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Andreas Gstettner-Brugger

Vertieft sich gern in elektronische Popmusik, Indiegeschrammel, gute Bücher und österreichische Musik.

18. 8. 2016 - 15:04

Italosommer und Napoleonpop

Neue Musikvideos aus Österreich. Diemal mit Euroteuro x Ninjare Di Angelo, Destroyed But Not Defeated, Whitescape und Julian & der Fux.

Sommererinnerungen, flirrende Gitarren zu verschachtelten Beats, eine Wohnungsparty der anderen Art und Napoleon, der am "Watschenbaum" rüttelt. Bunte, spannende und liebevoll gemachte Videos aus Österreich zu perfekten, sommerlichen Songs.

Euroteuro x Ninjare Di Angelo - "Autogrill"

Es ist auch meine Urlaubserinnerung, der erste Halt auf der italienischen Autobahn. Der Geruch frisch gebackener Paninis und starken Espressos. Auch die Luft ist wärmer, südländischer und riecht nach Freiheit, selbst bei dem LKW-Duft, der sich rund um die Autogrill-Raststätte breit macht. Solch Assoziationen dürften wohl auch Mile Me Deaf-Bassist Florian Seyser und reich & föhn-Konzertveranstalterin Nina Petermandl haben. Ihre kleine Lo-Fi-Popnummer ist auf alle Fälle eine charmante Ode an die besagte Autobahnraststätte im Süden. Dazu packen sie ein bisschen New Wave, Krautrock und billig klingende Synthies in ihren Fiat und rauschen los.

Ein Video dazu muss natürlich vor Ort gedreht werden, mit passender Handy-Kamera Ästhetik. Es gibt genug kleine Details, schräge Überblendungen und witzige Zusammenschnitte, so dass man sich das Urlaubsfilmchen öfters ansehen kann und immer wieder was Neues entdeckt. Eine eigenwillige, witzige und leichtfüßige Sommernummer, bei der der Spaß an erste Stelle gestanden haben dürfte.



Destroyed But Not Defeated - "My Waterloo"

Seit fünf Jahren verwöhnen uns Lelo Brossmann,
Markus Reiter und Clemens Franke mit 1990er angehauchtem Indierock, der statt verstaubt sehr frisch und knackig klingt. Vor allem auf der neuen EP "The World Is Changing And So Must We", die vor kurzem erschienen ist. Entgegen des Titels setzen die Wiener Destroyed But Not Defeated
weiterhin auf ihre Fuzz-Gitarren, eingängiges Songwriting, poppige Melodien und jede Menge Spielfreude.

Auch wenn sich hier eine große Tragödie im Titel ankündigt, ist "My Waterloo" bei aller Referenz auf das eigene Versagen eine sehr erfolgversprechende Single geworden. Unterstützt durch ein historisch angelegtes und in die Jetztzeit des harten Indie-Musikbusiness transponiertes Video. Mit wenig Mitteln viel Effekt, durch Ideenreichtum, Selbstironie und charmante Darstellung. Selbst ein "vom Pferd fallen" wird dabei zum Genuss - zumindest für uns Zuseher. Vielleicht hätten sich Destroyed But Not Defeated vorher überlegen sollen, ob sie wirklich so viel markantes Klatschen in die Nummer einbauen sollen. Die filmische Umsetzung hat sicher ein bisschen weh getan. Aber der Schmerz hat sich gelohnt, denn mit "My Waterloo" erobert das Trio sicher viele Indierock-Herzen wie im Sturm.



Whitescape - "You Me, Let Be"

Der in Tirol aufgewachsene Andreas Hellweger ist Multiinstrumentalist und Komponist. Vielen ist er vor allem durch seine unermüdliche Schlagfähigkeit als Drummer von Rambo Rambo Rambo bekannt. Mit Whitescape hat Andreas sein höchst ambitioniertes Solo-Projekt geschaffen, das einiges verspricht. Schon die erste Single "You Me, Let Be" macht klar, dass hier auf eigenständiges Songwriting, gefinkeltes Arrangement und außergewöhnliche Musikalität gesetzt wird.

Die wunderschöne Gitarrenlinie am Anfang nimmt einen sofort gefangen. Wenn der Schlagzeugbeat dazu einsetzt wird sofort klar, dass hier krummtaktig an einem Indie-Popsong gearbeitet wird, der trotz verschobener Rhythmik entspannt dahinfließt. Der wunderschöne Sound wird durch ein sehr einfach gehaltenes Video unterstützt, das Andreas beim Spielen zeigt, überblendet mit Detailaufnahmen, die dem Song und dem Klang genug Platz lassen. Eine unglaublich schöne Nummer, die Erwartungen auf das hoffentlich bald erscheinende Debüt in die Höhe treibt.



Julian & Der Fux - "Nie Genug"

Sie sind für ihre eigenwilligen Videos bekannt, wie zuletzt dem herrlich selbstironischen "Vanille", das Anfang des Jahres erschienen ist. Jetzt setzen Julian & der Fux mit ihrer neuen Single "Nie Genug" nach. Die funkigen Gitarren, der treibende Disco-Beat, lustig verschnörkelte Synthielinien und schöne Bläsersätze, das alles hat das Stück zu bieten, das die gewohnt lakonischen Vocals untermalt.

Gedreht wurde in einer Wohnung der etwas anderen Art. Mit zunehmendem Verlauf merkt man, dass hier was nicht ganz mit rechten Dingen zugeht. Auch ich liebe Stühle, aber so viele? Und wer hat schon alternative Versionen von sich im Kasten stehen? Man kann das Video natürlich auch auf vielen verschiedenen Interpretationsebenen betrachten, hauptsächlich jedoch ist es ein großer Spaß, den Julian Hruza und Dominic „der Fux“ Plainer beim Dreh sicherlich gehabt haben.