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Robert Glashüttner

Videospielkultur, digital geprägte Lebenswelten.

7. 5. 2015 - 16:56

"Nicht in deinem Land verfügbar"

Das Umgehen von Geoblocking fürs Nutzen von Streaming-Diensten ist kaum noch notwendig. Prinzipiell ist es aber legal.

Vor ein paar Jahren war es hierzulande noch ziemlich schwer, an die aktuellen Folgen von beliebten TV-Serien aus den USA ranzukommen. Oft halt da nur der Download aus fragwürdigen Quellen. Oder man hatte gleich einen Vertrag mit einem Streaming-Dienst aus Übersee abgeschlossen. Eigentlich ist das ja laut Vertragsbedingungen nicht erlaubt und wird mittels des sogenannten Geoblocking technisch unterbunden. Da steht dann im Browser der mittlerweile bekannte Spruch "Dieser Dienst ist nicht in Ihrem Land verfügbar".

Mit bekannten technischen Tricks - wahlweise dem Einwählen in ein Virtual Private Network (das sogenannte "Tunneln") oder mithilfe eines Proxyservers - kann man solches Geoblocking aushebeln.

Solches Tunneln oder Proxyserver nutzen beispielsweise auch politisch Verfolgte, die nicht von ihrem (repressiven) Regime ausgeforscht werden dürfen oder Menschen, die heikle Informationen weitergeben (wie etwa Ärzte oder investigative Journalisten) sowie Menschen, denen aus irgendwelchen anderen Gründen ihre Privatsphäre sehr wichtig ist.

Im Entertainment-Bereich ist das Ziel solcher Maßnahmen vor allem das Umgehen von Geoblocking, und das ist bei uns vor allem durch US-Streaming-Services bekannt geworden. Wer vor ein paar Jahren aktuelle Folgen von zeitgenössischen TV-Serien online sehen wollte, musste entweder geduldig sein oder hat sich dazu entschlossen ich in einen der US-Dienste "reinzutunneln".

Eine Tunnelröhre mit viele Rillen von unten nach oben fotografiert. Oben ist Licht.

flickr.com, User C.P.Storm

Foto: flickr.com, User C.P.Storm (CC BY 2.0)

Zahlende Kunden statt Piraten

Es gibt mittlerweile einige Start-ups, die für ein paar Euro im Monat offiziell Tunnelling-Dienste anbieten. Dann kann man von Graz, Innsbruck, Berlin oder Lyon aus alles im Netz ansehen, ohne dass einem jemand einen Riegel vorschiebt. Das ist im Prinzip legal, und auch die Streaming-Services stört das insgeheim nicht – denn unser Geld bekommen sie ja, sagt der auf neue Medien spezialisierte Rechtsanwalt Alexander Koukal im Gespräch mit FM4:

"Ich gehe davon aus, dass diese Anbieter das einfach deswegen tolerieren, weil es sich ja um zahlende Kunden handelt. Man muss festhalten: Dass sind nicht Piraten, die, ohne etwas zu bezahlen, Filme runterladen und streamen. Sondern diese Nutzer zahlen ihre Abogebühr, und solche Kunden möchte man natürlich auch nicht gerne loswerden.

Es gibt in der Sache drei Parteien: die User, die Streaming-Dienste und die Rechteinhaber der einzelnen Serien. Wenn jetzt einer dieser Rechteinhaber eine seiner TV-Serien in den USA über die Streaming-Firma 1 und in Europa über die Streaming-Firma 2 anbietet, kann es sein, dass die Preise unterschiedlich sind. Wenn es in Europa teurer ist, legen sich viele User einfach Konten beim US-Dienst an und umgehen das Geoblocking. Weil das dem Rechteinhaber nicht gefällt, übt er Druck auf das US-Streaming-Service aus, damit das seine "bösen", tunnelnden User sperrt.

Vor Kurzem ist so ein Fall beim Streaming-Dienst HBO Now passiert, der "Game of Thrones" in den USA anbietet. HBO ist in dem Fall gleichzeitig Rechteinhaber und Streaming-Service, doch für Europa hat der Konzern die Firma Sky als Vertriebspartner. Sky war es naheliegenderweise nicht recht, dass nun die europäischen "Game of Thrones"-Fans sich in die USA zu HBO tunnelten um die höheren Abogebühren bei Sky zu umgehen. HBO wurde - vermutlich mit der Drohnung auf das Einklagen von Vertragsbruch - unter Druck gesetzt, einige User wurden daraufhin gesperrt (aber nicht gekündigt).

"Wer einem Portal vorgaukelt, er sitze in den USA, der verstößt klar gegen den Nutzungsvertrag. Nutzer können bei einer Vertragsverletzung gekündigt oder der Service kann eingeschränkt werden. Das ist die wahrscheinlichste Konsequenz, sollten Rechteinhaber auf die Portale mehr Druck machen."

Worst case: Kündigung

Eine Kündigung hält Alexander Koukal für den Worst Case beim Umgehen von Geoblocking. Strafrechtliche Relevanz hat es hingegen keine. Außerdem "umgeht man keine technisch wirksamen Schutzmaßen. Diese Umgehung solcher Schutzmaßnahmen ist im Urheberrechtsgesetz verboten, aber es muss schon um wirksame Maßnahmen gehen. Geoblocking ist eine der primitivsten Möglichkeiten, Lizenzrechte lokal einzuschränken."

Wer Geoblocking umgeht, muss sich derzeit also keine allzu großen Sorgen machen. Mittlerweile werden die meisten US-Serien aber ohnehin offiziell und fast zeitgleich auch in Europa angeboten. Nur bei den Preisen und den vielen unterschiedlichen Streaming-Diensten herrscht noch ein ziemlicher Wildwuchs. Aber das ist eine andere Geschichte …