Erstellt am: 15. 9. 2015 - 15:03 Uhr
Facebook kontrolliert ein bisserl strenger
Mehr aus den Untiefen des Internets
In den letzten Wochen kursierten immer mehr Berichte, dass Helfer, die sich für Flüchtlinge einsetzen, oder Politiker, die sich für das Thema engagieren, auf Facebook einer Welle von Hasspostings ausgesetzt sind. Katrin Göring-Eckardt, Vorsitzende der Bundestagsfraktion der Grünen in Deutschland, hat schließlich ein Video veröffentlicht, in dem sie ein paar Hass-Postings vorliest, die auf ihrer Pinwand hinterlassen wurden.
Einer der an Göring-Eckardt gerichteten Kommentare lautet: "Ich persönlich werde Sie foltern und quälen, bis Sie nicht mehr wissen, wie Sie heißen. Ich werde Ihnen die Zunge herausschneiden, die Augen ausstechen und Sie sexuellen Sadisten als Sklave quasi zum Fraß vorwerfen, wenn Sie nicht endlich ihr rassistisches, deutschfeindliches Mundwerk halten."
Ich habe selbst die Erfahrung gemacht, dass strafrechtlich relevante Kommentare, die ich an Facebook melde, oft nur zur Standardantwort von Facebook führen: "Wir haben den von Dir gemeldeten Beitrag geprüft und festgestellt, dass er nicht gegen unsere Gemeinschaftsstandards verstößt."
Facebook, wir müssen reden
Das Video, in dem die Grüne-Bundesvorsitzende den obigen Kommentar vorliest, heizte die seit Wochen geführte Diskussion über Facebook und die Hasspostings zusätzlich an - und das führte schließlich dazu, dass der deutsche Bundesjustizminister Heiko Maas Facebook-Vertreter zu einem Gespräch einlud. Ziel dieses Gesprächs, erklärte der Minister im Vorfeld, sei, das Beschwerdemanagement bei Facebook zu verbessern und dafür zu sorgen, dass strafbare Aussagen, die im Netz getätigt werden, schneller identifiziert werden. Was aber wird die von Facebook und dem Minister im Vorfeld der Gesprächsrunde mit Maas angekündigte "Task Force" tatsächlich tun?
Effektive Strukturen werden noch effektiver
Facebook versicherte nach dem Gespräch mit dem Minister, verstärkte Maßnahmen gegen fremdenfeindliche und rassistische Kommentare, Verhetzung und Drohung einzuleiten. "Wir haben sehr effektive Strukturen, aber sie funktionieren nicht zu hundert Prozent", sagte Richard Allen, Mitglied der Geschäftsleitung von Facebook. Die nun angekündigte "Task Force" besteht aber nicht etwa aus Redaktionen, die in verschiedenen Sprachräumen schnell auf strafrechtlich relevante Kommentare reagieren können. Vielmehr ist sie eine Arbeitsgruppe von Mitarbeitern des Justizministeriums, von zivilgesellschaftlichen Organisationen und diversen Onlineunternehmen. In Aussicht gestellt hat Facebook außerdem, dem gemeinnützigen Verein Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia (FSM) beizutreten - fix ist das aber nicht.
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Derzeitiger Stand ist also, dass Facebook auch weiterhin, wie andere globale Konzerne in Europa, eines nicht tun wird: in den verschiedensten Nationen der Welt Redakteure mit Kenntnissen in der jeweiligen Muttersprache anzustellen, die sich Beschwerdemeldungen und Postings durchlesen und diese auch verstehen. Dann nämlich gäbe es vielleicht weniger Standardantworten auf Meldungen von Hasspostings. Ein solcher redaktioneller Mitarbeiter muss ja - wie ein Richter - ständig abwägen zwischen dem Recht auf Meinungsfreiheit einerseits, und Straftatbeständen wie gefährlicher Drohung und Verhetzung anderseits.
Apropos Richter: In Wien hat Michael Nikbakhsh, Journalist beim Nachrichtenmagazin "Profil", Facebook wegen Beitragstäterschaft zu Verhetzung angezeigt. Wahrscheinlich sind Anzeigen und Klagen seitens einzelner User derzeit das wirksamste Mittel gegen die Nebelgranaten, die Facebook wirft, anstatt Redaktionsteams für die Blockierung und Anzeige von Vergewaltigungsdrohungen und Mordaufrufen einzustellen.