Erstellt am: 18. 4. 2014 - 16:39 Uhr
Einfach schlag(er)fertig!
Die Anzeige meines Weckers leuchtet mir mit mattem Licht die Zahlen 04:30 entgegen. Ich schlage die Augen im dunklen Schlafzimmer auf und sofort habe ich es im Kopf: Dieses Lied mit der akustischen Gitarre, dem schunkelnden Schlagzeugrhythmus, dem nett dahin groovenden Bass. Und vor allem diese Stimme. Sie hat sich in meinen Ohren verhakt.
"I said hey! I said hey, I said ho, i said hey!"
Und danach dieser unglaublich schöne Refrain. Nicht umsonst hat Herwig Zamernik alias Fuzzman die Eröffnungsnummer seines neuen Albums "Dr. Feelbetter" getauft. Denn wenn einen auch das eigene System einmal fickt, wie es im Untertitel dieses Songs heißt, löst der Popsong Glücksgefühle aus. Selbst mitten in der Nacht.
Schlagerrebellen
Das neue Werk sei extrem schnell entstanden, selbst für Fuzzman, der im Rausch seiner kreativen Phasen sehr ergiebig arbeitet. Er habe nur seine "Antennen auf Empfang" schalten müssen und schon ist sie geflossen, die musikalische Ursuppe. Aus dem Universum in den Bauch vom Fuzzman und von dort in seine Hände, seine Gitarre und aus seinem Mund. Doch diesmal hat es nicht nur Herwig allein gehört, wie seine Songs sich aus ihm selbst herausgeschält haben. Denn zum ersten Mal hat sich er mit seiner Band, den Singin Rebels, von Beginn an in seinem Fuzzroom gearbeitet. So sind rund neunzig Prozent der Lieder für "Fuzzman & The Singin Rebels"
live eingespielt worden. Und das hört man der Platte auch an.
Fuzzman/Lotter Label
Diese Platte übertrifft die bisherigen Fuzzman-Lieder in Spaß, Energie und Leichtigkeit. Denn nach einem "Kuddelmuddel"-Debüt, einem zu geordneten zweiten Album und "Trust Me Fuckers", dem bisher stimmigsten Werk, ist "Fuzzman & The Singin Rebels" dem Kärntner Produzent und Musiker nach "die beste Platte". Und das ist keine hohle Phrase, bloß weil es die neuesten Songs sind. Herwig meint es - wie nicht sehr oft im Interview - wirklich ernst. Hinter den Stücken verbirgt sich viel Liebe. Liebe zur Musik, Liebe zur musikalischen Freiheit und Liebe zum Anderssein.
Gleich mit dem zweiten Stück "Leb Wohl Cherie" verpasst uns Fuzzman ein tieftrauriges Schlagerständchen im besten Sinne. Denn im Gegensatz zum heutigen Schlager, in dem es laut Herwig um gar nichts mehr geht, transportieren er und seine Singin Rebels mit ihren harmonisch herzzerreißenden Stücken nicht nur viel Emotion, sondern lösen sie bei ihren Hörern auch aus. Sei es ein Schmunzeln, ein lautes Lachen, ein erstauntes Kopfschütteln oder sogar die eine oder andere Trauer- und Freudenträne.
Fuzzman
Die zarte Zieharmonikamelodie von "Totenglocken klingen anders" mündet in eine schwermütige und doch hoffnungsvolle Ballade, die wieder einmal ein Protestsong geworden ist. Der Fuzzman kann es halt nicht lassen. Auch wenn nach "Haltet Abstand" sich in seiner Kärntner Heimat einiges geändert hat, gibt es noch immer genug, gegen das es sich zu protestieren lohnt. Wenn auch in einer weniger verzerrten, eher gemächlicheren musikalischen Form. Mit "Love & Sensation" findet sich in seiner herrlich reduzierten Art sogar ein fast schon klassisches Liebeslied auf dem Album. Aber eben nur fast, denn zwischen Bläsern, Streichern und einem dahin holpernden Klavier blinzelt uns der Schalk entgegen, der noch immer in Herwigs Nacken sitzt.
Fuzzman & The Singin Rebels live in Österreich:
- 17.04. Spielboden, Dornbirn
- 19.04. Theaterhalle 11, Klagenfurt
- 22.04. Stadtsaal, Wien
- 24.04. Musichouse, Graz
- 25.04. Röda, Steyr
- 26.04. Kino, Ebensee
Bier und Selbsthilfegruppen
Fuzzmann ist ein Spieler. Also nicht nur musikalisch mit Gitarre, Klavier und seiner angenehm warmen Stimme. Herwig spielt auch gerne mit Genres, unseren Hörgewohnheiten und Erwartungen. So ist der "Schlager" - sofern man die neuen Fuzzsongs so bezeichnen kann - ein gutes Instrument, eine ausgeklügelte Form, um tieferliegende Themen und Emotionen zu transportieren, ohne einem gleich mit der Leuchtpistole vor der Nase herumzufuchteln.
Außerdem ergibt sich durch die oft widersprüchliche Musik-Text-Komposition ein schöner Kontrapunkt, wie bei dem herrlich flockig-beschwingtem Lied "Lady Cock & Mr. Bier", das eigentlich laut Herwig ein tief trauriges Stück über zwei balzende Erwachsene ist, die sich eine Nacht nach der anderen mit Alkohol und Blicken ums Ohr hauen, ohne dass sich ihn ihrem Leben irgend etwas verändert. Und dann wäre da natürlich noch das Stück "Selbsthilfegruppe Nagelpilz", das trotz des auf den ersten Blick eher abstoßenden Namens ein berührende Hymne auf die Freiheit ist, inklusive einem richtigen Familienchor, bei dem neben den Singin Rebels gleich mehrere Generationen der Zamernik-Sippe vor dem Mikrophon stehen.
Fuzzman
"Fuzzman & The Singin Rebels" ist ein richtig gutes, frisches, wahnwitziges und gleichzeitig sehr cleveres Album, das man gar nicht oft genug hören kann. Denn unter der leicht verdaulichen Oberfläche brodelt viel Rebellion, Auflehnung und ein unglaubliches Geschick und Gespür für nachhaltige Musik.
Und Genre-Grenzen gibt es beim Fuzzman ja ohnehin nicht. So wie schon beim Vorgängeralbum "Spiel mir das Lied von der Liebe" einen richtigen Ausreißer war, ist es diesmal der Elektronik-Trojaner "Right On", ein düsteres Beatgewitter mit scheinbar apokalyptischem Chorgesang. Ob das vielleicht ein versteckter Hinweis auf die Marschrichtung des nächsten Fuzzman-Albums ist? Aber so wie ich Herwig Zamernik kenne, könnte die nächste Platte auch ein Heavy-Metal Album werden. Und das ist ja auch das Schöne. Beim Fuzzman weiß man nie so genau, was man als Nächstes bekommt. Außer grandioser Musik, aber das versteht sich ja von selbst.