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Philipp L'heritier

Ocean of Sound: Rauschen im Rechner, konkrete Beats, Kraut- und Rübenfolk, von Computerwelt nach Funky Town.

28. 6. 2015 - 15:15

Why didn't you wake me up

Der Song zum Sonntag: Hudson Mohawke ft. Antony - "Indian Steps"

Hudson Mohawke hat also versucht, sich mit seinem zweiten Album als vielseitiger Autor der Elektronik zu präsentieren. Der schottische Produzent will nicht bloß mit Salven des digitalen Maximalismus die Party rocken und auf dem funkelnden und spritzenden Hype von Trap und EDM ins Stadion reiten, um die Kids mit bunten Sonnenbrillen auszuflippen.

Es knallt und rappelt nach wie vor auf "Lantern", zwischendurch aber schnitzt Hudson Mohawke feingeistiger, hat minimalistische, interlude-haftige Stücke eingewoben, setzt mehr auf Melodien, hat echte, richtige Lieder geschrieben und auf krawallige Rap-Features verzichtet. Das klappt meist recht gut, nicht immer.

Hudson Mohawke ist am Sonntag ab 23 Uhr auch auf der Eutopia Bühne beim Donauinselfest zu sehen.

Ein qualitativer Ausreißer nach ganz oben ist das mit Antony Hegarty aufgenommene Stück "Indian Steps" - wenn man sich als neu gereifter, nachdenklicher, leise kunstsinniger Musiker zeigen möchte, kann man sich auch sicher schlechtere Partner aussuchen als den New Yorker mit der unverkennbaren Stimme und dem Performance-Hintergrund. Wirklich seltsam und unerwartet muss heute kaum eine Kollaboration mehr anmuten und so muss auch die Tatsache, dass Hudson Mohawke gemeinsam mit dem High-Concept-Elektroniker Oneohtrix Point Never das kommende Album von Antony koproduziert hat, nur kurz überraschen.

Tim Saccenti

Hudson Mohawke

Der Song selbst ist aktuell wieder einmal aus dem Netz verschwunden, hier kann man zum Beispiel das gesamte Album hören.

Die kräftige und gleichzeitig immer zerbrechliche Stimme von Antony, leicht angeschlagen, das schönste Säuseln, selbstsicher und immer auch von Zweifeln geprägt, ist dann auch genau die Stimme, die für ein Lied wie "Indian Steps" erfunden worden ist: Auf leisen Fußsohlen schleicht hier der eine Teil einer Liebesbeziehung vorsichtig durchs Haus, um die andere, noch schlafende Person nicht zu wecken.

Ein kaum sensationeller, banaler Tatbestand, der hier umwerfend die große Liebe, das allergrößte Vertrauen versinnbildlicht. Hudson Mohawke hat dieser zärtlichen Schlafwandlerei das feinste Bett bereitet. Weich schwellen die Synthesizer an, süßlich verpitchte Stimmchen, Glockenklingklang, ein behäbiger Beat, in Watte gepackt. Antony singt dazu: "Dance in a field of weakness, forever I love you". Man kann auch die Schwächen eingestehen.

Irgendetwas jedoch scheint in dieser traumhaften Beziehung nicht mehr zu stimmen. Antony singt vom Verblassen, beschwört Bilder von Tod und Suizid. Eine jahrelang innig verschweißte Partnerschaft findet ein trauriges Ende, höchste Wonne und der tiefe Absturz durchdringen sich in diesem Lied in Perfektion. Nach dreieinhalb Minuten reißt der federleichte Song ab, es folgt - in der Albumversion - ein Nachspann aus Krach, Surren, bitterem Summen und Fauchen. Auch so gehen Liebschaften auseinander.