Erstellt am: 17. 2. 2016 - 17:07 Uhr
Berlinale - Madonna's Gay Children
Mehr zur Berlinale
Petra Erdmann berichtet für FM4 von den 66. internationalen Filmfestspielen in Berlin.
Berlinale-Eröffnung: Es leise krachen lassen
Das Warten auf die ersten Filme - inzwischen Privates und Politisches auf der Berlinale.
Gestern war der Tiefpunkt des Berlinale Wettbewerbs erreicht. Regisseur Michael Grandage hat in seinem angestaubten US-Bio-Picture "Genius" dick aufgetragen. Bildungsbürgerlich angestaubt führt Grandage zwei geniale weiße Männer mittleren Alters vor und gießt damit einmal mehr Öl ins Feuer um die fehlende Diversität im Hollywood-Kino, deren Debatte auch in Berlin nicht halt macht. Wer weiß, werden sich 2017 Jude Law als "Genius"-Literat Terrible Tom Wolfe oder Colin Firth als sein schöngeistiger Patriarch und Verleger Michael Perkins sogar einen Oscar teilen können, wenn die Academy ihre mangelnde Diversität weiter hoch hält?
Ich halte mich nicht lange mit dem Nörgeln über "Genius" auf. Doch diese produzierte Realität über die 20er-Jahre in New York, in der sogar weibliche Stars wie Nicole Kidman und Laura Linney als untertänige und unterentwickelte Charakter-Staffage im Eck spielen dürfen, bleibt exemplarisch für den Geschmack "weißer männlicher Hollywood-Studiobosse, die sich nicht um die Geschichten ihrer Mütter und ersten Frauen scheren". So hat es hier in Berlin die Jury-Präsidentin Meryl Streep formuliert.
APA/AFP/JOHN MACDOUGALL
Cool und kühl wie immer schleuderte Spike Lee, der Veteran des New Black Cinema ("Do the right Thing", "Malcom X"), die Botschaft unter die Journaille auf der Pressekonferenz: "Zero Black People" nominiert für den Oscar. Da werde er, der noch im November den Ehren-Oscar entgegen genommen hat, mit seiner Frau lieber zum Spiel seiner geliebten Basketball-Mannschaft "Knicks" gehen als zu der Oscar-Verleihung.
Parrish Lewis
Spike Lee hat gestern seinen neuesten Film "Chi-Raq" vorgestellt. Der Titel leitet sich aus einer Kombiniation aus Chicago und Iraq ab. "Chi-Raq" nennt man auch die gefährliche South-Side von Chicago. Dort sind zwischen 2001 und 2015 mehr Afro-Amerikaner durch Schusswaffen-Gewalt in Bandenkriegen gestorben als es insgesamt US-Tote im Afghanistan- und Irak-Krieg gegeben hat. Die Frauen der Gangleader und ihre Geschlechtsgenossinnen rufen einen Sexstreik aus, damit ihre Männer die mörderischen Shootings beenden. Dem politisch-aktivistischen Rhythm von "Chi-Raq" kann man eines nicht vorwerfen: Unterkomplexheit. Spike Lee vermengt in seiner Gesellschaftskritik den mythologischen düsteren Stoff "Lysistrata" von Aristophanes, stilisiert und persifliert die Black Culture vom Rap bis zu Blaxploitation, die Samuel L. Jackson, Wesley Snipes aber auch John Cusack als Priester und die fantastische Newcomerin Teyonah Paris (Lysistrata) proud and loud performen.
Julianne Moore und Greta Gerwig als großstädtische Neurotikerinnen auf Berlinale-Besuch
Mit "Maggie´s Plan" hat Rebecca Miller die bisher pointierteste US-Indie-Komödie geschrieben und inszeniert, die auf der Berlinale zu sehen ist. Aus Welt der East-Coast-Bohemien-Academics erklärt Maggie (die göttliche Greta Gerwig) uns und ihren herrlich verwehten Busenfreund (Bill Hader), dass sie an keine guten und langen Beziehungen glaubt. Die Uni-Tutorin für Design beschließt, antatt auf den Traummann zu warten, sich lieber die Samen ihres Bekannten, den sympathisch weirden Gurkenhändler (Alexander Saarsgaard), in der Badewanne zu injizieren, um zu ihrer ersehnten Single-Mutterschaft zu kommen. Bis dorthin wird der aufopfernde Kontrollfreak Maggie auf Umwegen die Ehe ihres Kollegen John (Ethan Hawke) und seiner noch brillanteren Über-Frau Georgette (die komische Julianne Moore als überreizter Wissenschaftler-Star mit dänischem Akzent) zerstören. Noch dazu singt "Bikini-Kill"-Kathleen Hanna auf einer Hotel-Tagung Bruce Springsteens "Born in the US", wo man u.a. vor Starphiloph Žižek am Boden liegt.
Jon Pack/Hall Monitor, Inc.
Madonnas Gay Children - Strike a pose!
Auch wenn der Rote Teppich zur Festivalmitte schon ein bisschen abgenudelt scheint, der silberne Glitzervorhang in einem der schönsten Kinos Europas, dem International, bleibt jedes Jahr ein Höhepunkt an Glamour und eine Freude, wenn man davor ganz speziellen Protagonisten begegnet.
Dass der Glanz am Pophimmel auch schnell vergehen kann, berührt in der niederländischen Doku "Strike a Pose" von Ester Gould und Reijer Zwaan. Die beiden Regisseure haben 25 Jahren nach Madonnas Welttournee und begleitender Doku "In bed with Madonna" (Orginaltitel: "Truth or dare") die voguenden Background-Tänzer aufgesucht, die auch in David Finchers Videoclip "Vogue" zu sehen sind.