Erstellt am: 21. 3. 2016 - 14:20 Uhr
Für eine Handvoll Songs
Er hat es schon wieder geschafft, der Fuzzman. Mit "Dr. Feelbetter" von seinem Schlager-Album hat er mir einen Ohrwurm eingepflanzt, der mir das "Hey!" und "Ho!" auch in der Nacht eingeflüstert hat. Diesmal ist es "Für eine Handvoll Gras", die erste Single vom neuen "Fuzzman feat. The Singing Rebels"-Album, die mich vor allem mit seinem Hü-Hott-Rhythmus nicht mehr schlafen lässt.
Neben ausgelassenem Melodien und Trompetenlinien hat Fuzzman noch dazu den "weltbesten MGV" - den Männergesangsverein Obermillstatt - in den Satteltaschen versteckt, die er zum eingängigen Refrain dann auspackt. So lässt es sich locker bis nach Denver reiten.
Aber wie kommt es, dass Herwig Zamernik alias Fuzzman zum ersten Mal ein Pferd sattelt, um die schöne Landschaft seiner Heimat hinter sich zu lassen?
Für eine Handvoll Protest
Vielleicht muss man hier zu allererst einmal klären, dass Fuzzman kein Kifferlied geschrieben hat. Das ist ihm wichtig, zu erwähnen, geht es doch um das Füttern der Pferde. Irgendwie ist es aber auch ein politischer Song. Immerhin habe es in Denver nach der Legalisierung von Marihuana einen wirtschaftlichen Aufschwung gegeben und das könnte ja auch dem maroden Kärnten finanziell wieder auf die Beine helfen. So die Idee des Fuzzmans.
Niki Meixner
Jetzt kann man natürlich sagen, Fuzzman sei in subversives Element. Schließlich eröffnet er sein neues Album mit einem Song, der Anarchie propagiert. Stimmt so aber nicht, denn der clevere Kärntner singt von "Anarchü" mit sehr langgezogenem "Üüüüüüüü", während im Hintergrund zu stampfenden Beats an Geigen gezupft wird. Ein bissl Anarchie im musikalischen Sinn erfolgt erst gegen Schluss durch einen sich in die Ohren schlängelnden Synthie, der keck den dadaistischen Text zu zerbrechen scheint. Vielleicht ist es Fuzzman lediglich einfacher gefallen, das "ü" länger zu singen als das "i". Oder aber es ist der dialektale südösterreichische Einschlag. Oder aber es referiert wieder auf das "Hü" beim tierischen Marschbefehl.
Keine Angst, Fuzzman versteckt sich nicht hinter Mehrdeutigkeiten. Mit "Impossible People" kriegen die speziell adressierten Leute ihr Fett ab. Und das mit einem ruhigen, sich stetig aufbauenden Popsong, der einem das Herz im Takt der klatschenden Hände hüpfen lässt. In glitzerndem Schlagergewand wendet sich der Sänger und Musiker in "Die Sonne und das Glück" an die Menschen und Gurus, die glauben, die Weisheit des Lebens mit dem goldenen Löffel gefressen zu haben. Der Fuzzman lässt sich halt nicht den Weg weisen durch die Sonne, die diesen Leuten aus dem Allerwertesten scheint. Auch hier wird der Protest mit so viel liebevoller Harmonie kundgetan, dass man ihn fast überhören könnte. Bis einem ein weiterer Synthesizer in fiepender Höhe durch Mark und Bein geht.
Niki Meixner
Für eine Handvoll Soul
Was bei dem neuen "Fuzzman feat. The Singing Rebels"-Album auffällt, ist der Soul, der sich durch alle Songs zieht. Die Musik von Herwig Zamernik war freilich immer schon sehr beseelt - doch diesmal scheint die Seele des Musikers noch mehr durch die - oft komödiantisch wirkende - Oberfläche. "Einfach ehrlich(er)" könnte man sagen, wenn diese Phrase nicht schon kaputtgemacht worden wäre. Durchzogen wird dieses ungeschminkte Liedgut durch die plötzliche Liebe zu Marvin Gaye, was man besonders bei "Sexy Signale" heraushört, einer vermeintlichen Hymne an den Soulgott. Woher diese Liebe kommt, ist nicht ganz so wichtig wie der Umstand, dass der Fuzzman viel Musik von Gaye gehört hat, als er sein Studio von Kärnten nach Wien geschleppt hat.
Im neu aufgebauten Fuzzroom in der Großstadt sind auch alle Songperlen entstanden. Die Singing Rebels hat er mit seinem Fuzzkopter von ihrer Kärntner Hacienda einfliegen lassen, um wieder als kraftvolle Band die Lieder einzuspielen. Und doch wirkt die Platte ein bisschen so, als hätte der Herwig wieder zu seinem ursprünglich einsamen Experimentieren mit Popsongs zurückgefunden. Neben Marvin Gaye könnte man ihn auch als südösterreichischen Beck bezeichnen. So wandelbar, so spielerisch, so unberechenbar, federleicht und tieftraurig zugleich.
Gregor Holzer
Für eine Handvoll Liebe
Hört man Songs wie das Country-Kärntner-Lied "Übers Land" oder auch die herzerweichende, Eels-ähnliche Ballade "Straßenhund" könnte man meinen, der Ortswechsel hätte dem Musiker aufs Gemüt geschlagen. Naja, Fuzzman hat halt auch viele verschiedene Seiten. Wenn er davon singt, dass ihn die dunklen Wolken aus seiner Heimat vertreiben und er Sehnsucht nach den Kärntner Todesglocken hat, dann ist das halt so. Oder wenn er wie ein herrnloses Tier umherirrt, ihn nichts mehr berührt und er sich nicht spürt, dann ist auch das so. Für diesen Moment zumindest.
Der Fuzzman und seine Singing Rebels live in Österreich:
- 23.03. Dornbirn, Spielboden
- 25.03. Wels, Alter Schlachthof
- 26.03. Ebensee, Kino
- 27.03. Klagenfurt, Theaterhalle 11
- 28.03. Graz, Musichouse
- 29.03. Wien, Stadtsaal
Denn eigentlich ist "Straßenhund" ja ein einwandfreies Liebeslied. Überhaupt ist auf diesem Album - so traurig es auch manchmal klingt - die Liebe ein zentraler Punkt, zu dem alle Songs irgendwie hinführen. Sei es die Liebe zu Außenseitern, die Liebe zum freien Willen, die Liebe zum Protest, die Liebe zur Toleranz und die Liebe zu nahestehenden Menschen. Das ist der Soul der Platte und auch der Soul von Fuzzman. Auch wenn er das selbst vielleicht nicht so sehen oder zugeben würde. Denn festmachen lässt er sich nicht, der schlaue Musiker und Sänger. Er nimmt sich vielmehr die Freiheit heraus, möglichst jeden Moment der zu sein, der er gerade ist und der, der er sein möchte. Sowohl musikalische als auch menschlich. Eine große Aufgabe, diese beiden manchmal unterschiedlichen Seiten in Einklang zu bringen, aber hey - es wär nicht Fuzzman, würde er nicht genau daraus seine Kraft ziehen um so schöne, quirlige, schräge, wundervolle und beseelte Lieder zu schreiben.