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Robert Glashüttner

Videospielkultur, digital geprägte Lebenswelten.

23. 7. 2015 - 17:56

FM4 Extraleben: Homegrown Games

Es ist eine bemerkenswerte Dynamik, die österreichische Spielermacher und Spielemacherinnen derzeit umgibt. Wir sprechen über den Boom der heimischen Games-Entwicklung.

Hipster auf Hoverboard mit Laserkatze in Pixelgrafik

Blood Irony

Ein Hipster steht auf einem Hoverboard. Auf seinen Armen hält er eine Katze, die Laser schießt und Regenbogenattacken auslösen kann. Man trifft auf Gegner wie Brillex oder Lady Gogo. Das ist der Ausgangspunkt des neuen österreichischen Videospiels "Shooting Stars!", das wir vor kurzem auf diesen Seiten vorgestellt haben. Es ist eines von vielen aktuellen Spielen, die in den letzten Monaten in Österreich gebastelt worden sind. In den letzten ein bis zwei Jahren ist die heimische Spieleentwickler/innen-Gemeinschaft stark gewachsen. Grund genug, dass sich das Computerspielkränzchens FM4 Extraleben ausführlich diesen Homegrown Games, also digitalen Spielen aus Österreich und ihrer Vielfalt widmet.

FM4 Extraleben

    Früher war alles schwieriger

    FM4 Extraleben: Homegrown Games

    Conny Lee, Rainer Sigl und Robert Glashüttner sprechen über den Boom der heimischen Gemeinschaft der Spieleentwickler/innen.

    Am Donnerstag, 23. Juli, von 21 bis 22 Uhr, danach für 7 Tage on Demand.

    Vor zehn bis 15 Jahren war von einer niederschwelligen und dynamischen Spielemacher/innenszene noch so gut wie gar nichts zu spüren. Games zu entwickeln war in der Regel eine komplexe und kostspielige Angelegenheit. Ohne Vorschuss von großen Spieleverlagen oder Investoren war so gut wie gar nichts möglich. Dennoch war Österreich vor rund einem Jahrzehnt gut aufgestellt. Beispielsweise habe ich bereits im Jahr 2002 als FM4-Azubi die Firma Max Design in Schladming besucht, die damals am populären "Anno 1503" gewerkt hat. Zwei Jahre später wurde die Firma aufgelöst. Manche Computerspielfirmen gibt es hingegen bis heute, vor allem das mittlerweile größte heimische Games-Entwicklerstudio Sproing. Der Markt war damals aber ein völlig anderer: Statt Free-To-Play-Spiele für den Browser und fürs Tablet zu gestalten, wurden Lizenzspiele à la "Moorhuhn" auf CD-ROMs gepresst und teure Entwicklerkits für Spielkonsolen gekauft.

    Screenshot aus "Papermint"

    Avaloop

    "Papermint" (2007)

    Der steirische Spieleverlag Jowood wiederum war nur deshalb so oft in den Medien, weil er ein börsennotiertes Unternehmen war, das mehr Schlagzeilen durch Geldnot und Finanzspritzen gemacht hat, als durch den Inhalt der von ihm vertriebenen Spiele (etwa die ersten drei Teile der "Gothic"-Reihe). Die Wiener Firma Avaloop hätte um ein Haar "Papermint", ihre pionierhafte, bunte Online-Welt, an Microsoft verkauft - doch schlussendlich wurde nichts draus. Und auch der große Stolz der alten österreichischen Games-Welt, Rockstar Vienna (ehemals Neo Software), ist 2006 von einen Tag auf den anderen vom Mutterkonzern geschlossen worden.

    Indies aus der Asche

    Früher war man weniger gut vernetzt, es gab eher Konkurrenzsituationen statt gegenseitiger Ermutigung. Die Entwicklungszeiten waren lange und unflexibel, es gab keinen digitalen Vertrieb. Doch vor circa sieben Jahren kam der Wandel: zuerst waren es die kleinen, gegen den Strich gebürsteten Flash Games. Dann kamen die Casual Games auf Facebook. Und irgendwann waren dann die Indies-Games da und mit ihnen kamen neue Impulse für einen ehemals sperrigen Bereich der Kreativindustrie.

    Als im Frühjahr 2009 eine kleine Gruppe an Studenten der Technischen Uni Wien ihr eigenes Spiel vom Hörsaal in ihre eigene kleine Firma übertragen hat, sind wir hier bei FM4 hellhörig geworden (eigentlich ja schon Jahre davor). Denn dieses Spiel hat ziemlich ungewöhnlich ausgesehen und sich auch so gespielt: Es hieß "And Yet It Moves" und bestand aus einer flachen virtuellen Welt, die man beliebig im Kreis drehen konnte, um so diverse Rätsel im Spiel zu lösen. Die Firma der ehemaligen Studenten wurde Broken Rules genannt, und ihre Gründung war einer der Startschüsse für die zeitgenössische Indie-Spielewelt in Österreich. Vom Computerspiele-Machen leben zu können, war für Broken Rules nie einfach, aber trotzdem gibt es die heimischen Vorzeige-Indies bis heute.

    Das Wiener Videospielentwicklerteam Broken Rules springt von einer Steinmauer.

    Robert Glashüttner

    Indie-Games-Spirit aus Österreich seit 2009: Broken Rules

    Homegrown Games

    Wir widmen uns im Sommer in zwei Sendungen dem Boom an Computerspielen aus Österreich. Conny Lee, Rainer Sigl und ich sprechen im ersten Teil dieser Doppelausgabe des FM4 Extraleben über die Gründe und Rahmenbedingungen der neuen Homegrown Games-Bewegung und stellen einzelne Titel näher vor. Philipp Seifried, Entwickler des famosen, im Vorjahr erschienenen "Ace Ferrara and The Dino Menace", wird im Studio vorbeischauen und seine Einschätzung zur aktuellen Dynamik innerhalb der österreichischen Games-Szene abliefern.