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Andreas Gstettner-Brugger

Vertieft sich gern in elektronische Popmusik, Indiegeschrammel, gute Bücher und österreichische Musik.

24. 9. 2015 - 05:55

Zwischen Tabledance und Schneeflocken

Neue Musikvideos aus Österreich mit den Sofa Surfers, Cardiochaos, Akjela und Raphael Sas.

Letzte Woche waren hier neue Videos von Fijuka, We Walk Walls, Dawa und Pischinger & Dermota zu sehen. Heute geht es weiter mit neuen Musikkurzfilmen heimischer Künstler, sogar mit ganz exklusivem Material!

Sofa Surfers - "Beyonder Girl"

Nach dem letzten Album "Superluminal" haben uns die Sofa Surfers mit dem Soundtrack zu "Das ewige Leben" die Zeit bis zum neuen Werk überbrückt. Ende Oktober ist es dann soweit: "Scrambles, Anthems and Odysseys" wird veröffentlicht und es wird das erste Album ohne Gründungsmitglied Wolfgang Schlögl sein. Wenn man sich durch die ersten Tracks der neuen Sofa Surfers hört, merkt man sofort die bekannte Düsternis, die sich diesmal mit einigen Popelementen der letzten Jahrzehnte mischt. Ein bisschen retro, ein bisschen zeitgeistig und durch alles zieht sich der fabelhaft bedrohliche und doch hoffnungsvolle Sofa Surfers-Sound. Der erste Vorbote "The Fixer" bestätigt die Annahme, dass bei den Sofa Surfers zwar ein neuer Wind weht, jedoch der Ursprungsklang erhalten geblieben ist.

Die neue Single "Beyonder Girl", die haut einen dann doch von den Socken. Eine visuell von einem Comic inspirierte Figur, dargestellt von Tänzerin Conny Aitzetmueller, tanzt sich in dem Video lasziv durch druckvolle Popbeats. Etwas Düsteres hat dieser von Wolfgang Frisch konzipierte Tabledance schon, dem er einen sichtlich staunenden Hund zur Seite gestellt hat. Zum ersten Mal exklusiv hier auf fm4.ORF.at zu sehen!

Cardiochaos - "Dementia"

Peter Brunners Herz schlägt für die Musik. Auch, wenn seine Gefühlswelt hin und wieder im Chaos zu versinken droht, das Komponieren und Umsetzten seiner Emotionen in elektronische Indiehymnen verschafft seinem Extrasystolen-geplagten Herzen Ruhe. Wobei an Ruhe im Moment nicht zu denken ist, wird doch das neue Cardiochaos Album "Those Who Fall Have Wings" noch im Herbst erscheinen. Das eröffnende "Heart Of Hearts" klingt sehr poppig und erinnert in seiner melancholischen Opulenz an I Am X. "Dancealone" wiederum wird uns auf die von Nebelschwaden überladene Tanzfläche zerren.

Dass "Those Who Fall Have Wings" ein ganz großartiges Werk wird, beweist auch das gefühlvolle Abschlusslied der Platte: "Dementia", gewidmet Peters Großmutter, die vor kurzem verstorben ist. Dementsprechend berührend ist das wunderschön gefilmte Video. Jana McKinnon, Renate Hild, Pia Dolezal and Christos Haas geben ein großartiges Ensemble ab, das mit intensiven Bildern eine Geschichte von Liebe, Abschied und Erwachsenwerden erzählt.

Akjela - "Steh Auf"

Für mich eine der Überraschungen der letzten Wochen ist dass elektronische Mundartprojekt Akjela aus Oberösterreich. Gerade die Mischung der unterkühlten Beats und Synthie-Melodien von Niko Stössl und des reduziert groovenden Schlagzeugs von Alex Schuster mit der außergewöhnlichen Stimme von Anji Hinke macht dieses Projekt so extrem spannend. Abseits des österreichischen Musikhypes ist Akjela ein frischer, unverbrauchter Sound, der ohne Klischees und aufgepfropfte Rock-Gesten auskommt. Im Gegenteil, hier wirkt alles sehr gefühlvoll und geschmackssicher eingesetzt, von den Klängen über das Arrangement bis hin zur Produktion.

Auch das Video kann sich sehen lassen. Wir laufen mit einem Jungen durch eine Wiener Fußgängerzone, verfolgen ihn weiter durch eine berauschende Landschaft über Hügel und Felsen bis zu einem großen See, während Anji uns dzau auffordert, aufzustehen und loszurennen. Ein kleines Coming-Of-Age Drama spielt sich hier ab, von der Flucht über die Identitätsfindung bis dann am Schluss vielleicht die Antwort auf alle Fragen wartet. Da kann man gar nicht mehr warten, bis am 3. Oktober dann das Debütalbum "Lauf" endlich erscheint.

Raphael Sas - "Schnee"

Wenn jemand sein Album "Nackerte Lieder" tauft, dann traut er sich was. Aber um die Meinung anderer ist es dem Sänger, Songschreiber und Nino aus Wien-Bandmitglied Raphael Sas noch nie gegangen. Mit "Geister" hat er vor drei Jahren seine erste Soloplatte veröffentlicht und währenddessen in verschiedenen Besetzungen und Bandprojekten gespielt. Die Zeit scheint für Raphael gearbeitet zu haben, wenn man sich die erste Auskopplung "Schnee" anhört. Mit diesem fünfminütigen Song bleibt der Alltag nämlich stehen und langsam und leise wie zarte Schneeflocken lallen hier die sanften Akkorde zu Boden und auch hier erinnert der stimmliche Ausdruck von Raphael Sas an den großen Georg Danzer.

Die Streicher und das transparente Arrangement bauen eine Spannung auf, die bis zum letzten Ton hält. Filmisch ist das Lied ganz mit Schwarz-Weiß-Detailaufnahmen umgesetzt, die mit Bildern des gitarrespielenden Musikers überblendet werden. Äußersts stimmungsvoll und passend für diese fragile Nummer.