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Andreas Gstettner-Brugger

Vertieft sich gern in elektronische Popmusik, Indiegeschrammel, gute Bücher und österreichische Musik.

25. 11. 2013 - 18:30

Kein bisschen leise

Mit The Quiet Now! realisiert Sevenahalf Records Labelbetreiber Georg Hartwig seinen Herzenswunsch. Das elektropoppige Debüt "Rub It In" überzeugt auf ganzer Linie.

Ich habe schon viele Leute kennen gelernt, die immer anderen Menschen oder ihrer Arbeit Priorität einräumen, wobei ihre eigenen Herzensangelegenheiten nur allzu oft auf der Strecke bleiben. Hat einen erst einmal so ein Strudel erfasst, ist es meist schwer auszusteigen, um sich selbst und seine Bedürfnisse wieder wahrnehmen zu können. Dazu bedarf es eines gravierenden Veränderungsprozesses.

Georg Hartwig ist einer der Menschen, die gern aus der Not eine Tugend machen und sich dabei oft für andere einsetzen. So hat er mit seinem selbst gegründeten Label Sevenahalf Records der Drei-Schwestern-Punkpop-Band Sawoff Shotgun eine Heimat geboten und erst kürzlich den Grazern Viech die Möglichkeit geboten, sehr schnell und mit viel Einsatz ein Debüt zu veröffentlichen. Schließlich war Georg der Meinung, diese Musik gehört gehört.

Jetzt ist allerdings die Zeit gekommen, um seinen eigenen Leidenschaften nachzugehen. Und mit "Rub It In" ist das schon längst überfällige Debüt von Georg Hartwigs Herzensprojekt The Quiet Now! endlich fertig. Der latente Perfektionismus und die konsequente Arbeit haben sich auch gelohnt.

The Quiet Now! alias Georg Hartwig

Wolfgang Silveri

Keine Musik ohne Liebe

Schon viele Jahre hat Georg an eigenen Songs gearbeitet. Aber erst als er die Labelarbeit massiv zurückgefahren hat, war Zeit und vor allem auch Raum im Kopf da, um kreativ zu arbeiten. Es kann durchaus hemmen, wenn man sich tagtäglich mit Musik anderer KünstlerInnen beschäftigt. Da bleibt in vielen Fällen keine Energie und Inspiration für eigene Kompositionen mehr übrig. Deshalb war dieser "Befreiungsschlag" auch sehr essentiell. Denn angekündigt hat Georg sein Debüt schon seit einem Weilchen. Mit einem breiten Grinsen meint er, dass ihm sein Perfektionismus oft einen Strich durch die Rechung gemacht habe. Selbst nach mehrmaligem Abmischen war dann doch der Sound des Schlagzeugs noch nicht ganz so, wie er sein sollte, oder die Melodielinie noch nicht so eingebettet im Gesamtsound, oder vielleicht sollte man die Nummer überhaupt anders angehen.

Ein Song, der sich so über den gesamten Produktionsprozess hinweg immer wieder verändert hat, ist "Past Our Prime" und der ist mit seinem melancholischen Klavier, dem gefühlvollen Gesang, dem opulenten Refrain, bei dem Georg von Susanna Sawoff unterstützt wird, auch gleich eines der absoluten Highlights der Platte. Streckenweise erinnert er mit dem sehnsüchtigen Gefühl und 1980iger-Sounds an Peter Gabriel, was nicht die schlechteste Referenz ist. Ein totaler Überflieger ist die ohrwurmtaugliche Single und zugleich das Titelstück "Rub It In". Ein medienkritischer Song, bei dem Georg uns allen jedoch nicht die Verantwortung abspricht, mit unserem Fernsehkonsum gut umzugehen. Schließlich sind wir selbst dafür zuständig, nicht jeden Müll in unsere Seele hineinzulassen. Als Gast ist hier der isländische Musiker Helgi Jonsson zu hören, mit dem Georg eine jahrelange, musikalische Freundschaft pflegt. Für das großartige Video zu "Rub It In" hat Georg übrigens seine Nichten gewinnen können.

In eine musikalisch etwas andere Kerbe schlägt "Fuck, I Still Love You", das verkappte Liebeslied der Platte, wenn man so will. Obwohl Georg ja betont, dass nicht nur alle Lieder der Platte sich mit dem Thema auseinander setzten, sondern für ihn Musik ganz generell immer etwas mit Liebe zu tun hat. Sei es die Liebe zu anderen Menschen, Orten, Lebensphasen oder Situationen. Selbstverständlich gehört dazu auch nicht geliebt zu werden, nicht Lieben zu können oder Liebe mit Zwängen zu verwechseln. Insofern hat Musik für ihn meist einen emotionalen Konnex zu dem großen Gefühl, das substanziell für uns Menschen ist. So wird bei dem balladesken Akustikstück "A Dose Of You" eher das Singer/Songwriter-Format gewählt, um tiefe Gefühle auszudrücken, während mit "Pornokiller" die emotionale Verstrickung mit dunklen, nervös zuckenden Beats, synthetischen Knazerein und freakigem Funkanleihen umgesetzt wird. Und das Eröffnungsstück "To Each His Own" beweist noch ganz nebenbei die musikalischen und arrangiertechnischen Fähigkeiten von Georg Hartwig.

Geschmackvoll und stilsicher manövriert er uns auf seinem Debüt durch elektronische Tanzmusikgewässer, schäumende Popwellen und klassische Songwriterbuchten. Das Schöne an "Rub It In" ist, dass man bei jedem Stück hört, dass sich Georg Hartwig mit The Quiet Now! seinen Herzenswunsch erfüllt, sich kreativ mit der Sprache der Musik ausdrücken zu können. Nach all der Arbeit für andere Künstler sei es dem Labelbetreiber vergönnt, jetzt erst einmal auf sich selbst zu schauen. Und wenn dabei auch noch so ein schönes, glitzerndes Album dabei herauskommt, umso besser.