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Rainer Springenschmid

Punk & Politik, Fußball & Feuilleton: Don't believe the hype!

18. 6. 2012 - 10:45

Trust Me, Fuckers!

So heißt des Fuzzman drittes Album, und darauf singt er viel von der Liebe. Das kann schmalzig werden, aber nicht immer. Herwig Zamernik aka Fuzzman ist unser Artist of the Week.

Das Cover des Albums "Trust Me Fuckers" von Fuzzman

Fuzzman / Lotter Label

Der Fuzzman ist einer, der gern Späße treibt mit sich und den anderen. Zum Beispiel auch mit uns Radiojournalisten, was vielleicht auch ein Grund dafür ist, dass er sich jetzt „Futzmann“ ausspricht. Wir spielen da gern mit, drum nicken wir freundlich und sagen weiter Fuzzman, also Faßmän. Bisschen Gehäkel gehört schließlich dazu, wir sind ja kein SM-Studio, Devotsein ist Freizeitvergügen, bitte danke. Wir kennen uns schließlich lange genug, der Fuzzman und der Radiosender, und drum wissen wir auch genau, wie der Albumtitel Trust Me Fuckers zu verstehen ist. Oder sagen wir's so: Wir können uns vorstellen, dass es mit des Fuzzmans Lust am Widersprüchlichen zu tun hat und mit seinem Vergnügen daran, liebevoll und derb zugleich zu sein.

Das ist er auch in seiner Musik, vielleicht noch nie so ausgeprägt wie am neuen Album. Der Fuzzman ist ja ein Melodienmeister, und die Melodien kommen auf Trust Me Fuckers so honigsüß daher wie nie. Dafür hat er aber auch wieder ein paar ausgeprägte Gemeinheiten versteckt. Nicht nur klanglich, wenns kracht und scheppert, verzerrt und fuzzt. Sondern auch textlich, wenn im Schmachtfetzen Spiel mir das Lied von der Liebe plötzlich von "Armleuchtern" die Rede ist, die "Liebe" schreien oder von dem "Scheiß hier", von dem er "meistens genug" hat. So weit so Fuzzman also, doch diesmal, da hat er recht, ergibt das alles ein Ganzes.

"Das erste Album war ein Kuddelmuddel, das zweite war viel zu geordnet, und das dritte ist von meiner Sicht aus das stimmigste", meint Herwig Zamernik aka Fuzzman aka Futzmann im Interview, und man kann ihm gut folgen: Tatsächlich war sein letztes Werk, Fuzzman 2, eher brav, und dass es dieses Mal wieder wilder zugeht, dafür sorgt schon sein lautes, krachendes Protestlied "Haltet Abstand". Das, so meint er, sei das beste Lied, das er jemals geschrieben habe und werde deswegen auf jeder zukünftigen Platte vertreten sein, solange es aktuell sei.

Das Wilde, Chaotische, Destruktive hat Herwig Zamernik lange Zeit in der avantgardistischen Klagenfurter Grindcore/Death Metal Band Disharmonic Orchestra ausgelebt (oder vielleicht auch einstudiert). Vor vier Jahren war Schluss, irgendwann hat es musikalisch einfach nicht mehr ins Lebenskonzept gepasst. "Obwohl ich Disharmonic Orchestra sehr dankbar bin. Ich bin mit 15, 16 Jahren dazu gekommen, hab Amerika betourt und enorm viel gelernt." Mit Oliver Welter und Stefan Deisenberger wiederum bildet er seit fast 20 Jahren die österreichische Alternative-Institution Naked Lunch. Als Fuzzman ist er jetzt auch schon seit über zehn Jahren unterwegs, auch wenn das erste Album bis 2005 gebraucht hat.

Ob er, bevor er ein Album angeht, ein Konzept hat, einen Gedanken, wie die Platte sein soll? "Das hat sich wiedermal so ergeben, wie das so ist beim Fuzzman", sagt der Fuzzman. "Das Konzept entsteht eigentlich immer erst beim Machen. In diesem Fall war es so, dass ich letzten Herbst ein Filmprojekt hatte und da sind einige der Songs entstanden, die auf der Platte sind. Haltet Abstand und Spiel mir das Lied von der Liebe dazu, dann war das eh schon fast ein ganzes Album."

Fuzzman Herwig Zamernik zeigt das Victory Zeichen

Heiko Bressnik

Trust me, fuckers!

Für "Amerika" gab's den Nestroy-Theaterpreis, für den Film "universalove" von Thomas Woschitz (Live-Filmmusik von Naked Lunch) den renommierten deutschen Max Ophüls Preis und für das Naked Lunch-Album "This Atom Heart of Ours" den FM4 Alternative Award beim Amadeus.

Film- und Theaterarbeit hat Zamernik auch mit Naked Lunch in den letzten Jahren gehäuft gemacht: das letzte Naked Lunch Album Amerika zum Beispiel war ein Musical nach Franz Kafkas Roman, in Zusammenarbeit mit Bernd-Liepold Mosser am Stadttheater Klagenfurt aufgeführt. "Ich mach eigentlich seit ich den Fuzzroom habe, also seit über zehn Jahren, immer wieder Sachen für Film und Theater", sagt Herwig Zamernik, "also nicht nur als Fuzzmann oder mit Naked Lunch. Einerseits weil die Art der Arbeit auch spannend ist. Man kann ja nicht nur immer um sich selber und um die eigenen Themen kreisen, da ist es schon gut, wenn es ein Stück oder ein Drehbuch als Projektionsfläche gibt." Andererseits muss natürlich auch Herwig Zamernik schauen, dass er sein Geld als Musiker verdient. Plattenverkäufe sind da nur ein nettes kleines Zubrot.

Viele kleine Satelliten

So hat er seine "Satelliten", wie er es nennt, die ihn umkreisen und mit denen er seinen Lebensunterhalt als Musiker bestreitet. Dazu gehört auch, Musik für Werbe- und Image-Filme zu komponieren und in seinem Studio, dem Fuzzroom, andere Bands und Musiker aufzunehmen und zu produzieren. Das Trio Exklusiv, Kreisky, Monta, Fred Schreiber, die Incredible Staggers und andere haben im Fuzzroom aufgenommen.

Und jetzt auch noch ein eigenes Label, bei dem Trust Me Fuckers herauskommt: das Lotter-Label, gegründet zusammen mit dem ehemaligen Ö3-Moderator Matthias Euler-Rolle. "Der ist ein alter Weggefährte und ein feiner Kerl mit einem hervorragenden Musikgeschmack", erzählt Herwig Zamernik. "Und wenn ich höre, dass er auf dem FM4 Geburtstagsfest angepöbelt wird, er sei auf der falschen Veranstaltung, dann ist das für den Fuzzman gleich noch eine extra-Motivation was mit ihm zusammen zu machen. Trust me, fuckers!"

Da ist er wieder, der Fuzzman'sche Widerspruchsgeist, der einen durch Trust Me Fuckers geleitet. Der einen extrem krachigen Song wie Haltet Abstand zum zentralen Stück eines eigentlich sehr ruhigen Albums macht. Und der mit Für immer einen ganz ungebrochen schaurig-schönen Schlager hineinschmuggelt, der ohne beiliegende Taschentücher eigentlich gar nicht verkauft werden dürfte.

Der Traum vom Musikantenstadl

"Wenn wahnsinnig viele Hausfrauen sich das jetzt kaufen, dann spielt der Fuzzman im Musikantenstadl. Das wär doch ein Traum. Stell dir vor der Fuzzman wird auf einmal so berühmt wie der Andreas Gabalier und die Menschen grölen 'Haltet Abstand!«' zu tausenden. Stell dir vor was das für eine super Welt ist." Wenn's soweit kommt, dann sagen wir auch Futzmann zu Dir, versprochen.