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Christian Lehner Berlin

Pop, Politik und das olle Leben

10. 7. 2014 - 21:43

Das Comeback der Rüsselviecher

Death From Above 1979 haben den ersten neuen Song seit Jahren veröffentlicht und kommen im Herbst mit neuem Album nach Österreich.

Das Interview passierte kurz vor dem zweitbesten Konzert ever in der allerbesten Rock Venue der Stadt. Es war das Jahr 2005 und die beiden Rüsselviecher Jesse F. Keeler (Bass) und Sebastien Grainger (Rüssel) hatten soeben ihr Death-From- Above-1979-Debütalbum You‘re A Woman, I Am A Machine veröffentlicht. Das Interview toppte die Erwartungen standesgemäß. Sebastien war sehr schlecht gelaunt, wütend und gar nicht gut drauf. Jesse F. Keeler stand im Hintergrund herum und sah dem Kollegen Fuchs verdammt ähnlich. Ab und zu bebten seine Nüstern, als er nicht mit mir sprach.

Death From Above 1979

Christian Lehner

Das zweitbeste Konzert ever in der allerbesten Rock Venue der Stadt. DFA79 live 2005 im Bowery Ballroom.

Death From Above 1979, aus dem kanadischen Toronto stammend, fügten dem damals schwerst angesagten Dance- Punk-Sound von Bands wie !!!, The Rapture oder LCD Soundsystem schwere Metal-Riffs hinzu und das mit Minimalismus. Keelers altem Rickenbacker Bass entwich ein Stakkato fieser Power-Akkorde, das manch amtliche Thrash-Jungs in die Metal-Pension zu schicken vermochte.

Sebastien gab dazu den heulenden Wolf, der am Ende des Testesteronzeitalters noch einmal sämtliche Beziehungsprobleme mit einer Art Urschreitherapie zu lösen versuchte. Ab und an funkte ein Korg-Synth oder eine Kuhglocke dazwischen während die Bassdrum stur im Dance-Takt ihre Vierteln abstampfte. Diese einfache Formel machte eine der aufregendsten Musiken in einer Zeit, die nicht gerade arm war an aufregenden Musiken. Und sie machte für meine Ohrwascheln bis heute das zweitbeste Konzert ever in der allerbesten Location der Stadt.

Dann kam 2006 das überraschende Aus. Die Rüsselviecher waren wohl miteinander etwas zu wild verfahren. Keeler formte gemeinsam mit DFA79-Produzent Al-P das Dance/Rmx/Filterwahnsinnsduo MSTRKRFT. Grainger gab weiterhin den Leidenswütigen, streckte seinen Sound aber mit All-American-Rock, was eher nicht zum großen Erfolg führte.

Doch die Fans ließen nicht locker. Vor drei Jahren ergaben sich Keeler und Grainger der anhaltenden Nachfrage (und wohl auch dem Mangel an künstlerischen Alternativen) und rauften sich erneut zusammen. Die viel umjubelte Comeback-Tour, die allerdings kaum neues Material präsentierte, führte Death From Above 1979 bis nach Krems zum Donaufestival.

Der vor drei Tagen veröffentlichte Track "Trainwreck 1979" hat nun viel, was alte DFA79-Songs hatten. Aber er hat auch mehr. Vor allem Pop und Berechnung. Das Stück klingt wie gemacht fürs Radio, was von diesen Zeilen aus betrachtet alles andere als ein Nachteil ist. Allerdings ging mit dem Schielen auf Indie-Disco-Tanzflächen, College-Radio-Airwaves und Großfestival-Bühnen der herbe Charme der Rüsselviecher etwas verloren. Sind wir also gespannt auf das Album "The Physical World", das für Anfang September angekündigt ist. Obwohl. Bei der anschließenden Tour, die im Oktober auch ins Flex nach Wien führt, wird ohnehin wieder alles zu- und niedergebrettert werden. So wie damals beim zweitbesten Konzert ever in der allerbesten Location der Stadt.