Erstellt am: 27. 10. 2016 - 02:52 Uhr
The Cure in Wien
Oh, Robert Smith, du schönster, größter und berechenbarster düsterer Rockstar. Der seit Jahren das Gleiche macht, aber das in Perfektion. Denn wenn man auf Konzerte von The Cure geht, dann weiß man, was man zu erwarten hat und was dort passiert. Super ist es aber trotzdem immer, vorausgesetzt man taucht so richtig in das ein, was da auf der Bühne passiert.
Drei Grunderwartungen gibt es bei jedem Cure-Konzert, die Eckpfeiler jeder Show sozusagen: Robert Smith hat immer noch eine Stimme, als wäre er 25, es wird sehr wenig geredet auf der Bühne, und das Konzert ist sehr lang. Nicht Brian Jonestown Massacre lang oder Damon Albarn letztes Jahr am Roskilde Festival lang, aber doch zumindest über zwei Stunden.
Franz Reiterer
Das letzte Mal habe ich The Cure 2012 am FM4 Frequency Festival gesehen. Damals, kann ich mich erinnern, sagte Robert Smith: "So much to say and so little time". Was nicht stimmte, weil die Band ja schlussendlich noch spielte, als die Shuttlebusse schon wieder nach Wien zurückfuhren. "Die Stimme von einem 25-Jährigen", sagte jemand neben mir am Weg zum Bus, während die Band hinter uns gerade erst "Lovecats" anstimmte.
In den letzten Jahren macht Robert Smith aber nicht nur The-Cure-Musik, sondern taucht auch auf Tracks der einen oder anderen neueren Lieblingsband auf. Mit Crystal Castles performte er den Song "Not In Love" noch zu den guten, alten Alice-Glass-Zeiten der Band. Und kürzlich coverte er die Nummer "There's A Girl in the Corner" von den Ausnahmetalenten The Twilight Sad.
Franz Reiterer
"Ursprünglich wollten wir, dass Robert Smith 'It Never Was The Same' covert", erzählt mir Twilight Sads James Graham kurz vor der Show in Wien. Aber er wollte lieber das andere Lied aufnehmen. Und dazu sagt man ja auch nicht nein, das ist schließlich Robert Smith, der mit einem Musik machen will.
Der Cure-Frontmann ist Twilight-Sad-Fan, was ihn auch dazu bewegte, die schottische Band mit auf die große, aktuelle Tour mitzunehmen. Auch in Wien eröffnen The Twilight Sad den Abend. Das kann man sich sehr gut anschauen, vorausgesetzt man kommt rechtzeitig in die Venue. Denn obwohl der Einlass in die Marxhalle schon um 19 Uhr beginnt, stehen um 20 Uhr immer noch unzählige Leute vor der Location und warten geduldig auf das Hineinkommen. Das Warten in der Schlange: Dass sich das den ganzen Abend noch einige Male wiederholen wird, wissen die Menschen draußen noch nicht.
Wenn man's mal in die Marxhalle geschafft hat, wird man vom Gedränge zur Bühne hin, vom Geruch von Bratwürsten und Bretzelständen begrüßt. Von Getränkeständen leider weniger, was erklärt, warum sich auch da schon ordentliche Menschentrauben eingefunden haben, die nach dem langen Warten vor den Toren erstmal ein Bier holen wollen. Das kann aber eine halbe Stunde dauern, bei manchen Leuten liegen die Nerven schon blank und so wird auch schon mal ein bisschen gegenseitig angestänkert.
Franz Reiterer
Auf der Bühne stehen währenddessen noch die hervorragenden Twilight Sad und spielen triste, großartige, traurige Musik aus Schottland. James Graham steht auf der Bühne und zuckt ekstatisch zur eigenen Musik mit erhobenen Händen Richtung Hallendecke. Eine Freude ist das immer, die Band zu sehen, auch in dem Rahmen, auch als Vorband, auch in einer möglicherweise viel zu großen Halle, die Distanz zu den doch sehr persönlichen Texten der Gruppe aufbaut.
Als The Cure die Bühne betreten, wird dann als allererstes ganz odentlich gejubelt. Hinter der Band hängen fünf Leinwände, auf denen mal The Cure selbst zu sehen sind, dann wieder pinke Wolkenwelten und dann thematisch zu einem Song wie "A Forest", natürlich, ein Wald. Das klingt schon alles ganz gut, auch in den Weiten der Marxhalle. Alles auch ziemlich verwaschen, aber das passt thematisch zum Glück ganz gut. Und The Cure sind natürlich eine Band, wo jeder einzelne Riff, jede Melodie und jede Zeile bis zur Perfektion schon live performt worden sind.
Franz Reiterer
Die Meinungen bleiben eher zwiegespalten: "Gseg'n hat mas", sagt mir jemand und drückt damit das Grundgefühl einiger Besucher aus. Andere lassen sich wiederum komplett von der Welle aus alten Hits und ein paar selteneren Stücken mitreißen. Robert Smith gibt sich, wie erwartet, wortkarg. "Danke", gibt's ab und zu zu hören. Ich bekomme eine Textmitteilung von einem Casual-Cure-Hörer: "Das klingt ein bisschen wie ein sehr langes Lied, das ich nicht kenne", steht da drin.
Franz Reiterer
The Cure sind eine Band der vielen Zugaben, auch bei dieser Nationalfeiertagsshow in der Marxhalle. Dreimal wird die Bühne noch betreten, einige wirklich große Hits werden erst ganz am Ende gespielt. Das perfekte Songquartett gibt es zum Schluss zu hören: Zuerst "Friday I'm in Love", dann "Boys Don't Cry", "Close To Me" und als letzte Nummer "Why Can't I Be You". Und das ist wirklich herrlich super.
Franz Reiterer
Robert Smith macht noch einen kleinen Spaziergang über die Bühne, während der Rest der Band schon Backstage verschwunden ist. Lässt sich nochmal feiern für die extralange Show. Ein Konzert der erfüllten Erwartungen, wo genau das abgeliefert wurde, was man sich unter einer Cure-Performance vorstellt. Eine Show, die nur leider von der Venue etwas getrübt wurde, vom langen Herumstehen und Herumdrängeln. Aber nächstes Mal wieder sehr gerne. Weil ich weiß jetzt schon, wie das wird.