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Alex Wagner

Zwischen Pflicht und Kür

28. 5. 2016 - 15:51

Ist der Ofen an: Fun

Für 80 Tage um die Welt? Schwachsinn, nach Rumänien ins tiefste Kaff. Und das im klirrend kalten Winter unter spartanischen Lebensbedingungen. Wer tut sich das nur freiwillig an? Ein Roadtrip von Ferdinand Führer und Roland van Oystern.

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Stermann und Grissemann haben es getan, Marc Carnal und Max Horejs haben es versucht und jetzt sind Ferdinand Führer und Roland van Oystern an der Reihe: Humoristische Tagebuchliteratur - funktioniert das im Jahr 2016 überhaupt noch? Durchaus. Die beiden Musiker, Labelbetreiber und Lebenskünstler beweisen, dass man nicht immer Außergewöhnliches an exotischen Orten erleben muss, damit ein gutes Buch entsteht. Manchmal reicht es auch, mit einem Schrottauto, das mit einer Gabel geöffnet wird, in ein rumänisches Kaff zu fahren, um dort fast drei Monate in eisiger Schockstarre auszuharren.

"Ein Tag Hagel und immer was zu essen da" von Ferdinand Führer und Roland van Oystern

Ventil Verlag

"Ein Tag Hagel und immer was zu essen da" ist im Ventil Verlag erschienen.

Alma Vii nennt sich das 370-Seelen-Dorf, dessen Tage lang und dessen Nächte noch länger sind. Roland und Ferdinand beschäftigen sich in der Einöde eher mit Überleben als Leben. Geht der Holzofen aus, kriecht ihnen die Kälte in die Knochen. Linderung versprechen da nur die warmen Mahlzeiten - heißer Eimer genannt, ein Gatsch aus Gemüse und was sonst noch so übrig ist - und die Einmal-Wärmeeinlagen, die man sich in die Hausschuhe kleben kann, damit die Füße für kurze Zeit Normaltemperatur erreichen. Ansonsten müssen die beiden mit Kälte- oder Eisfüßen Vorlieb nehmen, an wärmeren Tagen mit Wasserfüßen.

Schritt für Schritt beobachten sich Ferdinand Führer und Roland van Oystern gegenseitig und führen jeweils über den anderen Tagebuch. Ungefiltert und ohne Absprache. Da erfährt man dann zum Beispiel, dass es in Rumänien Eierautomaten gibt, an denen man rund um die Uhr der Cholesterinlust frönen kann. Oder dass Roland nur schlecht Auto fährt und eine Phobie davor entwickelt, dass das Papier zum Anfeuern des Ofens ausgehen könnte. Und dass Ferdinand davon genervt ist, dass Roland immer auf und ab geht.

Aus all diesen Tagebucheinträgen ist schlussendlich "Ein Tag Hagel und immer was zu essen da" entstanden. Das Buch ist ein bisschen Gonzo-Journalismus, ein bisschen Coming of Age Roman zweier Typen, die einfach nicht erwachsen werden wollen. Dazwischen findet man menschenfreundliche, ja entwaffnende Ironie und süßes Nichts-Tun. Die Tagebucheinträge werden immer wieder von Kurzgeschichten, Gedichten, Sketchen und anderen Textgattungen unterbrochen.

"Wandern, was für ein Scheiß. Wie kann man seinen Körper nur freiwillig dermaßen verschleißen?"

Ein Highlight des Buches ist der Wanderausflug der beiden - ein stundenlanges Herumirren am frostigsten Arsch der Welt, wo Ferdinand und Roland von bissigen Hunden verfolgt und beinahe von einem Jäger erschossen werden.

Außerdem fragen sie bei Prinz Charles an, ob er ihnen das Vorwort zum Buch schreibt, da dieser Freund der rumänischen Kultur und der Architektur der siebenbürger-sächsichen Bauernhäuser zu sein scheint. Die Antwort fällt ernüchternd aus:

"His Royal Highness has carefully considered your request but has reluctantly decided that he must decline (...) I am sorry to send what I realise will be a dissappointing reply."


Ferdinand Führer und Roland van Oystern sind beste Freunde. Sie kommen aus der süddeutschen Punk-Szene, schreiben Bücher über fiktive Promi-Hausbesuche, haben Fanzines herausgegeben und spielen zusammen in mehreren Bands. Im rumänischen Alma Vii sind sich die beiden noch ein Stückchen näher gekommen. Während ihres Aufenthalts haben sie zusätzlich zum Buch auch ein neues Album und mehrere Kurzfilme veröffentlicht. Da braucht keiner mehr sagen, die beiden leben nur in den Tag hinein.

"Ein Tag Hagel und immer was zu essen da" - das ist ein lakonischer Roadtrip der Ereignislosigkeit und vielleicht die schönste Bromance, die man seit langem erleben konnte.