Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Artist Of The Week: Kraftklub"

Susi Ondrušová

Preview / Review

15. 9. 2014 - 19:12

Artist Of The Week: Kraftklub

Geben und nehmen. Die Erfolgsgeschichte von Kraftklub.

Darf ich vorstellen: Felix, Till, Karl, Steffen und Max. Felix spricht am meisten, er hat die Qualitäten und den Beruf des Frontmannes: kein Blatt vor den Mund nehmen und immer ein guter Spruch auf den Lippen. Nicht zu lustig, um ihn Scherzkeks ohne Ablaufdatum zu nennen, nicht zu ernst, um ihn als unnahbaren Vertreter für IQ-Tests wahrzunehmen. Gemeinsam sind die fünf Kraftklub. Für die einen lästige Popmusiker, für die anderen die einzig wahre Band der deutschsprachigen Musikszene. Als "kleine Rotzer" haben sich die fünf im Proberaum vorgestellt "wie das so ist" Musikstars zu sein. Sie haben vielleicht nicht direkt die Tanzschritte vorm Spiegel geübt, aber wissen wollten sie schon, "wie das so ist erfolgreicher Musiker zu sein".

Kraftklub gaben am Dienstag Wien ein Überraschungskonzert.

Dass sich Tonträger nicht verkaufen, das haben sie mitbekommen. Ein Album ist heutzutage die Visitenkarte für eine Tour, mehr ist es oft nicht. Dass das Livegeschäft ein florierendes ist, davon wussten Kraftklub, als sie 2009 auf dem Splash-Festival (damals mit/als Neon Blocks) aufgetreten sind und Ende des Jahres dann Kraftklub ins Leben gerufen haben. Wie gesagt, sie haben sich gefragt, "wie das so ist erfolgreicher Musiker zu sein", aber dass sie nur drei Jahre später mit ihrem Debütalbum die Spitzenposition der deutschen Verkaufscharts erklimmen, davon waren sie tatsächlich überrascht.

Es klingt so logisch, dass man sich fragt, warum niemand früher draufgekommen ist und Songs wie "Scheissindiedisko" oder "Ich will nicht nach Berlin" nicht schon vorher entstanden sind. Die vielen schönen Zeilen wie zum Beispiel "Ich nehm dem DJ die Platte weg und scheiß auf die Hives" oder "Meine Kleidung unterstreicht meinen Charakter, meine Brille ist nicht Vintage, verdammt die ist Retro", auf die so viele Leute gewartet haben.

Stadt-Land-Gefälle, Coolness-Definitionen, sein eigenes Ding machen statt im Strom schwimmen, Selbstbewusstsein, Jungsein, Feiern, lässig sein, ohne sich vorzuschreiben, was lässig ist, das sind Kraftklub. Mit größerem Bekanntheitsgrad verändert sich aber natürlich auch die eigene Position: der Wirkungskreis, der Radius des Musikerdaseins geht längst über die vier Wände des Proberaums hinaus, plötzlich sind da nicht nur die letzten Reihen der ausverkauften Hallen, die mitgrölen, sondern auch die Leute vor den ausverkauften Hallen, die so gern drin wären. Kann man noch immer über die „Scheißindiedisko“ sprechen, wenn man zur eigenen Indiedisko geworden ist?

Kann man. Muss man. Kraftklub führen auf dem neuen Album "In Schwarz" das fort, was sie auf "Mit K" schon prophezeit haben: Im Openersong "Eure Mädchen" singen sie, dass sie nicht "kredibel" sind: Wir machen Popmusik. Oder auch "Ihr müsst uns glauben: Wir setzen die Trends, denn bei uns klauen all diese schwedischen Bands" Und in "Unsere Fans" vom neuen Album setzen sie den "alten" Fans, die den Ausverkauf von Kraftklub beweinen, ein Denkmal: drehen den Spieß der Kritik einfach um:

Seitdem unsere Fans jeder kennt, haben die sich voll verändert,
früher liefen unsere Fans noch nicht auf jedem Sender,
damals war das alles noch nicht so wie heutzutage
mittlerweile zahlen die ernsthaft 30€ für ne Karte!“

Ein fetziges Video gibt es auch dazu. Alles, was das "Pimp my life"-Handbuch begehrt, ist dabei: Autos, Boote, Gold, Champagner, nackte Haut. Aber Kraftklub können auch anders: als Band, die beim Major unter Vertrag steht, eine Teaser-Single auf dem Hamburger Label Audiolith veröffentlichen: "Hand in Hand" heißt der Song und "In Schwarz" haben sie sich für diese Aktion genannt. Anscheinend hat's schon Angebote für Punk-Festival-Auftritte gegeben. Ist sich dann aber doch nicht ausgegangen. Mittlerweile machen Kraftklub mit dem Kosmonaut Festival auch ihr eigenes jährliches Festival, wo sie seelenverwandte und befreundete Bands einladen. Das Livespielen ist ihnen noch immer am wichtigsten. Wir erinnern uns: "Ein Album ist eine Visitenkarte für eine Tour."

Cover von "In Schwarz"

Kraftklub

"Konvoi in Schwarz" heißt die aktuelle Tour, die die Band für ihre Fans ausrichtet (siehe FM4 Überraschungskonzert Spezial). Die Herbst-Club-Tour ist ja schon ausverkauft, das Hallen-Tour (Gasometer!) nächstes Jahr wird es auch werden. Wenn man zum ersten Mal auf ein Kraftklub-Konzert geht, dann "kann es anstrengend" werden, sagt Felix in Interviews. In den ersten Reihen sind kreischende Mädchen, dahinter kommen "im Kreise tanzende Männer, die sich gegenseitig Schürfwunden zufügen" und nochmal dahinter kommt der "entspannte Rest", erzählt der Sänger. Man soll darauf vorbereitet sein und sich sein Platzerl finden: gesungen wird für natürlich für alle.