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Christoph Sepin

Pixel, Post-Punk, Psychedelia und sonstige Ableger der Popkultur

25. 10. 2016 - 14:04

#Vlog16 - 3: The One about Communication

Vom gegenseitigen Verstehen und Missverstehen. Die Viennale beschäftigt sich mit Kommunikation.

Viennale auf FM4

Das komplette Programm der Viennale 2016 gibt es auf viennale.at zu finden.

Tickets gibt es ab 15. Oktober, 10 Uhr auf viennale.at oder unter 0800 664 016 (10 - 20 Uhr).

Es ist alles nicht so einfach, wenn man Teenager ist. Die Welt ist verwirrend, die Menschen entweder furchtbar interessant, furchtbar langweilig oder furchtbar peinlich. Und das Ganze in Worte zu fassen ist ein Ding der Unmöglichkeit. Wie für die beiden Jugendlichen in Damien Manivels Film "Le Parc", der im Rahmen der Viennale gezeigt wird.

Le Parc

Viennale

Wie sich Naomie und Maxime kennengelernt haben, wissen wir nicht. Irgendwie in der Schule muss es wohl gewesen sein. Ob sich die beiden Teenager zum ersten Mal auf ein Date treffen als sie im zentralen Park des Films nebeneinander auf einer Bank Platz nehmen, ist uns auch nicht bekannt. In "Le Parc" erfahren wir großteils nur, was uns die beiden jungen Menschen selbst durch ihre Unterhaltungen mitteilen. Und die werden wiederum durch die eigene Schüchternheit eingegrenzt, durch die Unsicherheit und die Angst etwas Falsches zu sagen.

"Le Parc" ist eine Geschichte, deren zentraler Plot sich komplett durch die Missverständnisse der beiden Hauptfiguren bildet. Durch die Unfähigkeit miteinander in echte Kommunikation zu treten. Naomie mag Maxime, Maxime mag Naomie. Aber so einfach ist das eben alles nicht. Und anstatt zu versuchen, die eigenen Emotionen auszudrücken und in den Kontext der eigenen Lebensumstände zu stellen, wird dann einfach nebeneinander auf der Parkwiese gesessen und geschwiegen. Oder versteckt hinter den Bäumen geküsst. Oder wortlos auf der Parkbank gelegen.

Le Parc

Viennale

Es ist ein besonders schön umgesetztes Beispiel für die Komplexitäten des Teenagerlebens, wenn zwei Menschen sich berühren können, sich tief in die Augen sehen und die Arme umeinander legen, aber nicht in der Lage sind, miteinander zu kommunizieren. Und die Gefühle in Worte zu fassen. Aber vielleicht ist das nicht nur ein Teenagerding.

Der Film erreicht seinen Höhepunkt als Maxime sich dazu entscheidet, nach Hause zu gehen, Naomie aber im Park zurückbleibt und sich die beiden von da an nur über Textmitteilungen auf ihren Handys unterhalten. "Es tut mir leid", schreibt Maxime. "Ich habe Gefühle für dich, aber es gibt eine andere." Was er im persönlichen Rahmen durch gesprochenes Wort nicht ausdrücken kann, fällt ihm im Geschriebenen leichter. "Ich wünschte, ich könnte die Zeit zurückdrehen, damit ich dich niemals kennenlerne", schreibt Naomie zurück und wünscht sich, dass die beiden schon von Anfang an richtig kommuniziert hätten, mit gesprochenen Worten.

"Le Parc" ist teils Traum, teils Realität. Teils frustrierende Vorführung der Folgen von Missverständnissen, wenn man als allwissender Zuseher in Richtung der Leinwand brüllen will: "Warum sagt ihr euch nicht einfach, was ihr wirklich fühlt?!". Aber Damien Manivel benutzt die fehlende Kommunikation als erzählerisches Mittel, gibt damit Raum für mehrere Bedeutungen und für die eigenen Vorstellungen des Publikums. Fill in the blanks, lautet die Devise, vom Anfang bis zum Ende.

Arrival

Viennale

Arrival

Ganz einen anderen Zugang zum Thema Kommunikation hat Denis Villeneuves Sci-Fi-Drama "Arrival", einer der schon im Vorfeld hochgehyptesten Filme der diesjährigen Viennale. Die Sprachwissenschaftlerin Louise Banks (Amy Adams) wird darin von der US-Regierung angeheuert, als eines Tages plötzlich zwölf gigantische Alienraumschiffe auf der Erde landen. Die Intention der außerirdischen Besucher ist unbekannt, gemeinsam mit dem Mathematiker Ian Donnelly (Jeremy Renner) soll Louise versuchen, mit den Aliens Kontakt aufzunehmen und ihre Sprache zu entziffern. Um herauszufinden, was der Besuch auf der Erde denn soll.

Das ist die Kerngeschichte von "Arrival", tatsächlich dreht sich der Film aber noch um hundert andere Dinge. Unter anderem ist das auch ein Film über Kommunikation. Wie versteht man jemanden, dessen Sprache man nicht kennt?, lautet die Frage, die sich die Hauptcharaktere stellen müssen. Wie entschlüsselt man den sozialen Code einer anderen Zivilisation? Und wo beginnt man da überhaupt?

Arrival

Viennale

Auch wenn das Sprechen mit den Außerirdischen fast unmöglich scheint, die menschlichen Protagonisten und Protagonistinnen des Films selbst kommunizieren komplett offen miteinander. Denn wenn die gesamte Welt unter Zeitdruck steht, herauszufinden, was die endgültige Absicht dieser gigantischen Weltraumschiffe ist, dann bleibt keine Zeit für Andeutungen und Verkomplizierungen, für vorsichtiges Herantasten und Schüchternheit, wie es die Teenager in "Le Parc" zur Schau stellen. Auch nicht, wenn sich romantische Beziehungen anbahnen. Und so erreichen die Charaktere in "Arrival" am Ende des Films eine viel engere, persönliche Beziehung zueinander, weil schon von Anfang an offen miteinander kommuniziert wird.

Arrival

Viennale

Auch wenn "Arrival" zwei Stunden lang dauert, ist das ein Film, der komplett auf Füller verzichtet. Der sich voll und ganz in unglaublich emotionalisierender, man mag fast sagen kitschiger Weise mit seinen Charakteren und deren Welten beschäftigt. Der einen staunend in den Kinosessel drückt während sich der hervorragende Soundtrack von Jóhann Jóhannsson durch den Saal zieht. Als das Licht im Gartenbaukino wieder angeht, vibriert mein Handy. Ein auch für den Film anwesender Freund hat mit eine Textmitteilung geschickt. "Meisterwerk", steht da einfach nur drin. Recht hat er. Aber das muss man erstmal verdauen.

Viennale

Christoph Sepin / Radio FM4