Erstellt am: 2. 4. 2016 - 12:41 Uhr
Das Reparaturcafé
Die Maker-Bewegung stellt die Wertschöpfungskette auf den Kopf. Durch die Entwicklung neuer Technologien wie 3D-Druck und Laser-Cutter werden Privatpersonen zu Herstellern.
Christoph Weiss
Immer mehr offene Werkstätten entstehen, in denen Menschen Geräte selber bauen, Elektronik umfunktionieren und vieles mehr. In einem Makerspace kann man sich ohne Konsumzwang aufhalten, um zu basteln, zu bauen und zu tüfteln.
Die Selbermacherei in Wien Margareten betreibt einmal im Monat auch das sogenannte "Reparaturcafé". Ich wollte sehen, was dort geschieht und habe eines meiner Musikinstrumente mitgenommen: einen Akai MPC5000, also einen Sampler / Drumcomputer / Synthesizer, dessen Kopfhörerausgang einen lästigen Wackelkontakt hatte. Arno hat sich bereit erklärt, mir bei der Reparatur des MPC zu helfen. Er meint, dass wir die Kopfhörerbuchse wahrscheinlich austauschen müssen.
Christoph Weiss
Arno schraubt das Gerät auf und lötet das verdächtige Bauteil heraus - mit einem Werkzeug, das ich nicht zu Hause gehabt hätte, nämlich einer praktischen, pistolenförmigen Lötpumpe, die das erhitzte Lötzinn wegsaugt.
Christoph Weiss
Während wir am MPC arbeiten, kommen auch andere Gäste ins Reparaturcafé. Ein Vater und sein Sohn haben eine Quadcopter-Drohne und ein Hubschraubermodell mitgebracht. Vor ein paar Tagen haben sie noch funktioniert, "bis sie uns dann abgestürzt sind." Beim Quadcopter läuft einer der Motoren nur noch unregelmäßig, beim Hubschrauber ist ein Rotorblatt abgebrochen. Letzteres könnte man vielleicht mit einem 3D-Drucker anfertigen. Der Motor muss wohl getauscht werden, sagt einer der Maker.
Christoph Weiss
Eine junge Frau hat einen Toaster gebracht - das Gerät hat ein cooles Metallgehäuse und sieht richtig alt aus. "Der Toaster hat mich durch die Studienzeit begleitet und schaut schön aus", sagt die Besitzerin. "Und ich habe generell die Einstellung, dass man Sachen länger nutzen soll."
Christoph Weiss
In der Selbermacherei von Maker Austria gibt es auch eine Textilgruppe. Sie bastelt normalerweise merkwürdige Dinge wie Strickgraffitis - das sind Bilder aus Wolle, in denen Sensoren versteckt sind, die bei Berührung Informationen an ein iPad schicken. Beim Reparaturcafé hilft die Textilgruppe aber auch, wenn das heißgeliebte Lieblingskleidungsstück nicht mehr in Ordnung ist: "Das ist ein Strickpullover, den ich selbst nicht reparieren kann", sagt eine Frau.
Christoph Weiss
Während die Laufmasche versorgt wird, testen Arno und ich den mittlerweile ausgetauschten Kopfhörerausgang des MPC.
Weil die neue Kopfhörerbuchse breiter ist als die alte, geht Arno in eine der Werkstätten im hinteren Bereich des riesigen Makerspace und feilt an einer Gehäuseplatte herum. Dann wird der Sampler zusammengeschraubt - mittlerweile sind drei Stunden vergangen. "War das jetzt eine typische Reparatur?", frage ich. "Ja", sagt Arno, "die Reparatur war eigentlich sehr typisch. Das Gerät ist sehr untypisch für uns." Es war allerdings nicht der erste MPC in den Räumen von Maker Austria, erfahre ich - und ich selbst habe hier auch schon einmal einen Menschen gesehen, der einen Technics-Turntable repariert hat.
Christoph Weiss
Je später es wird, desto mehr Leute kommen in den Makerspace. Das Reparaturcafé scheint ein großer Erfolg zu sein, und den Mitgliedern macht die Sache Spaß. Alles geschieht auf freiwilliger Basis - wer sich mit einer bestimmten Sache auskennt, hilft. In der Nachbarschaft hat sich der Termin - immer der erste Freitag des Monats - schon herumgesprochen, weshalb wohl auch die Zahl der Mitglieder in der Selbermacherei steigt.