Erstellt am: 10. 9. 2014 - 10:51 Uhr
Am Rüssel sollst du sie erkennen!
Death From Above 1979 spielen am 15. Oktober im Flex in Wien. Rüssel nicht vergessen!
"Der Elefant im Gesicht ist the elephant in the room". Ich telefoniere mit Jesse F. Keeler und befrage ihn zum neuen Death From Above 1979-Album "The Physical World". So wie beim Debüt dominiert das Bandlogo auch die Covergestaltung des Nachfolgers. Jesse hat es selbst entworfen: "Wir wollten immer dieser elephant in the room sein, so massiv und unvermeidbar wie möglich."
Man Cave Music
Warner Bros
Das ist gelungen. Mit einer explosiven Mischung aus böse verstimmten Metal-Riffs, Feedbackschleifen, die eher an Rave-Sounds als an Jimi-Hendrix-Freak-Outs erinnerten, einer profunden Hardcore-Attitude, Tanzbeine machenden Drum Rolls, dazu über die Alm treibende Kuhglocken und brachial heiser vorgetragene Sangesmelodien, hinterließ das Duo aus Toronto mit dem Debüt "You’re A Woman, I’m A Machine" bleibende Eindrücke unter den Stahlstadtkindern dieser Welt (hier ein kurzer Rückblick auf ihre Karriere).
Dass sich die beiden Rüsselviecher Jesse F. Keeler (Bass, Synths, Keyboard) und Sebastien Graigner nun zehn Jahre nach dem Erstlingswerk zu einem originären Nachfolger zusammengerauft haben, hat nicht unwesentlich mit der Magie grüner Banknoten zu tun, wie die beiden in Interviews netterweise offen zugeben. "Because you asked for it", ist eine weitere Standardantwort, wenn nach Beweggründen für das späte zweite Album gefragt wird.
Wer aber einem der aktuellen DFA79-Gigs beiwohnen konnte, hat auch schnell gemerkt, dass zwischen den Prinz-Eisenherz-Gedächtnisfrisurenträgern eine Spannung besteht, die sich - zur Freude des Moshpits - in heftigen Live-Gewittern entlädt und sich dort - und anscheinend nur dort - in Sachen Frust, Wut und Wahn etwas Erleichterung verschaffen kann. Beim "Anbauen von Tomaten in meinem Garten in Toronto funktioniert das jedenfalls nicht so gut", so Jesse F. Keeler, dessen Kinder im Hintergrund unseres Gesprächs herumglucksen ("No, you can’t have daddy's drink, darling"). Man braucht einander also wie Laurel und Hardy.
The Physical World
Das idente Logo, das sich nur durch den Hintergrund vom Debüt unterscheidet, darf als dezenter Hinweis auf eine gewisse Erwartbarkeit gelesen werden. DFA79 haben sich mit "The Physical World" bei den Fans für das jahrelange Ausharren bedankt und einen linearen Nachfolger vorgelegt. Und warum auch nicht? Was bei Ahnen wie Black Sabbath und Motörhead funktioniert, greift auch bei Nachfolgern im Geiste.
Mir ist "The Physical World" zwar etwas zu dicht produziert - schwere Riffs brauchen viel Luft zum atmen. Und Grainger hat seine Ausflüge ins Emo-Fach hoffentlich mit Rückflugticket gebucht. Auch sind die Lyrics nicht einmal zum Vergessen, weil man sich die Texte dafür ja vorer merken müsste. Doch einmal mehr kriegen mich die zwei Kanadier mit ihrer mal herrlich stumpfen, mal extrem ausgetüftelten Monsterriff-, Schlagzeug-, Kreisch-Kombination. Der Appeal dieses Signiture Sounds war auch am Montg beim Promo-Gig im Rough-Trade-Store in Williamsburg allgegenwärtig: Death From Above 1979 zwingen in die Knie, lassen diese aber auch ordentlich schwingen. Und es ist definitiv nicht Boogie.
Was noch? Jesse hat seinen Rickenbacker gegen einen Dan Armstrong getauscht. "It’s got a bigger range, I like that". Ob die beiden Rüsselvieher nach der anstehenden Welttour auch weiterhin als Kleinstherde durch die Gegend trampeln oder erneut vom Aussterben bedroht sind, wird wohl von der Stimmung danach abhängen. Vergesst jedenfalls nicht eure Rüssel, wenn DFA79 am 15. Oktober im Flex in Wien trompeten.
Anspieltipps: Government Trash, Gemini, The Physical World.