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Andreas Gstettner-Brugger

Vertieft sich gern in elektronische Popmusik, Indiegeschrammel, gute Bücher und österreichische Musik.

11. 3. 2016 - 08:00

FM4 Videopremiere: Polkov

Verträumt ins Popland der Achtziger Jahre. Die Grazer Indieschlafwandler Polkov und ihr zuckersüßer Albumvorbote "My Sweet Oblivion" mit exklusivem Video.

Ich kann mich noch gut daran erinnern, als die Grazer Band Polkov ihre Debüt-Platte - aufgenommen in einem alten Schlagerstudio - veröffentlicht hat. Der gekonnte Mix aus opulentem Arrangement, zu Herzen gehenden Harmonien, melancholischer Aufbruchsstimmung und schlichter Schönheit hat mich eiskalt erwischt. Vielleicht lag es am verträumten Stil, schließlich haben Laurenz und Paul im Interview damals von luziden Träumen geschwärmt. Also jener Zustand, in dem man aktiv auf seinen Traum einwirken und den man auch trainieren kann.

Polkov Bandfoto

Polkov/Phonotron

Wieviel Polkov beim Schreiben neuer Songs wirklich luzid geträumt haben, weiß ich nicht. Aber das zwischenzeitlich erschienene Lied "Ho Un Gatto (Si Chiama Vendetta)" mit der brennenden Katze hatte schon etwas von einer der Realität entrückten Welt. Musikalisch ging es da recht frech-beschwingt zur Sache.

Das neue Album, das Ende diesen Jahres erscheinen soll, geht wieder in die zurückhaltende und trotzdem intensive, in die luftige und doch bleiern-schwere Popsphäre. Der erste Vorbote "My Sweet Oblivion" der schlägt eindeutig in die melancholische Kerbe.

Beim Klang lassen die Achtziger Jahre grüßen, während im verhallten Raum Gitarenlinien und Synthesizermelodien zu einem vielschichtigen Soundteppich verwoben werden. Wobei das Schlagzeug immer wieder wundervoll aus der Klangdichte herausbricht.

Polkov live:

Die visuelle Umsetzung dieser vibrierenden, flirrenden Nummer wirkt extrem einfach und ist vielleicht auch deshalb umso wirkungsvoller. Verschleiert und versteckt zeichnen sich die Silhouetten der Band ab. Traum und Realität mischen sich und das Viedo lässt durch die reduzierte und recht abstrakte Form viel Platz für den Song. Geht es den Grazern doch primär um ihre Musik und nicht um ein Filmchen, dass als Promotion-Tool hauptsächlich Aufmerksamkeit generieren soll und so ein übermächtiges Eigenleben entwickelt könnte. Und dann wäre da noch diese Ziege. Aber das ist eine andere Geschichte.

Die bittersüße Vergesslichkeit, die hier unaufgeregt und doch berührend zelebriert wird, entfaltet eine gewisse Magie, eine verheißungsvolle Stimmung, die wie ein geflüstertes Versprechen einer besseren Zukunft anmutet. Die drei Wochen, die sich die Band in die Bretagne ins Musikschreibe-Exil begeben hat, haben sich allein für dieses Stück hier ausgezahlt. Wie dann erst das Album klingen wird, das im Herbst das Licht der blätterfallenden Welt erblickt...