserem Budget", sagt etwa Gigi Scheidl, Head-Coach der österreichischen SnowboarderInnen. Doch bei dem, was seine FahrerInnen um Anna Gasser, Clemens Millauer und Philipp Kundratitz hier geboten bekommen, sieht er die Preise als gerechtfertigt an. "Es gibt einen Grund, dass man hier extra bezahlen muss. Jeder Local hätte mit diesen großen Kickern seine Probleme."
Prime Park Sessions / Pally Learmond
Doch auch die Locals profitieren von den Prime Park Sessions, vor allem durch die Investitionen in die Infrastrukrur, die nachhaltig bleiben und den Park pushen, der ständig wächst.
Die Contest-RiderInnen haben für die Locals am Stubaier Gletscher allerdings wenig Zeit. Für sie ist es interessanter, wo sie und ihre direkte Konkurrenz zu diesem Zeitpunkt der Saison stehen. Sie müssen nicht auf die ersten Contests warten. "Wir haben hier ein besseres Fahrerfeld als bei den X-Games", lacht Tobi Reindl, und hat damit wahrscheinlich recht.
Die großen Schanzen und die direkten KonkurrentInnen vor Ort sind dabei aber nicht alles, was die Prime Park Sessions zu bieten haben. Allein sieben Leute sind heuer allein dafür abgestellt, zu fotografieren und zu filmen, um den RiderInnen und ihren Teams Content für ihre Social-Media-Kanäle zu liefern, wie Daniel Schießl erzählt. "Wir versuchen den Ridern und den Teams dadurch einen Mehrwert zu generieren.", und der wird gern abgeschöpft.
Dutzende Bilder und Park-Edits aus den Prime Park Sessions fluten diese Tage die Social-Media-Timelines von Snowboard- und Freeski-Fans und erreichen ein Millionenpublikum. "It's a good opportunity to get social media content, when there’s big anticipation for the season", sagt etwa Gus Kenworthy. Als er im Vorjahr verletzt aussetzen musste, hat er eifersüchtig den Social Media Output seiner KollegInnen verfolgt.
Dass die Prime Park Sessions auch als PR-Tool für RiderInnen, den Gletscher oder Snowboarden und Freeski an sich funktionieren, sei aber nur ein Nebeneffekt, sagt Tobi Reindl. Am Ende des Tages gehe es darum, dass die Sessions eine Plattform bieten, um sich weiterzuentwickeln. Dass das funktioniert, dafür gibt es eine Menge Beispiele aus den letzten Jahren. Marcus Kleveland etwa hat hier 2015, als einer der ersten Snowboarder überhaupt, einen Backside Quad Cork 1800 gelandet, und auch heuer hat er schon wieder neue Tricks ausprobiert. Man kann gespannt sein, was man davon diese Saison noch zu sehen bekommt.
Nach vier Jahren Prime Park Sessions sind Tobi Reindl und Daniel Schießl ganz zufrieden, mit dem, was sie am Stubaier Gletscher auf die Beine gestellt haben. Sich mit dem Erreichten zufrieden geben, können sie sich aber nicht leisten. Schanzen und Park können immer noch besser werden, meinen sie. Dass sie aber in der Entwicklung von Snowparks und Schanzen ganz vorne mit dabei sind und sich nicht nach Skandinavien oder die USA aufblicken müssen, macht sie stolz.