Standort: fm4.ORF.at / Meldung: ""Vulgärmarxismus""

Robert Zikmund

Wirtschaft und Politik

3. 3. 2014 - 15:13

"Vulgärmarxismus"

Harald Vilimsky, der Spitzenkandidat der FPÖ bei der EU-Wahl, im Interview. Und Eric Frey von der Tageszeitung "Der Standard" analysiert seine EU-wirtschaftspolitischen Antworten.

fm4.ORF.at/euwahl

Alle Geschichten zur Wahl des Europa-Parlaments am 25. Mai 2014.

Ende Mai finden die EU-Wahlen statt - und auch wenn das Interesse geringer ist, als etwa jenes an der letzten Nationalratswahl, kann man den wirtschaftlichen Impact dieser Wahl wohl kaum vernachlässigen.

In diesem Zuge werde ich in den Wochen vor der Wahl die einzelnen Spitzenkandidaten der (im österreichischen Nationalrat vertretenen) Parlamentsparteien auf ihre wirtschaftspolitischen Positionen abklopfen. Den Anfang macht heute:

Harald Vilimsky, FPÖ

Gerade die FPÖ ist ja jene Partei, die der EU in ihrer aktuellen Form sehr skeptisch gegenübersteht, das gilt natürlich auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Vom Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) bis hin zur Arbeitsmarktöffnung haben die Freiheitlichen diesen Entwurf von Europa oft und scharf kritisiert und dabei auch nicht selten Teile des Boulevards und der gefühlten Stammtischmeinung hinter sich.

Harald Vilimsky, FPÖ

APA/HERBERT PFARRHOFER

Harald Vilimsky, FPÖ

Gegen den Brüsseler Unionszentralismus

Die SpitzenkandidatInnen im Interview

Meine erste Frage an den FPÖ-Spitzenkandidaten bezog sich auf die grundlegenden Kritikpunkte an der EU. Vilimsky meint dazu, dass die meisten Menschen wohl diese gewisse Bürokratisierung (Stichwort: Duschkopf-Normen) stört, die ja eben auch im Boulevard oft gescholten wird. Der Hintergrund ist aber für ihn ein anderer:

Harald Vilimsky: "Das jetzige System der europäischen Union dient vor allem den Konzern- und Großunternehmensstrukturen, aber nicht mehr den Menschen. Wir sehen das etwa bei der Entwertung unserer Währung, dem Verlust von Kaufkraft und der immer stärkeren Entfernung der Entscheidungen von dem, was tatsächlich passiert. Es ist auch nicht mehr die Bevölkerung, die maßgeblich ist, sondern es gibt undurchsichtige Strukturen; Stichwort: Lobbyismus und Kommission."

Der journalistische Doppel-Check Teil 1

Um nicht selbst Bewertungen treffen zu müssen, lasse ich für diese Serie renommierte Kollegen und Kolleginnen die Antworten einordnen. An dieser Stelle macht dies für die FPÖ Eric Frey von der Tageszeitung "Der Standard". Sein Kommentar zu dieser Aussage:

Eric Frey: "Vilimsky verwendet hier eine Art vulgär-marxistisches Argument, indem er behauptet, in Europa wird alles von den Konzernen bestimmt. Dass Konzerne auch einen Einfluss haben stimmt, dass es Lobbys gibt stimmt auch. Aber es gibt auch ganz andere Kräfte, etwa Konsumentenschützer oder demokratische Parteien, die auch hier dagegen halten. Was in der EU hinsichtlich Wirtschaftspolitik geschieht, ist nicht nur für Konzerne, sondern sehr wohl auch für Wirtschaftswachstum, Arbeitsplätze und damit für die kleinen Leute von Vorteil. Die Beispiele, die Harald Vilimksy bringt, wo er sagt, die Währung verfällt - das ist Unsinn. Der Euro verfällt nicht, sondern ist eher gestiegen und Inflation haben wir in den letzten Jahren fast keine gesehen. Wenn, dann gibt es ein Problem mit Deflation (also sinkenden Preisen, Anm.)."

Keine Inflation?

Dass die Inflation tatsächlich viel höher sei, als die offiziell verlautbarten Zahlen, ist ein oft gehörtes Argument. Auch Harald Vilimksy argumentiert in Bezug auf die Teuerung, die wir täglich spüren, ähnlich:

Harald Vilimksy: "Wir haben eine offiziell ausgewiesene Inflation, die statistisch herunter getrickst wurde. Wenn man den Mini-Warenkorb (Güter des täglichen Bedarfs, Anm.) heranzieht, haben wir ja teilweise sogar offiziell ausgewiesene Quoten von sieben bis acht Prozent. Und ich sage einmal - der Flachbildschirm und der VW-Golf ist mit Sicherheit nicht im täglichen Einkaufskorb der Menschen. Jene maßgeblichen Dinge wie Nahrung, Energie, Medikamente - da müsste eine Entlastung stattfinden, aber da haben wir eine sehr hohe Inflation. Wir alle sehen das an den monatlichen Rechnungen."

Doppel-Check Teil 2

Eric Frey dazu: "Die Behauptung, dass bei der Inflation getrickst wird und diese Zahlen nicht stimmen, ist eine Verschwörungstheorie, die man immer wieder hört. Sie stimmt einfach nicht. Hier sind Statistiker am Werk, die genau wissen, was sie tun. Es gibt Zeiten, wo die Produkte des Alltags wirklich stärker steigen, derzeit erleben wir aber, dass etwa die Energiepreise nicht mehr steigen. Aber, wenn die Autopreise beispielsweise fallen, spürt man das zwar nicht täglich, aber alle paar Jahre sehr wohl, wenn man ein neues Auto kauft."

Nächste Woche:

Grünen-Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek und der Kommentar eines Kollegen der Tageszeitung "Die Presse"

Ich habe mit Harald Vilimsky natürlich auch noch mehr Wirtschaftsthemen als die obigen angesprochen, etwa den Umstand, dass die FPÖ sich ja ein "Zurück zu einem mit Gold gedeckten Schilling" vorstellen kann. Eric Frey ist übrigens der Meinung, dass ein Goldstandard so gar nicht zum Bild der FPÖ als "Partei des kleinen Mannes" passt - da dieses "zurück zum Goldstandard" dramatische Lohnsenkungen (wie im 19. Jahrhundert) für die Menschen bedeuten würde und aus gutem Grund vor mehr als vierzig Jahren aufgegeben wurde.

Das ganze Interview zum Nachhören

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar