Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Nostalgie zum Abschluss"

Lisa Schneider

Hören, lesen, schreiben

2. 10. 2016 - 12:05

Nostalgie zum Abschluss

Das Waves Vienna ist gestern mit dem intensivsten der drei Festivaltage zu Ende gegangen. Die Ohrwürmer klingen im Kopf noch nach.

Sujet Waves Vienna Fuchs

Waves Vienna

Waves Vienna Festival & Conference findet von 29. 9. bis 1. 10. im Wiener WUK und rundherum statt.

Das detaillierte Line Up findet ihr hier.

Und sonst: So waren Tag 1 und Tag 2 am Waves Festival.

"Wir würden gern ein Video zum nächsten Song drehen, am besten in Kasachstan."

Verträumte Bühnenansagen kommen von der oberösterreichischen Band Flut, die es selbst nicht ganz glauben kann, wie viele Besucher sich am Samstag schon um 20 Uhr in der großen WUK-Halle eingefunden haben. Und wirklich, es ist so viel los wie an keinem der beiden vorangegangenen Tage. Glitzerndes Hemd, Haarband, Falco im neonfarbenen Windbreaker: aber es sind die guten 80er, die zum nostalgisch Mitwippen.

Flut

Tomas Kusa

Flut

Von Jugendvorbildern und Gratistattoos

Die deutsch-englische Band Kafka Tamura spielt mit treibendem Rhythmus im WUK-Foyer, die sehr starke, klare Stimme von Sängerin Emma Dawkins haucht der Atmosphäre etwas Entrücktes, Nachdenkliches ein. Viel lauter, schneller und roher geht es bei The Crispies, unserem Soundpark Act des Monats, auf der Ottakringer Stage zu. Ich glaube, dass jeder der Bandmitglieder ein Poster von Jack White über dem Bett hängen hat. Und vielleicht auch eins von Elvis.

Der gestrige Tag ist der intensivste, der Hof ist prall gefüllt, heute kann man sich nämlich auch noch am Labelmarkt, der nachmittags begonnen hat, mit frischem Vinyl eindecken. Und, falls Lust und Laune, ein gratis Tattoo in der Warm-Up-Lounge stechen lassen.

Sehnsuchtsstimmung am frühen Abend im Beisl: MOLLY katapultieren ihre Stimmen, Drums und Gitarre erwartungsgemäß in andere Sphären, alles versinkt in Noise und Hall. Wie kurz so ein Festival-Set eigentlich ist, merkt man dann, wenn eine Band nur eine Handvoll Nummern spielen kann. Vor allem bei Molly, wo ein Stück gern auch einmal zehn Minuten lang in einer ekstatischen Jamsession ausklingt.

Molly

Tomas Kusa

MOLLY

Nick Cave war da. Fast.

Ich ärgere mich sehr, die israelische Künstlerin Lola Marsh zu verpassen, die am heurigen Harvest Of Art Festival in der Marx Halle so wunderbar war - aber mein heutiges Highlight sind (leider zeitgleich) Warhaus aus Belgien.

Warhaus

Tomas Kusa

Warhaus

Das erste Mal, dass ich mich auch überpünktlich in die erste Reihe gequetscht habe, und es hat sich mehr als ausgezahlt. Die Vergleiche mit Nick Cave sind teilweise nachvollziehbar, gerade was die Mimik von Sänger Maarten Devoldere angeht. Warhaus spielen ein fordernd-spannendes Set aus Düsterpop und Bluesrock, Coolnessfaktor 98 von 100. Einer der eindringlichsten Auftritte dieses Wochenendes.

Die kanadische Elektroband Holy Fuck haben auch in Wien eine ziemlich große Fanbase, was die erneut volle große Halle erklärt. Aber alle Feinschmecker in Sachen Soundtüftelei waren davor bei Ritornell schon genau dort, eingehüllt von der anschwellenden Klangwolke, die vor allem auch Lukas Lauermann mit seinem beeindruckenden Cellospiel - das er streicht, zupft, schlägt - erzeugt hat.

Ritornell

Tomas Kusa

Ritornell

Und ein bisschen Nostalgie zum Abschied: We Are Scientists, schon seit bald zwei Jahrzehnten groß im New Yorker Indierockbusiness, spielen den Abschlussslot. Und blödeln charmant auf der Bühne herum, als hätten sie schon länger als zwanzig Jahre nichts anderes gemacht.

We Are Scientists

Tomas Kusa

We Are Scientists

Das Schönste am gestrigen Tag und überhaupt am gesamten Festival war, dass das Line Up den Bogen so weit spannt, von taufrisch bis etabliert. Und natürlich die rotgefärbten Weinblätter im Innenhof des WUK.

"Say, that you’ll stay", kreischen alle mit Sänger Keith Murray in die Nacht.

Ja, das wäre schön.