Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Tschüss, A MAZE!"

Rainer Sigl

Spiel, Kultur, Pop im Assoziationsblaster.

12. 4. 2014 - 14:39

Tschüss, A MAZE!

Das dritte internationale Independent-Festival A MAZE./Berlin endet mit glücklichen Preisträgern und euphorischer Erschöpfung.

Weiterlesen

Robert Glashüttner über die letzten Tage am
A MAZE
:

  • Berliner Partyspiele Das Indie-Games-Festival A MAZE. eröffnet mit bunten Hüpfsäcken, Oculus Rift-Experimenten, Adventure-Druckern und Kuschelsteuerung.

Dass "Indie" als nicht aufzuhaltender Megatrend in der Gamesbranche wächst und wächst, war auch dem Festival anzumerken, das zum dritten mal in Berlin Spielmacher und -Freunde zusammenführte: Nach im Rückblick bescheidenen Anfängen und noch etwas unsicherer räumlicher Selbstfindung ist die A MAZE./Berlin 2014 zu einem im Vergleich zum Vorjahr doppelt so großen, aber noch immer familiären Klassentreffen der deutschen, europäischen und zum Teil auch der internationalen Indie-Szene herangewachsen.

"Familiär" ist dabei der zentrale Begriff: Wie sehr sich Veranstalter, Vortragende und Besucher als Community sehen, in der jeder jeden lieb hat, zeigte sich in der Award-Verleihung am Abschlussabend, die im prall gefüllten Urban Spree stattfand. Neben dem heuer bis zur Ermüdung vollgestopften Tagungsprogramm liegt in dieser demonstrativen, fast zu harmonischen Symbiose aller Teilnehmer ein weiterer kleiner Kritikpunkt, der allerdings die Freude an einer gelungenen dritten Auflage nicht trüben soll.

Amazing Games

Zum ersten Mal wurden heuer Awards in mehreren Kategorien verliehen, die im folgenden kurz vorgestellt werden sollen - dass im Bewerb neben sympathisch obskuren Skurrilitäten auch kommerziell höchst erfolgreiche Indie-Schwergewichte wie "The Stanley Parable" zur Wahl standen, überraschte dann fast mehr als die Wahl der Gewinner.

Amaze Festival

Choosatron

Audience Award: "Choosatron Deluxe Adventure Matrix"

Ein kleiner mechanischer Preisrollendrucker, eine Platine, vier Knöpfe und ganz schön viele Entscheidungen machten das Kuriosum des US-Bastlers Jerry Belich zum Publikumsliebling. Klassisch per Münzeinwurf zu starten, stellt einen die kleine Maschine per Ausdruck auf Endlosrechnungspapier vor knifflige Entscheidungen, die wir per Tastendruck beantworten. Am Ende unseres jeweiligen Abenteuers bleibt einem die gesamte mehr oder weniger dramatisch ausgefallene Geschichte als Souvenir per Abriss zum Mitnehmen - ein originell analoges Spielerlebnis, das dank Kickstarter-Erfolg bald an Abenteuerbastler weltweit ausgeliefert wird.

AMAZE Festival

http://indiestatik.com/wp-content/uploads/2013/10/wat.jpg

WTF Award: "Fjords"

Im 2D-Puzzle-Platformer mit minimalistischer Grafik steht man so lange vor unlösbaren Problemen, bis man beginnt, per Glitches, Hacks und Zweckentfremdung das Spiel selbst subversiv zu unterwandern. "Fjords" erklärt wenig, bleibt stets überraschend und herausfordernd - der "WTF"-Award ist ehrlich verdient.

AMAZE Festival

nidhogg

Human human Machine Interface Award: "Nidhogg"

Das Local-Multiplayer-Spiel, in dem man einander solange mit Floretten bekämpft, bis der glückliche Gewinner von einem riesigen Wurm gefressen wird, war als fixer Besucher auf so gut wie allen Indie-Festivals der letzten Jahre sozusagen der ewige Mundpropaganda-Geiheimtipp. Nun, endlich releast, hat das rasant-absurde Duellspiel auch auf der A MAZE eine Trophäe entgegengenommen. Kleiner Wermutstropfen: Auch das fantastisch lustige "ROFLPillar" hätte den Award verdient gehabt. Wo sonst windet man sich wie eine Seidenraupe im hitzigen Kampf gegen seine Mitspieler am Boden herum?

AMAZE Festival

perfect Woman

Most Amazing Game Award: "Perfect Woman"

Lea Schönfelders Xbox-Kinect-Spiel war schon letztes Jahr unfertig zu Gast auf der A MAZE, heuer nimmt der IGF-Finalist den Award als "most amazing game" entgegen: Im Lebenslauf einer durchschnittlichen Frau sind die Spieler vom Baby- bis zum Greisinnenalter zu körperlich immer anstrengender werdenden Verrenkungen gezwungen.

Nach "Proteus" und "SpaceTeam", den Gewinnern der Jahre 2012 und 2013, geht der Award des größten europäischen Indie-Festivals wieder an ein Spiel, das abseits altbekannter Konzepte Innovation und das Außergewöhnliche verkörpert. Egal, wie groß "Indie" als Phänomen oder auch als Geschäft inzwischen geworden ist: Der A MAZE geht es sichtlich auch trotz eigener Größenverdoppelung weiterhin ums Experiment - und das ist gut so.