Erstellt am: 15. 2. 2016 - 09:41 Uhr
Das große Yeah!
Tourdaten
Viech starten am Mittwoche ihre Tour durch Österreich
- 16.02. Live@RKH, Radiokulturhaus, Wien
- 20.02. Offenes Kulturhaus, Vöcklabruck
- 27.02. Casinosäle, Steyr
- 04.03. Generalmusik-direktion, Graz
- 06.05. Freiraum, St. Pölten
- 28.05. Cselley Mühle, Oslip
Vor knapp drei Jahren überrascht ein gewitztes Indie-Pop Duo aus Graz mit verschrobenen, leichtfüßigen und herrlich skurrilen Songs, durch deren Texte betrunkene Seemänner, tanzwütiger Kirchentechno und herzknackende Laufgänse huschen. Der Name Viech scheint Programm zu sein. Verwendet und verwurstet wird alles was gefällt, einer abgedrehten Ästhetik entspricht und vor allem Spaß macht.
Für das neue Album ist das Duo zum Quintett angewachsen. Statt Glöckchenmelodie und sanftem Choargesang eröffnet ein schnarrender Bass im Einklang mit druckvollem Schlagzeug das Album. Saxophonlinien und Keyboardflächen schlängeln sich durchs Arrangement. Wären da nicht Pauls bekannte Stimme und die aus dem Rahmen fallenden Texte, könne man meinen, es hier mit einer anderen Band zu tun zu haben. Was ist aus dem gemütlichen Indiepop und den Elektro-Balladen von damals geworden?
Elisabeth Anna
Das Live-Yeah
Als Andreas Klinger-Krenn und Paul Plut mit ihrem Viech-Debüt auf vielen Bühnen ihre Songs live erprobt haben merkten sie, die schnelleren, rockigeren Stücke funktionieren einfach besser. So holte man sich Stefan Paulitsch, Christoph Lederhilger und David Reiterer an Bord, um diesen "yeah!"-Moment in die Musik von Viech auszubauen. So wird die bpm-Zahl um 20 Schläge pro Kopf erhöht, der Rhythmus wird zur schweißtreibenden Viech-Disco und die lautere Rockgeste findet sich mehr und mehr auch in der Stimme wieder.
Den unglaublichen Drive mancher Nummer macht aber nicht nur die breiter aufgestellte Musikmannschaft aus, sondern auch manch neuer Klang. Bei der ersten Single "Zentrale" sticht sofort der fette Saxophonsound heraus, der mit verzerrter Gitarre zu einem starken Sound zusammengepresst worden ist. Natürlich darf die Viech-typische Ironie auch hier nicht fehlen. Immer wieder bricht der Song in sich zusammen, wird auf die Groove-Basis reduziert, um sich dann erneut aufzubäumen
Das Beziehungs-Yeah
Auch "Oh Elise" stampft von der ersten Sekunde an in Richtung Tanzboden, verbreitert die Soundlandschaft durch schön zerlegte Gitarrenakkorde, bringt ein bisschen Sax-Funk ins Spiel und entwickelt sich mit seinem hypnotisch-hektischen Gesang zu einem absoluten Highlight der Platte. Wer Elise allerdings ist, das kann Paul nicht erklären. Vielleicht ein Platzhalter für unsere alltäglichen Begegnungen, für unsere Freunde oder Liebsten, das bleibt ganz uns überlassen.
Elisabeth Anna
Denn eines hat sich nicht verändert: Die Art und Weise, wie die Texte entstehen. Ganz in alter Manier "schreib eine Zeile, verdeck sie und der nächste schreibt eine Zeile darunter" haben die Viecher über die Distanz Wien Graz via moderner Medien ein wahnwitziges Textfaschiertes zusammengemischt. Daraus formen sich bei einem gemeinsamen Treffen und bei vielen Gläsern Orangensaft dann zum Beispiel die g'schmackigen "Fleischkrpfn", der mit seiner sonnenbebrillt klingenden Coolness ein bisschen Falco-Yeah versprüht. So kann man hier nur den Charme - äh Verzeihung - den Hut ziehen, denn Liebe geht bekanntlich durch den Magen. Und wenn die Kapfen munden, so entfährt einem am Ende wirklich ein Halleluja.
Viech / LasVegas
Apropos Liebe: Nicht nur die "Alpenbraut" ist ein typisches Beziehungslied. In jedem Viech-Song steckt ein Stück zwischenmenschliches Yeah. Dabei schaffen es die Grazer, viel Projektionsfläche für die eigenen Assoziationen und Geschichten freizuhalten. Beim etwas melancholischen "Deine kalten Füße" könnte man die Gänsehauterfahung im Kopf haben, wenn der/die Liebste/r in den Nacht seine Eispatscherln unter der Decke entgegenstreckt. Oder man denkt an das letzte, verregnete Open Air Konzert, bei dem man dann wirklich merkt: mit kalten Füßen ist schlecht tanzen.
Mit "Der Sandmann streikt" ist nicht nur eine Mitternachtspopnummer am Album, sondern wohl auch die Verarbeitung eines ungemütlichen Beziehungs-Yeahs, eines, das möglicherweise droht, zu Bruch zu gehen. Das Schöne an diesen Viech-Liedern ist: Was immer man raushört ist irgendwie richtig.
Richtig ist leider auch, dass es ein Negativ-Yeah gibt, nachdem Gründungsmitglied Andreas Klinger-Krenn in eine andere, weit entfernte Stadt zieht. Aber es wären nicht Viech, würden sie diesen Umzug und Verlust mit Ironie und Humor gut hendeln. Am Fahrplan, den das große YEAH vorgibt, ändert sich dadurch nichts. Das fetzige Album wird auf die Bühne gestellt und mit einer großen Party in die Discotheken unseres Landes entlassen. Und dann stimmen wir einfach mit den bärtigen Grazern in ihr dreifaches Halleluhja! ein.