Erstellt am: 1. 5. 2014 - 13:57 Uhr
"Ich bin eher marktgläubig"
fm4.ORF.at/euwahl
Alle Geschichten zur Wahl des Europa-Parlaments am 25. Mai 2014.
Ende Mai finden die EU-Wahlen statt - und auch wenn das Interesse geringer ist, als etwa jenes an der letzten Nationalratswahl, kann man den wirtschaftlichen Impact dieser Wahl wohl kaum vernachlässigen.
In den Wochen vor der Wahl werde ich die Spitzenkandidaten der (im österreichischen Nationalrat vertretenen) Parlamentsparteien auf ihre wirtschaftspolitischen Positionen abklopfen. Heute:
Angelika Mlinar, NEOS
Es scheint, als könnten die NEOS derzeit kaum etwas falsch machen. Letzten Herbst zogen sie aus dem Stand in den Nationalrat ein, und nun, bei den EU-Wahlen, kämpfen sie mit den Grünen um Platz 4. Allerdings wird auch manchmal kritisiert, dass nicht immer allen ganz klar ist wofür die Partei steht. Sie fischen in einem ähnlich urbanen Wählerteich wie etwa die Grünen, die größten Unterschiede gibt es wohl, was ihren Zugang zur Wirtschaft betrifft. Eine meiner ersten Frage an Frau Mlinar war daher auch, wo sie sich und ihre Partei denn ideengeschichtlich verortet:
APA/GEORG HOCHMUTH
Die SpitzenkandidatInnen im Interview
- Harald Vilimsky, FPÖ: "Es gibt undurchsichtige Strukturen"
- Ulrike Lunacek, Grüne: "In Krisenzeiten nicht am Sozialen sparen"
- Eugen Freund, SPÖ: "Am meisten leiden die Arbeitnehmer"
- Angelika Mlinar, NEOS: "Ich bin eher marktgläubig"
- Othmar Karas, ÖVP: "Verfechter der ökosozialen Martkwirtschaft"
Angelika Mlinar: Wir sind ziemlich klare Ordoliberale, ganz allgemein betrachtet. Für uns hat der Staat drei Kerngebiete: Um Chancengerechtigkeit bemüht zu sein, da geht es vor allem um Bildung. Die Rechtsstaatlichkeit zu garantieren, also das Justizsystem. Und auch die Sicherheit ist eine Kernaufgabe des Staates. Und so ordnen wir uns auch ein.
Zwischenfrage: Glauben Sie eigentlich, dass Märkte von sich aus dazu tendieren, Monopole zu bilden, und man deshalb als Staat hier gegensteuern muss?
Mlinar: Ich glaube nicht, dass der Markt dazu tendiert, Monopole zu bilden. Ich bin eher marktgläubig, was das betrifft. Ich glaube eher, dass der Staat ein schlechter Akteur am Markt ist.
Gegencheck Teil 1, Robert Misik
An dieser Stelle kommentiert Robert Misik die wirtschaftspolitischen EU-Agenden der NEOS-Spitzenkandidatin. Sein Kommentar zu dieser Aussage:
Zu behaupten, man wäre gleichzeitig ordoliberal und marktgläubig, ist zynisch gesagt schon eine intellektuelle Meisterleistung. Die klassischen Ordoliberalen hätten, insbesondere in unserer Zeit, durchaus wahrgenommen, dass es so etwas wie eine Marktwirtschaft, die zu einem freien Spiel der Kräfte führt, nicht gibt, sondern dass die in Wirklichkeit zu einer Machtwirtschaft geworden ist. Wo eben starke Akteure ihre Ziele durchsetzen können und schwache Akteure ihre Interessen nicht so leicht durchsetzen können. Die Ordoliberalen hätten da wohl dagegen gearbeitet und gesagt - okay, da braucht es einen Staat, der dafür sorgt, dass es so etwas wie ein "Level Playing Field" gibt.
Wie viel Regeln braucht die EU?
Angelika Mlinar: Wir brauchen weniger Regeln, aber die die wir haben, sollen gefälligst eingehalten werden. Außerdem brauchen wir ein Umfeld, das wieder unternehmerfreundlicher ist. Das ist einer unserer Hauptaspekte, wir brauchen ein unternehmerisches Europa. Und um das etablieren zu können, brauchst du eben klare Regeln, wenig Regeln und einen Grundoptimismus. Dieser Grundoptimismus ist eigentlich das, was uns am allermeisten fehlt.
Gegencheck Teil 2, Robert Misik
Robert Misik zu dieser Aussage:
Das sind im wesentlichen Sprachhülsen, insbesondere wenn es um Optimismus geht. Optimistisch bin ich gerne, die Frage ist nur wofür. Im Hinblick auf Wirtschaftsfreundlichkeit, die sich in den letzten Jahren dargestellt als "Steuern runter für Unternehmen, nur die normalen Leute sollen Steuern zahlen, oder Rettung von Banken wenn sie systemrelevant sind, wo wieder nur die normalen Leute zahlen" - muss ich sagen: Die macht mich eher pessimistisch.
Das komplette Interview mit Angelika Mlinar zum Anhören
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