Erstellt am: 18. 3. 2014 - 06:00 Uhr

Nette Leute überall und nur strahlende Gesichter

"South Park - Der Stab der Wahrheit" erscheint in Österreich später als erwartet und nur als geschnittene Version. Ob das Game dennoch was taugt?

Zugegeben, es ist nicht das erste Spiel, das den Namen South Park trägt. Aber anders als bei den lahmen und teils grottenschlechten Lizenzspiel-Vorgängern haben bei "South Park - Der Stab der Wahrheit" die South Park-Erfinder Trey Parker und Matt Stone von Anfang an mitgearbeitet. Deren Ziel war es, ein Game zu entwickeln, bei dem man sich wirklich als Teil der South Park TV-Serie fühlt. Und diesen Gedanken haben die Entwickler auch konsequent durchgezogen:

Ganze drei Folgen haben Matt Stone und Trey Parker in der aktuellen 17. Staffel der TV-Serie der Vorgeschichte des Spiels gewidmet. In der Serie schlüpfen Eric Cartman, Stan, Kenny, Butters und Kyle in mittelalterliche Rollen: Der Kampf Menschen gegen Elfen wird ausgerufen. Sie verkleiden sich mit dem, was sie im Schrank der Eltern finden, und spielen „Mittelalter”, ein sogenanntes Live Action Roleplay (LARP) und eine Parodie auf „Game of Thrones". Der Gewinner entscheidet, welche Next-Gen-Spielekonsole die bessere ist: Die XBox One oder die Playstation 4. Zum Ende des Dreiteilers wird das Spiel „South Park - Der Stab der Wahrheit” in Erics Händen gezeigt.

South Park / Ubisoft

Gameplay

In ebenjenem Setting wird auch das Spiel „South Park - Der Stab der Wahrheit” fortgesetzt. Ihr spielt den neuen Buben, der mit seiner Familie gerade erst nach South Park gezogen ist. Wie die Eltern bereits in den ersten Sekunden des Spiels andeuten: mit euch stimmt etwas nicht. Deshalb auch der Umzug. In der neuen Stadt soll alles besser werden. Ab sofort lautet eure Aufgabe neue Freunde zu finden, Facebook-Anfragen zu sammeln und so in der neuen Stadt populär zu werden. Dabei trefft ihr zunächst auf Paladin Butters und den Großmagier und König Eric Cartman, der euch das Kämpfen im rundenbasierten RPG beibringt. Euer Ziel: Den Stab der Wahrheit, einen simplen Holzstock, zu beschützen, mit dem das Universum regiert wird.

Das Kampfsystem scheint auf den ersten Blick sehr komplex und strategisch zu sein. Ihr findet im Verlauf des Spiels diverse Nah- und Fernkampfwaffen, die jeweils spezielle Eigenschaften aufweisen, wie zum Beispiel einen Heiligen-Schaden. Zusätzlich könnt ihr die Waffen mit sogenannten Stickern versehen und ihnen Zusatz-Eigenschaften verpassen (z.B. Feuerschaden, Kälte, Blitz, Bluten, Angewidert sein). Auch eure Rüstung könnt ihr mit diesen Stickern aufwerten.

So gibt es Gegner, die zum Beispiel immun gegen Feuerattacken sind, aber denen eine Blitz-Attacke die Hälfte der Lebensenergie abzieht. Zu den Nah- und Fernkampfangriffen gibt es auch noch Powerattacken. Das sind schön animierte, witzige und vor allem mächtige Angriffe auf einen oder mehrere Gegner, bei denen ihr Machtpunkte verbraucht. Und als ob das nicht genug wäre, könnt ihr auch noch Furzmagie verwenden - eine Anspielung auf Skyrim - das Mana verbraucht und brennende Gegner explodieren lässt. Klingt nach langwierigem Herumprobieren und Rumtüfteln, ist es aber nicht. Einerseits könnt ihr die Schwächen und Stärken eurer Gegner während des Kampfs analysieren und so eure Taktik wählen. Anderseits seid ihr sehr schnell aufgelevelt und overpowered. Die Kämpfe stellen im Normalfall keine große Herausforderung dar, zumal ihr euch zu Beginn jeder Runde heilen könnt.

South Park / Ubisoft

Ihr könnt zwischen vier Klassen wählen: Kämpfer, Magier, Dieb und Jude. Die Wahl der Klassen beeinflusst aber nur eure Powerattacken. Im Kampf selbst spielt weniger Taktik eine Rolle, als das Timing. Klickt ihr zu spät oder die falsche Taste, habt ihr die Powerattacke versemmelt oder den Gegenangriff nicht geblockt und bekommt Lebensenergie abgezogen. Im Verlauf des Games kämpft ihr entweder gegen die South Park-Figuren oder mit ihnen. Butters, Stan, Kenny, Kyle, Eric und Jimmy stehen euch als Begleiter während der Kämpfe bei. Manchmal braucht ihr ihre Spezialfähigkeiten auch, um im Spiel weiterzukommen.

Humor

Fast wichtiger als die Kämpfe und das Gameplay ist der Humor des Spiels. Und der ist South Park-typisch derb und alles andere als politisch korrekt. Da wird sich darüber lustig gemacht, dass Kenny lieber eine Prinzessin spielen will, der neue Bub wird generell nur mit Saftsack / Douchebag angesprochen und versucht man, mit Cartmans Mama zu reden, erwidert Eric „Don´t talk to her, she´s not part of the game”. Ihr könnt Gegner mit Kot bewerfen, und sie so zum speiben bringen und ihnen pro Runde Lebensenergie absaugen. Außerdem findet ihr im ganzen Spiel verschiedene Waffen und Ausrüstungsgegenstände, im Schlafzimmer von Eric Cartmans Mom zum Beispiel einen Vibrator, den ihr als Waffe verwenden könnt oder eine Unterhose, die euch als Helm dient. Und auch die bereits erwähnte Furzmagie ist ein wichtiger Teil des Spiels. Das Spiel geht souverän und selbstreferenziell mit sich um und bewertet und kommentiert das Spielgeschehen, die das Game zu einer der besten Spiele-Umsetzungen einer TV-Serie macht.

Das Spiel ist mehr als nur reiner Fanservice. Aber wer mit der TV Serie nicht klarkommt, wird auch an "South Park - Der Stab der Wahrheit" keine Freude haben. Man fühlt sich, als wäre man in einer extralangen Folge der TV-Serie, mit allen seinen Konsequenzen: Schimpftiraden und schwarzer Humor, bei dem niemand verschont wird. Dazu kommt ein hervorragender, stimmungsvoller Soundtrack, der auch den ein oder anderen Lag im Spiel vergessen lässt.

South Park / Ubisoft

Mit allen Nebenmissionen erwarten euch etwa 15 Stunden Spielspaß. Danach wird das Spiel aber langweilig: Alle Gegner sind verschwunden, die Interaktionsmöglichkeiten mit anderen South Park-Charakteren sind sehr eingeschränkt, sprich: Die Lust, das Spiel weiter oder nochmals zu spielen ist gering.

Das Hick-Hack um den Cut

Eigentlich sollte das South Park-Spiel bereits in der ersten Märzwoche bei uns erscheinen - nun aber überarbeitet der Publisher Ubisoft das Game noch einmal und streicht einige Szenen des Spiels. Neuer Veröffentlichungstermin in Deutschland und Österreich ist der 27. März. Und die Fans im Netz toben und werfen Ubisoft „Zensur" vor. Doch was ist wirklich passiert?

Der Releasetermin von "South Park - Der Stab der Wahrheit" wurde schon mehrfach verschoben. Stone und Parker haben bereits Ende 2009 mit Obsidian ein erstes Konzept für das RPG erarbeitet. 2011 wurde mit THQ schließlich ein erfahrener US-amerikanischer Publisher ins Projekt eingeweiht. Im Dezember 2012 musste THQ allerdings Insolvenz anmelden. Die Rechte an dem Spiel wurden für 3,2 Millionen US-Dollar von Ubisoft gekauft, der zuvor angekündigte Veröffentlichungstermin auf Ende 2013 verschoben. Im Oktober wurde der Start des Spiels dann noch einmal auf den 6. März verschoben. Doch auch dieser Termin konnte in Deutschland und Österreich nicht eingehalten werden.

Der Grund: Im Verlauf des Spiel werden Nazi-Zombies bekämpft, die Armbinden mit Hakenkreuzen tragen. Das Zeigen verfassungswidriger Symbole ist in Deutschland und Österreich verboten. Das Spiel muss also erst überarbeitet werden, bevor es Ende März bei uns erscheinen kann. Sprachen die Nazi-Zombies zuvor Fetzen von Originalaufnahmen von Adolf-Hitler-Reden, sprechen sie nun einfach nur noch deutsches Kauderwelsch.

Außerdem hat Ubisoft auch zwei Mini-Games gestrichen - allerdings nur für die Konsolen, nicht für die PC-Variante. In den Mini-Spielen geht es darum, Aliens daran zu hindern, eine Analsonde anzubringen und bei Stans Vater eine Abtreibung vorzunehmen. Das klingt absurd und hart, ist aber auch nicht heftiger als andere Szenen des Spiels. Schließlich sprechen wir immer noch von South Park, das nicht gerade für seinen Fotorealismus bekannt ist, sondern für sehr sehr simple 2D-Grafiken. Die gestrichenen Szenen könnt ihr übrigens hier ansehen.

South Park / Ubisoft

Die Mini-Games hat Ubisoft scheinbar ohne Grund gestrichen. Obwohl die statt der Spielszenen gezeigten Schaubilder die EU-Rechtslage fürs Streichen verantwortlich machen, gibt es keine Regelung, die die South-Park-Minigames verbietet. Selbst in Deutschland, wo mit der USK strenge Regelungen im Bereich Jugendgefährdung/Jugendschutz herrschen und Games auch auf den Index landen und eingezogen werden können, spricht wenig gegen die Mini-Games.

Herbert Rosenstingl leitet die Abteilung Jugendpolitik im Bundesministerium für Familien und Jugend. Er kann sich vorstellen, dass die Maßnahme reines Marketing sei. Einerseits sichere sich Ubisoft so etwas ab, weil Konsolengeräte meist im Wohnzimmer stehen und dort doch mehr Kinder zuschauen, andererseits werde so der Hype im Netz noch zusätzlich angefacht. Ganz nach dem Motto: Any PR is good PR.

Im deutschsprachigen Markt gibt es zwei relevante Bewertungssysteme, ob ein Spiel jugendgefährdend ist und welche Altersempfehlung es bekommt: einerseits die bereits erwähnte USK, die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle aus Deutschland, andererseits die europäische PEGI, die Pan European Game Information. In Österreich ist der Jugendschutz Ländersache - somit gibt es für Spiele auch neun unterschiedliche Regelungen. In Wien müssen Spiele eine PEGI-Bewertung vorweisen. Das South Park Spiel wurde von der PEGI ab 18 Jahren eingestuft, auch die USK hat die PC-Variante des Games kurzzeitig mit 18 bewertet, im Zuge des Rereleases die Bewertung allerdings noch einmal zurückgezogen. Die Einschätzungen der USK / der PEGI haben auch Auswirkungen auf den Verkauf des Spiels, zum Beispiel wer das Spiel erwerben darf und ob es offen promotet werden darf oder unter der Ladentheke verkauft werden muss. Dass ein Comic-Spiel eine PEGI 18-Einstufung erhält, ist auch für Herbert Rosenstingl ungewöhnlich.

South Park / Ubisoft

Gerne hätte ich über Ubisofts Beweggründe gesprochen, warum sie die angesprochenen Szenen gestrichen haben. Hat Ubisoft nicht gewusst, dass das Zeigen verfassungswidriger Symbole in Deutschland und Österreich strafbar ist? Oder ist ihnen ein Fehler unterlaufen? Und wurden die Mini-Games nur aus Marketinggründen aus dem Spiel genommen, um den Hype um das South Park Game noch stärker anzufeuern? Oder zielt man bei den Konsolen auf eine USK16-Bewertung ab, um jüngere SpielerInnen zu gewinnen, wie hier bereits berichtet wird. Bis Redaktionsschluss gab es von Ubisoft hierzu leider keine Antwort.