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Robert Glashüttner

Videospielkultur, digital geprägte Lebenswelten.

4. 2. 2016 - 19:22

FM4 Extraleben: Retro Revisited

Das Hochlebenlassen von alten, klassischen Computerspielen ist längst nichts Neues mehr. Wie hat sich Retro-Games-Kultur in den letzten 15 Jahren entwickelt?

FM4 Extraleben: Retro Revisited

Conny Lee, Rainer Sigl und Robert Glashüttner sprechen über das neue Retro-Gaming.

Am Donnerstag, den 4. Februar von 21 bis 22 Uhr, und danach für 7 Tage im FM4 Player.

fm4.ORF.at/extraleben

Kulturprodukte beziehen sich in ihrer Ästhetik im Laufe der Jahrzehnte und Jahrhunderte immer wieder auf vergangene Epochen und liefern dadurch quasi eine Art Remix ab. Das gilt für Literatur ebenso wie für Architektur, Mode oder Musik. Bei Videospielen gibt es noch nicht so viele Möglichkeiten, sich auf vorige Epochen zu beziehen, da das Medium selbst erst circa 45 Jahre alt ist. Dennoch ist Retro-Kultur dabei schon seit einer Weile Thema.

FM4 Extraleben

    War das Spielen alter Games und die Bezugnahme auf digitale Spiele aus den 80ern und frühen 90er Jahren vor einigen Jahren noch ein Nischenthema für Fans, sind Pixelgrafik und Chiptunes heute im Mainstream angekommen. Warum ist das so, und hat sich Retro-Games-Kultur eine Generation später maßgeblich verändert? Dieser Frage wollen wie hier heute im FM4 Extraleben auf den Grund gehen.

    Bildschirmfoto aus dem Computerspiel "Manic Miner".

    Matthew Smith

    "Super Mario", "Sonic The Hedgehog", "Pac-Man" oder "Donkey Kong". Pixelgrafik, Chiptunes und einfache Steuerung. Technisch simpel, dafür spielerisch schwer zu meistern. Retro-Computerspiele und ihre typischen Merkmale sind die Ursuppe der Games-Kultur, und ihre klassischen Titel gelten in vielen Fällen immer noch als wichtige Aushängeschilder der Videospielwelt an sich – denken wir nur an den Film "Pixels" aus dem Vorjahr, der ja weit über klassische Nerd- und Geekkreise hinaus Wellen geschlagen hat. Der Start der Retro-Games-Kultur lässt sich auf Ende der 90er Jahre datieren, wo es erstmals möglich war, mittels sogenannnter Emulatoren die Games der ehemaligen Spielhalle auf den eigenen PC zu holen: eine kleine Revolution, innerhalb der großen Revolution namens World Wide Web und Vernetzung, die den Austausch der Emulatoren und dazugehöriger Spieldateien erstmals möglich gemacht hat.

    Retro-Falle

    Geht es um die alten Spiele selbst, glauben manche in ihren verklärten Erinnerungen, dass früher alles besser war. Doch das lässt sich oft recht leicht widerlegen: Man muss viele der alten Titel einfach nur mal kurz wiederspielen, um draufzukommen, dass man als Kind früher so einiges anders wahrgenommen hat. Nostalgie ist aber natürlich immer noch ein treibender Faktor in der Retro-Games-Kultur, und da stellt sich die Frage: Geht es mehr um das Aufrechterhalten alter Kindheitserinnerungen und ums Sammeln und Archivieren oder hat sich die Spielenostalgie maßgeblich entwickelt?

    Eine markante Neuerung ist, dass seit einigen Jahren nicht mehr nur alte Games gespielt werden, sondern auch junge Entwickler/innen neue Spiele machen, die sich auf alte Konzepte und Ästhetiken beziehen - etwa "Shovel Knight", "Kingdom" oder das hochgepriesene "Undertale".

    Charaktere aus "Undertale"

    tobyfox

    Bisher werden aber noch fast alle Retro-Computerspiele - also sowohl alte als auch alt wirkende - eindeutig mit zweidimensionaler Darstellung assoziiert. Das liegt unter anderem daran, dass der technische Fortschritt Ende der 90er Jahre alle Entwicklerfirmen zu 3D-Darstellung getrieben hat und alles, was davor kam, quasi von einem Tag auf den anderen fallen gelassen wurde. Retro-Gaming hat dies dann einige Jahre später begonnen zu kompensieren. Jetzt, nach 15 Jahren nachgeholter Pixel- und 2D-Huldigung rücken aber immer öfter auch die frühen 3D-Games in den Retro-Kanon nach - man denke nur an den Low-Poly-Stil, der heute in vielen Fällen den schon etwas abgedroschenen Pixeldarstellungen den Rang abläuft.

    Bewahrungskultur

    Ein Extraleben über "Retro Revisited"

    Das FM4-Games-Kränzchen ist heute, Donnerstag, 4.2., von 21 bis 22 Uhr zu hören.

    Retro-Gaming besteht aber nicht nur aus dem Spielen alter Spiele oder dem Gestalten neuer Spiele, die wie alte aussehen. Es geht auch darum, dass die Geschichte eines Kulturguts nicht verloren geht, dass man sich ansieht, aus welchen Artefakten moderne Games entstanden sind und wie vielfältig und reichhaltig sich digitale Spiele in den letzten 30 Jahren weiterentwickelt haben.

    Leider ist das Geschichtsbewusstsein für digitale Spiele gesamtgesellschaftlich und in der Privatwirtschaft wenig ausgeprägt – man hat das Feld jahrelang Fanprojekten und privaten Sammlern überlassen. Dennoch ist mittlerweile bei den großen Spieleverlagen zu bemerken, dass sie sich ihrer eigenen Geschichte mehr und mehr bewusst werden und ein Umdenken stattfindet. Das hat zwar vorrangig wirtschaftliche Gründe, dennoch gibt es mittlerweile auch mehr unkommerzielle Initiativen, das Kulturgut Games zu bewahren - etwa in Museen wie dem MoMA oder bei EU-Projekten wie EFGAMP.