Erstellt am: 23. 10. 2014 - 10:28 Uhr
Dreampop, Discobeats und dreckiger Noise
Kommenden Sonntag, am 26. Oktober feiern wir den Geburtstag des FM4 Soundparks. Es wird 31 Stunden lang österreichische Musik zu hören geben und ich bin mir sicher, dass es wie jedes Jahr ein abwechslungsreiches und stimmiges Programm wird. Es gibt ja genug heimische Musik, die internationalen Produktionen um nichts nachsteht. Das zeigt sich momentan auch bei Musikvideos.
Da der letzte sommerliche Hauch von Wärme und Sonne vorbei ist, helfen die folgenden Songs gegen eine drohende Herbstverstimmung. Egal ob die kommende Wintertraurigkeit mit sanften akustischen Klängen abgeschüttelt wird, mit verzerrten Gitarren oder fetten elektronischen Beats eine schützende wall of sound aufgebaut wird.
Ernesty International - "Allright My Dear"
Er ist einer der besten Singer/Songwriter, den die heimische Szene zu bieten hat. Und trotzdem ist Ernst Tiefenthaler ein im Boden der Realität verwurzelter Mensch, stets bescheiden und in höchstem Maße selbstreflektiert. Mit seinem letzten Studio-Album "Ernesty IV" hat er sich zum ersten Mal königlich am Cover präsentiert. Ein Schritt heraus aus dem selbst gewählten Schattendasein.
Auch in dem Video zu "Allright My Dear" steht der Musiker im Spotlight. So wie die Musik von Ernesty International von Details und hingebungsvollen Fragilität lebt, erhält auch das Video durch diese Ingredienzien eine unterschwellige Spannung. Abgesehen davon verdient das Werk von Ernesty International jeden einzelnen kleinen Diamant, der hier verschüttet wird.
Léyya - "Drowning In Youth"
Es wurde als "großes Ding" angekündigt von LasVegas Records. Nicht zu unrecht. Das musikalische Projekt Léyya von Sophie und Marco legt sich die Latte schon mit ihrer ersten Single sehr hoch. "Drowning In Youth" ist sowohl zartes Popstück, verträumt und hypnotisch, als auch ein kraftvolle Tanznummer, die mit starken Beats und cleverem Arrangement auf der ganzen Linie überzeugt.
Die Video-Bilder mit Blaufilter haben eine Dream-Pop Ästhetik, die perfekt zu den berührenden Nummern passt. Meist sind es Detailaufnahmen, kunstvoll montiert und mit einem Zittern wiedergegeben, das eine Art Verfremdung erzeugt. So ist das Video wie der Song ein kleines Gesamtkunstwerk, von dem man gar nicht genug bekommen kann.
The Quiet Now! - "Coma Paloma"
Bei manchen Menschen fragt man sich: Woher nehmen sie ihre Energie und vor allem die Zeit, all ihren Herzensangelegenheiten zu folgen? Labelbetreiber und Musiker Georg Hartwig hat aich mit The Quiet Now! einen langgehegten Wunsch erfüllt und das Debüt "Rub It In" herausgebracht. Jetzt kündigt sich mit der Single "Coma Paloma" das Nachfolgewerk "Odd One Out" an.
Während das coole, sehr gelungene Animationsvideo ein bisschen an die Yellow Submarine-Phase der Beatles erinnert, ist die musikalische Gangart eine viel härtere. "Coma Paloma" kreiert das Bild einer moshenden Rockmeute auf der schnieken Disco-Tanzfläche. So wie in dem kleinen Filmchen manchmal gegensätzliche Elemente kombiniert werden, so prallen in der Single Rock und Elektro durchaus g'schmackig aufeinander.
Kids N Cats - "Vanilla"
Mit wackelnden Arschbacken und strahlenden Bärte, wie es Christian Pausch hier so treffend formuliert hat, haben KIDS N CATS über 30.000 Video-Aufrufe ergattert. Klar, die Nummer selbst trägt auch dazu bei, dieses treibende und freche Disco-Pop-Trash-Stück, das einem so schnell nicht mehr aus dem Kopf geht.
Auch "Vanilla" verspricht Explosionen und Eruptionen. Und das alles auf französisch. Mit hippen Discosynths, verstörenden Kostümen, wahnwitzigen Tanzritualen, inklusive Alieninvasion und Mundhygiene. Visuell total drüber, musikalisch total am Punkt. Witzig und abgedreht, verrückt und gleichzeitig verspielt mit keckem Augenzwinkern. Schmeckt wirklich alles ein bisschen nach Vanille.
Johann Sebsatian Bass - "Heart Of Stone"
Vor kurzem haben sie ihr Album "Sugar Suite" am Waves Festival präsentiert, wobeiJohann Sebastian Bass mit zuckersüßen Beats eigentlich nichts am Hut haben. Vielmehr brettern ihre Beats über die Tanzflächen der Clubs und animieren dazu, sich beim Tanzen so richtig gehen zu lassen.
Ist hinter dem Video zu "Voodoo" noch eine recht reduzierte Idee gestanden, so verdeutlichen Johann Sebastian Bass in dem neuen Filmchen "Heart Of Stone", welch schwierige Angelegenheit Liebesbeziehungen sein können. Allerdings mit viel Witz und Selbstironie. Da darf sogar mal das Blut spritzen, wenn mit Wolferl's Perücke auf dem tragbaren Keyboard soliert wird. Und wenn man glaubt, bei der nächsten Beziehung wird es anders, dann übersieht man, geblendet von der Liebe auf den ersten Blick, vielleicht das eine oder andere kleine, aber nicht unwichtige Detail. Wie spitze Eckzähne.
Hella Comet - "No Buzz"
Nachgereicht wird hier noch ein herrlich raues "Tourtagebuch" der Grazer Hella Comet. Verstaubte Videokassetten von Konzertauftritten, persönliche Eindrucke on the road, verwackelte Backstageaufnahmen verschwimmen bei "No Buzz" zu einem traumhaften, wirren Bilderrausch.
Das alles harmoniert einwandfrei mit dem noisigen und hypnotischen Sound der Band, die Gitarrenschicht um Gitarrenschicht aufzutürmen weiß, ohne sich im weißen Rauschen zu verlieren. Die Energie und Dringlichkeit von "No Buzz" lässt hoffen: auf ein neues Werk, das an den großen Wurf "Wild Honey" anschließt. Denn dann kann 2015 ruhig kommen.