Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Warum sagt niemand: Ich bin Charlie und Jude?"

Thomas Edlinger

Moderiert gemeinsam mit Fritz Ostermayer "Im Sumpf".

17. 1. 2015 - 14:23

Warum sagt niemand: Ich bin Charlie und Jude?

Die Islamophobie-Debatte hat einen blinden Fleck: den Antisemitismus.

Übermorgen in der Millionenshow im Paranoischen Staat: Wer ist eigentlich verantwortlich für die Anschläge in Paris?

  • A: die Ostküste
  • B: der Mossad
  • C: Israel
  • D: die Juden

Im Sumpf

Am Sonntag, den 18. Jänner, mit Politikwissenschaftler Stephan Grigat zum Thema: Ich bin Charlie und Jude?

Von 21 bis 23 Uhr und im Anschluss für 7 Tage im Stream

Ok, das war jetzt vielleicht nicht so ein mördertolles Beispiel für den jüdischen Humor. Aber nachdem ja sogar der islamische Staat von einigen Weltverschwörern als perfide Erfindung Israels zur Schwächung der Muslime und überhaupt gehandelt wird, ist der Witz vielleicht gar nicht so weit von der Gegenwart des weltweiten Wahns namens Antisemitismus entfernt.

Als ich letzten Sonntag die Demos in Paris sah, fiel es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen: Warum sagt eigentlich niemand: Je suis Juif (Ich bin Jude)? Ich selbst habe noch am Samstag in einem ersten Kommentar geschrieben: "In Nigeria werden Volksschulen niedergebrannt, weil man dort nicht nur Buben, sondern auch Mädchen das Lesen lehrt. Auch diese Mädchen sind Charlie. Der zweite, mit dem Anschlag auf die Redaktion zusammenhängende Anschlag auf ein koscheres Lebensmittelgeschäft richtete sich gegen Juden, weil sie Juden sind. Auch Juden sind Charlie."

Trauernde nach dem Angriff in einem Pariser Supermarkt

APA/EPA/OLIVIER HOSLET

Das war zu wenig. Beziehungsweise zu kurz gedacht, dachte ich mir am Sonntag. Am Montag habe ich dann zu dem Thema zum Glück eh ein paar Stimmen im Netz gelesen. Unter anderem darüber, dass im Pariser Supermarkt keine Geiseln genommen wurden, die dann getötet wurden. Sondern es wurden Ziele ausgewählt, die umgebracht werden sollten. Sie waren niemals Geiseln, also Faustpfand für einen weiteren politischen Zweck. Die Juden starben nicht, weil sie jemanden angeblich durch eine Karikatur beleidigt haben, sondern einzig und allein, weil sie Juden sind.

Auch die Israelitische Kultusgemeinde in Wien hat sich zu Wort gemeldet und die österreichische Bundesregierung kritisiert, warum nur die Opfer des Anschlags auf die Redaktion Charlie Hebdo erwähnt und die ermordeten Juden mit keinem einzigen Wort genannt wurden.

Jüdischer Supermarkt Hyper Cacher in Paris: Sicherheitskräfte nach dem Anschlag

APA/EPA/OLIVIER HOSLET

Wer spricht darüber, dass Juden besonders in Frankreich, aber auch anderswo in Europa an vielen Orten veranlasst sehen, sich nicht mehr als Juden zu erkennen zu geben? Wer spricht davon, dass Synagogen und jüdische Gräber regelmäßig geschändet werden?

Der Politikwissenschaftler Stephan Grigat ist diesen Sonntag (18.1.) "Im Sumpf" zu Gast. Er hat mit mir über den Unterschied zwischen verletzender Kritik und Hetze, über antikapitalistischen und islamistischen Antisemitismus, über den klammheimlichen "Neid" auf den Islam auf Seiten der Rechten, über die Islamophobie und über das "Menschenrecht" auf sogenannte Israelkritik gesprochen.

"Im Sumpf" bringt dazu ein ausführliches Gespräch mit dem Autor des soeben im Konkret-Verlag erschienenen Buchs "Die Einsamkeit Israels. Zionismus, die israelische Linke und die iranische Bedrohung". Hier ein Ausschnitt:

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Die Sendung mit Politikwissenschaftler Stephan Grigat zum Thema "Warum sagt niemand: Je suis Juif" gibt es für 7 Tage im Stream.

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