Erstellt am: 31. 10. 2016 - 13:35 Uhr
Lawinenverschüttetensuche
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Die Wintersaison hat noch gar nicht richtig begonnen, und schon gibt es in Österreich die ersten Lawinenopfer zu beklagen. Am Olperer im Zillertal sind zwei Bergsteiger von einer Lawine erfasst worden, einer von ihnen wurde total verschüttet und konnte trotz raschem Einsatz von Bergrettung und Lawinenhunden erst nach über zwei Stunden ausgegraben werden. Zu spät.
Langjährige Statistiken zeigen, dass man in den ersten 15 Minuten nach einer Totalverschüttung noch eine relativ große Überlebenswahrscheinlichkeit von ca. 80% hat, danach sinkt sie rapide ab. Die einzigen, die einen realistischerweise in 15 Minuten ausgraben können, sind die Menschen, die mit einem am Berg sind. Dafür ist allerdings notwendig, dass man die Notfallausrüstung mit sich führt - Sonde, Schaufel und Lawinenverschüttetensuchgerät (kurz LVS) - und damit auch umgehen kann.
Simon Welebil / FM4
Die kurze Viertelstunde
"Diese Viertelstunde ist kurz", sagt Karl Klinec aus Nauders am Reschenpass, Berg- und Schiführer und Ausbildner bei der Bergrettung Tirol. Denn diese Viertelstunde setzt voraus, dass man einen Verschütteten in zwei bis drei Minuten geortet hat, damit dann zehn Minuten zum Ausgraben bleiben. Um das Orten allerdings in dieser extrem kurzen Zeit hinzubekommen, sollte man am Beginn jeder Saison ausführlich mit seinem persönlichen LVS-Gerät üben.
Simon Welebil / FM4
Bei der Alpinmesse in Innsbruck vergangenes Wochenende hat Karl Klimec Workshops geleitet, wo BesucherInnen genau das machen konnten. Auf einem 600m² großen Feld aus Hackschnitzeln waren Sender vergraben, mit denen Einzel- oder Mehrfachverschüttungen simuliert werden konnten. Mit den Workshop-TeilnehmerInnen ist Karl jeden Schritt der Kameradenrettung einzeln durchgegangen: Notruf absetzen, Grobsuche, Feinsuche, Ortung mit der Sonde und Ausgraben mit der Lawinenschaufel.
Simon Welebil / FM4
Drei Suchphasen
Mittlerweile sind digitale LVS-Geräte mit 3-Antennen Standard bei der Notfallausrüstung. Beim Einschalten des Suchmodus zeigt das Gerät eine Richtung und eine Entfernung zu den Verschütteten an, sobald es die Feldlinie eines anderen LVS-Gerätes ortet. Folgt man diesem Pfeil wird die Entfernung kleiner. Spätestens bei einem Abstand von unter zwei Metern muss man in die Feinsuche wechseln und das Suchergebnis mit der Sonde verifizieren, bevor man zu graben beginnt.
Auf der Alpinmesse schickt Karl seine Gruppen recht schnell ins Hackschnitzelfeld, um die Sender zu finden. Zumindest beim ersten Durchgang geht er noch mit jedem mit, erklärt und korrigiert, bis alle die Prinzipien der Suche verstanden haben.
Simon Welebil / FM4
Üben sollte man allerdings länger. Nicht nur, bis man eine Suche unter zwei Minuten geschafft hat, sondern bis man die einzelnen Schritte der Suche wirklich intus hat. Denn wenn im Ernstfall Unsicherheit, Nervosität und Druck zusammenkommen, sagt Karl, geht sonst wertvolle Zeit verloren und das Finden eines Verschütteten wird zum Zufallsprodukt.
Unter Zeitdruck zu üben, findet Karl sinnvoll, weil man ja auch im Notfall sehr schnell handeln muss. Davon, den Übenden zusätzlichen Druck aufzuerlegen, indem man eine Stress-Situation simuliert oder extra antreibt, mit panischen Schreien etwa, hält Karl allerdings wenig. "Ich glaube, das bringt nur jemandem etwas, der schon sehr gut drauf ist und bei der Suche sehr gefestigt." Für die anderen geht's um Korrekturen und Automatisierung.
Üben zu Hause
Ideal für das Üben zuhause wäre natürlich ein Schneefeld, um einen Partner ein LVS verstecken zu lassen und dann systematisch mit der Suchübung beginnen zu können: am Beginn eher an der Oberfläche, dann tiefer; und das vergrabene Gerät in verschiedenen Ausrichtungen zu positionieren, stehend, liegend, quer, weil das die Signale des Geräts verändert.
Simon Welebil / FM4
Freeride-Basics
Ein paar Tipps vom Risk'n'Fun Team, bevor du Off-Piste gehst: Notfallausrüstung, Lawinenlagebericht und Risikoabschätzung
Falls die nächsten Wochen keine durchgehende Schneedecke bringen, gibt noch genügend andere Möglichkeiten eine Übung aufzubauen. Man kann ein LVS auch im Garten verstecken wie ein Osterei, unter Blumentöpfen oder Erdhaufen, meint Karl. Wichtig ist, dass man sich mit seinem eigenen Gerät vertraut macht und die LVS-Suche auch gleich mit einer Sonden-Übung kombiniert und versucht, mit der Sonde was zu ertasten.