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Robert Glashüttner

Videospielkultur, digital geprägte Lebenswelten.

5. 11. 2015 - 18:45

FM4 Extraleben: Generationen

Die Menschen, die Computerspiele spielen, sind so vielfältig wie die Spiele selbst. Wir widmen uns im FM4-Games-Talk dieses Mal den verschiedenen Gamer/innen-Generationen.

FM4 Extraleben: Generationen

Conny Lee, Rainer Sigl und Robert Glashüttner sprechen über verschiedene Gamer/innen-Generationen.

Am Donnerstag, 5. November, von 21 bis 22 Uhr, danach für 7 Tage on Demand.

"Das mit den Computerspielen, das wird dich nur eine Zeit lang interessieren." Diesen Spruch haben viele von uns in unserer Jugend und im frühen Erwachsenenleben das eine und andere Mal gehört. Aber zumindest bei uns Spielerinnen und Spielern ist das nicht eingetroffen. Wir sind weiterhin an Controller, Tastatur und Maus und sind vom spielenden Kind zum zockenden Jugendlichen zum ludischen Erwachsenen geworden. Nicht allzu verblüffend, immerhin hören wir ja auch nicht auf, Bücher zu lesen oder ins Kino zu gehen. Dennoch gibt es bei digitalen Spielen immer noch die landläufige Meinung, dass man damit irgendwann einfach aufhört. Wir widerlegen heute im Computerspielkränzchen FM4 Extraleben diese Auffassung und widmen uns den unterschiedlichen Spieler/innen-Generationen.

FM4 Extraleben
    Spielkonsole Controller

    Luke Hayfield (flickr.com User altoexyl)

    Der Klassiker: Die Retro-Gamer/innen

    Vor gut zehn Jahren hat es langsam begonnen, dass sich aus der Spiele-Vergangenheit ein eigener kleiner Markt entwickelt hat, und zwar ein Markt aus der Nostalgie der damals circa 30- bis 35-jährigen zu ihrer eigenen Games-Geschichte, die gleichzeitig die Ursuppe von Games-Kultur überhaupt war. Die Rede ist von den späten 1970er Jahren bis Anfang der 1990er Jahre.

    Retro-Games, also das Huldigen von mindestens 20 Jahre alten Spielen und auch das Gestalten neuer Spiele, die so tun als seien sie alte Spiele, ist mittlerweile von einem Trend und einem bewährten Strang von Games-Kultur geworden. Die treuen Retro-Spielerinnen und -Spieler sind unter anderem maßgeblich verantwortlich dafür, dass "ihre" Spiele immer wieder neu und mehr oder weniger originalgetreu aufgelegt werden. Mittels Crowdfunding sind so in den letzten Jahren viele Retro-Games-Projekte gut finanziert worden, die davor bei Vertriebskonzernen und Investoren auf wenig Anklang gestoßen sind.

    Wii Spieler

    Flickr.com User andyversus

    Zielgruppe und Positionierung

    Wenn man durch die Videospiel-Gänge eines großen Elektromarktes geht, kommt man als langjährige/r Spieler/in oft einmal ins Zweifeln. Games werden dort nicht für unterschiedliche Altersgruppen präsentiert, wie es etwa im Buchhandel der Fall ist. Stattdessen ist die dort angepeilte Zielgruppe recht klar definiert: Es geht um Jugendliche und junge Erwachsene, die mit Racing Games, Sportspielen, Action-Adventures und Rollenspielen gelockt werden. Das prägt für viele Nichtspieler/innen das Bild von Spielkultur und hat natürlich deshalb oft auch eine abschreckende Wirkung.

    Die sogenannten erwachsenen Spiele, die gerne auf Reflexion und abstraktes Denken setzen, sind in den Regalen der Elektromärkte oft versteckt oder gar nicht vorhanden. Man könnte meinen, dass die Games-Industrie, die es ja nun doch schon ein paar Jahrzehnte gibt, schlecht mit ihrem Stammpublikum gealtert ist und ständig nur Scheuklappen-mäßig die Jungen im Auge hat. Das liegt nicht nur an der Sichtbarkeit, sondern auch der Präsentation: Wären etwa Spielepackungen und Artworks dann und wann so schick und minimalistisch wie so manches Buch- oder Plattencover, würden sich viele Menschen von Games nach einer Weile weniger entfremdet fühlen.

    Weiterspielen wegen besserer Zugänglichkeit

    Es ist eine große Aufbruchsstimmung in der Games-Kultur spürbar gewesen, als vor rund zehn Jahren die Wii von Nintendo erschienen ist. Fachpresse und Fans hatten damals zwar schon vermutet, dass Nintendo sein Pulver komplett verschossen hätte und langsam am Sterben wäre. Doch dann ist aber eben die große Innovation gekommen: Die Wii, welche die intuitive Bewegungssteuerung quasi über Nacht etabliert hat. Die Wii hat nicht nur Wenig- und Nichtspieler/innen mit ihrer Niederschwelligkeit mitgerissen, sondern auch ältere Zielgruppen.

    Wir haben dann Artikel über Senionenheime gelesen, in denen regelmäßig "Wii Sports"-Parties stattfinden würden und haben unsere Familie zum Bowlen und Golfspielen ins Wohnzimmer eingeladen. So aufregend dieser Aufbruch innerhalb der Games-Szene damals war, so wenig ist allerdings jetzt - zehn Jahre später - davon noch zu merken. Dafür haben wir seit ein paar Jahren mobile Spiele auf Smartphones und Tablets. Damit sind nicht nur neue, zugänglichere Spielgeräte auf den Markt gekommen, sondern es ist auch eine dazugehörige Spielkultur entstanden, die auch für Menschen attraktiv ist, denen es nie in den Sinn kommen würde, eine Spielkonsole zu kaufen.

    Älterer Gamer

    Flickr.com User iotae

    Kinder

    Wer jetzt so Ende 20 bis Anfang 40 ist, wird das kennen: Wenn man früher als Kind versucht hat, einen Computer zu starten oder zu bedienen, haben die älteren Geschwister oder Eltern einen oft schnell davon abgehalten. Weil da kann ja soviel runterfallen, kaputt gehen oder nie wieder zum Laufen gebracht werden. Hard- und Software war noch bis vor gut zehn Jahren ziemlich fragil, und manchmal waren kompletter Datenverlust oder teure Geräteschäden die Folge von unachtsamer Behandlung. Das hat natürlich dazu geführt, dass man Kinder erst ab einem bestimmten Alter an die Geräte gelassen hat - wenn man sich einigermaßen sicher war, dass es richtig damit umgehen würde.

    Der Vorstoß von Mobile Games in den letzten Jahren hat diese Hürde quasi komplett eingerissen. Solange man die Kreditkartendaten nicht am jeweiligen Gerät speichert und einem Kind beibringt, dass es ein Tablet nicht auf den Boden werfen soll, kann eigentlich nichts schiefgehen. Das wirkt sich natürlich stark auf das Aufwachsen mit digitaler Technik und Spielen auf. Die digital natives sind gleichzeitig auch die ludic natives. Das, und der Umstand, dass digitale Spiele immer öfter auch von strikten Regeln abweichen und mehr zum Herumspielen einladen (play statt game), macht Raum für ein neues Selbstverständnis, wo Spielkultur fließend in den Alltag und die Gesellschaft integriert wird.

    Vater mit Tochter beim Gamen

    Flickr.com User coreyann