Erstellt am: 1. 10. 2014 - 14:56 Uhr
The daily Blumenau. Wednesday Edition, 01-10-14.
The daily blumenau hat Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst.
Und bietet Items aus diesen Themenfeldern.
Oh, don't sorrow, no don't weep.
For tonight - at last - I am coming home.
I am coming home.
A Sort of Homecoming - U2
In der neuen Fußballer-Sprache würde man sagen, dass es gruppentaktisch hochproblematisch wäre, was da passiert ist. Denn im Verlauf der letzten fast zweieinhalb Jahre des Projekts Sturm Graz neu gab es nur ein einziges Geschehnis, das von allen gleichermaßen als sinnvoll erachtet wurde: die Entlassung von Langzeit-Coach Franco Foda im April 2012. Zumindest im Nachhinein, als immer mehr der durchaus gruseligen Menschenführungs-Episoden durchsickerten und das Außenbild des Biedermanns, den Foda für die Medien gut darzustellen vermochte, endlich korrigiert wurde. Jetzt ist genau dieser Franco Foda wieder da.
APA/ERWIN SCHERIAU
Man könnte das (nicht gruppentaktisch, aber psychologisch) mit einer SM-Beziehung vergleichen. Allerdings würde man bei Sturm Graz, nach einem gewissen Anstands-Abstand wohl auch den alten Kaiser Kartnig zurücknehmen, wenn das juristisch oder gesellschaftlich möglich wäre.
Es gibt einen Hang zur Vergangenheits-Klitterung bei Sturm Graz; und einen Hang zur autoritären Praxis. Egal ob sich das in der Klüngelei mit der lokalen Medienlandschaft oder in den konkreten Vereinsstrukturen spiegelt: eisernes Zusammenstehen um jeden Preis und passiv/aggressive ausgefochtene Machtspiele.
Denn schon die Art der Neo-Rück-Bestellung lässt tief blicken: es war nicht der (damals neue) Präsident, der Foda damals ungeschickt entließ, sondern der im Hintergrund immer noch fädenziehende Ehrenpräsident, der mittlerweile Präsident der Bundesliga ist, der Foda bestellte. Und auch auf der Kandidaten-Liste von Manager Goldbrich war der Ex-Coach nicht arg weit vorne. Weil es aber wieder alles zu langsam ging und der echte Blacky nur jemandem mit Stallgeruch traut, war der Befreiungschlag logisch.
Ein Befreiungsschlag mitten in die Vergangenheit.
Und wie praktisch alles, was bei Sturm in den letzten Jahren (und verstärkt nach der verstörenden Begegnung mit der Moderne, in Gestalt von Peter Hyballa) getan hat, reine Symbolpolitik. Gruppentaktisch gesehen: ein weiterer Versuch die Aufarbeitung der letzten Jahre zu verhindern.
Sturm ist wie eine Familie, die Angst vor der Auseinandersetzung (z.B. einer dringend nötigen Familien-Aufstellung) hat und deshalb ein Familien-Fest nach der anderen schmeißt, also die Beschäftigung mit dem Geschehen im Inneren mit einer Dauerbespiegelung der Innensicht verwechselt.
Jetzt, so das unausgesprochene Credo, muss alles wieder heile-heile werden, weil ja der letzte in dessen Ära es diese heile Welt noch gab, wieder vor der Tür steht. Dafür sprangen Beteiligte über riesige Schatten; alles um die echte Analyse zu vermeiden.
Dass das letzte Foda-Jahr in Graz ein einziger Krampf war - vergessen; wichtiger ist es, den Weg der Nichtaufarbeitung des dort beginnenden Niedergangs fortzusetzen. Dass das nochmalige Durchleben der Vergangenheit kein sinnhaftes Rezept für einen zukunftsfähigen Neuaufbau sein kann - geschenkt. Dass Foda, der sich schon im fatalen Status des Sky-Experten (wo die Nicht-Expertise zur parodistischen Kunstform befördert wird) befand, fast schon aufreizend viel in Österreich flanierte, weil er für die deutsche 2. Liga (Menschenführung, taktische Defizite...) nicht mehr so recht in Frage kommt - wen kümmert's. Entscheidend ist nicht, was der Mannschaft mittel- oder langfristig hilft, sondern was das Funktionärs-Ego streichelt.
Interessanter Nachtrag am Donnerstag
Immerhin lässt Foda bei seinen Antrittsaussagen durchsickern, dass er sich der Problematik seines früheren autoritären Systems bewusst ist. Immerhin sträubt sich die zentrale Fan-Plattform sturm12.at im biederen Chor der Jubelperser einzustimmen. Und immerhin kann Foda auf dem verödeten System seines fantasielosen Vorgängers aufbauen: anders hat er ja auch nicht spielen lassen.
Oh, don't sorrow, no don't weep
For tonight - with you - I am coming home.
I am coming home.
A Sort of Homecoming - U2