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Rainer Sigl

Spiel, Kultur, Pop im Assoziationsblaster.

19. 2. 2014 - 15:54

FM4 Extraleben: Hype

Hypes und Videospiele sind seit jeher eng miteinander verwoben. Das FM4-Games-Kränzchen blickt unaufgeregt auf ein Phänomen.

FM4 Extraleben

Conny Lee, Rainer Sigl und Robert Glashüttner sprechen über Computerspiele und Hype. Am Mittwoch, den 19. Februar 2014 in der FM4 Homebase und danach für sieben Tage on Demand.

Wann ist ein Hype ein Hype? Hat es etwas mit Erfolg zu tun? Mit Zufällen? Oder doch eher mit überdurchschnittlich großen Marketingbudgets? Und wo liegen die Grenzen zwischen Enthusiasmus, Hype und Hysterie? So ganz leicht ist das mit der Definition von Hype gar nicht. Ein Hype, so klärt uns Wikipedia auf, ist eine "meist kurzlebige, in den Massenmedien aufgebauschte oder übertriebene Nachricht, die gezielt von Interessenträgern zur Werbung für bestimmte Ideen, Personen oder Produkte lanciert wurde". Das kommt uns als Computerspielerinnen und -spielern sicher bekannt vor - doch es gibt natürlich auch andere Hypes als jene, die lanciert wurden. Die ergeben sich dann wie Naturereignisse ganz automatisch.

Vom Hype zur Hexenjagd

Anlass für das Thema des Monats ist ein Spiel, von dem unter Umständen sogar so manche Oma etwas gehört hat, wenn sie ihm nicht gar verfallen ist: An "Flappy Bird" ist man in den letzten Wochen kaum ein vorbeigekommen. Das kleine, zugegebenermaßen simple, hässliche und eigentlich gar nicht besonders gute Geschicklichkeitsspiel für Android und iOS ist mit 50 Millionen Downloads und 47.000 Reviews im App-Store ein weltweites Phänomen.

Und "Flappy Bird" zeigt noch etwas auf: Nach all der hysterischen Begeisterung kann ein Medienhype wie jener um das Spiel des Vietnamesen Dong Nguyen auch ganz schnell kippen. Denn mit dem sensationellen Erfolg kamen verlässlich die Neider und Skeptiker. Das Spiel sei schlecht, die Grafik von Nintendo gestohlen und möglicherweise, so munkelten manche, habe der junge Vietnamese mit bösen Botnetzen seine Platzierung im App-Store künstlich nach oben gepusht und nur so die unglaublichen 50.000 US-Dollar Werbeeinnahmen täglich möglich gemacht.

Anfang Februar erreichten Hype und Hexenjagd ihren Höhepunkt - und Dong Nguyen wurde das Drama zu viel: Sang- und klanglos ließ er nach kurzer Vorwarnung "Flappy Bird" aus den App-Stores verschwinden. Dass Smartphones mit dem nun raren, süchtig machenden Minispielchen auf eBay um absurde Summen bis zu mehreren tausend Dollar ihre Abnehmer finden und "Flappy Bird"-Klone die App-Stores überschwemmen, ist da quasi der letzte Akt im Hypedrama um den fetten Vogel.

Duke Nukem Forever

Gearbox

When Hypes Go Wrong: Der Duke war auch mit Werbemillionen nicht zu retten

Hypemaschine Gamesbranche

Dass die Spielebranche gerne ihre Produkte selber zum Hype macht, ist so bekannt wie problematisch. Während über Previews, Mitternachtsverkäufen und bombastischen Messeevents mit viel Nebel und Theaterdonner versucht wird, den allzu kritischen Blick auf die Produkte unmöglich zu machen, haben Social-Media-Spiele wie "Farmville" - auch so ein Hype aus der jüngeren Vergangenheit - die Hypemaschinerie dank Verankerung auf Facebook und Aufforderung, seine Freunde zuzuspammen, gleich fest im Spieldesign verdrahtet.

Doch nicht immer klappt es so, wie die Branche und ihre PR-Masterminds sich das vorstellen: Große Flops wie "Duke Nukem Forever", "Daikatana" oder, historisch und besonders desaströs, jener um das Spiel zum Spielberg-Megablockbuster "ET - Der Außerirdische" im fernen Jahr 1983 haben ihre Hersteller, aber im letzten Fall auch die halbe Branche an den Abgrund gebracht.

Und dass mediale Hypes um Spiele beileibe nicht immer positiv sein müssen, zeigen die immer wieder aufbrandenden hysterischen Diskussionen um "Killerspiele" ebenso, wie die Aufgeregtheit um die "Hot Coffee Mod" für "GTA San Andreas" - obwohl: Die 20 Millionen US-Dollar, die Publisher Take Two für das in "GTA" versteckte anrüchige Sex-Minispielchen an diversen Gerichtsstrafen berappen musste, verblassen angesichts der 27 Millionen verkauften Exemplare. Any publicity, so weiß man immerhin, is good publicity.

Moorhuhnjagd

Phenomedia

Die Extraleben-Vogel-Hype-Hypothese: 1. Make game 2. Add fat birds. 3. ??? 4. Profit!

Don't believe the hype! Oder doch?

Hypes, so könnte man enden, haben in unserer massenmedialen Aufmerksamkeitsökonomie ihren festen Platz - und in der Welt der Computerspiele, mit ihrer technischen Vernetzung, ihren leicht erregbaren Fans und milliardenschweren Marketingbudgets, vielleicht noch etwas mehr als anderswo. Dass es zu einem handfesten Hype, der seinen Nutznießern Millionen einbringt, in diesem Medium verdächtig oft kleine, fette Vögelchen als Zutat braucht - von "Moorhuhn" über "Angry Birds" und "Tiny Wings" bis hin zu "Flappy Bird" - ist allerdings bislang nur eine Theorie. Nennen wir sie doch die "Extraleben-Vogel-Hype-Hypothese".

FM4 Extraleben, Ausgabe 5: Hype

Conny Lee, Robert Glashüttner und ich sprechen über Computerspiele und Hype. Am Mittwoch, den 19. Februar 2014 von 21 bis 22 Uhr - und danach für 7 Tage on Demand.

FM4 Extraleben: Hype