Erstellt am: 17. 2. 2014 - 14:35 Uhr
Ce sont des fauves
Artist Of The Week
Musikempfehlungen der FM4-Redaktion
Starke Farben und scheinbar ungestüm hingeworfene Pinselstriche waren die Kennzeichen der Fauves, einer Künstlerbewegung rund um Henri Matisse, die kurz nach der Jahrhundertwende von Paris ausgehend für einigen Aufruhr in der Kunstszene sorgten. Der Fauvismus wurde nach nur zwei Jahren zunehmend von Expressionismus und Moderne abgelöst und gilt zumindest ein bisschen als Wegbereiter für beide Stilrichtungen. Wenn die britischen Musiker Hayden Thorpe und Ben Little ihre Band bei der Gründung 2002 also Fauve nennen, um sich später in dessen englische Entsprechung Wild Beasts umzubenennen, zeugt das von einigem Selbstbewusstsein. Der schnell aus der Hüfte geschossene Entwurf ist allerdings gar nicht ihre Sache, denn Wild Beasts-Songs sind immer sorgfältig konstruierte Gebilde aus einzelnen Produktions-Schichten und mehrfacher, inhaltlicher wie formaler Brechung.
Klaus Thymann/Domino
Vor allem ist da Hayden Thorpes charakteristische Falsettstimme, die in Zusammenhang mit den Wild Beasts immer und zu Recht Erwähnung findet und besonders schön im Kontrast und Wechselspiel mit Bandkollegen Tom Flemings sonorem Gesang zur Geltung kommt. So elegant-kühl Thorpe seine Melodien auch singt - es sind kleine Ohrwürmer, die beim zweiten oder dritten Hören greifen - so überraschend ist es dann vielleicht doch, dass es in den Texten oft einmal, wenn auch nicht auf eine offensiv-explizite Art, vor allem auf dem neuen Album "Present Tense" in Tracks wie "Sweet Spot" um Sex geht.
Between lust and the tell of song
Between the flesh and the fondest wrong
There is a gardless state
Where the real and the dream may consummate
Domino/Wild Beasts
Auch die Tracks auf "Present Tense", dem vierten Album des Quartetts mit Erscheinungstermin kommende Woche, sind in bester Wild Beasts-Manier Amalgame aus Indie und Pop, kleine elektronische Flechtwerke, die Synthesizer-Schlieren mit afro-poppigen Rhythmen verbinden. Nie um theatralische Gesten verlegen, sind die Songs entweder mit Ideen und Wendungen vollgepackte Wunderkisten ("Wanderlust") oder minimalistische Balladen, in denen der Gesang allein von Schlagzeug und ein einzelnen Synthesizer-Tropfen bepluckert wird ("Pregnant Pause").
Beiläufige Hintergrundmusik klingt jedenfalls anders, das bestätigt die Band auch im Interview und bezeichnet einen typischen Wild Beasts-Fan als aufmerksamen Hörer und Musikauskenner. Es sei der Spagat zwischen artyness und Pop-Welt, der sie interessiert. In Zusammenarbeit mit ihrem alten Bekannten, dem Toningenieur, Björk- wie Madonna-Kollaborateur Alex Dromgoole alias Lexxx ist mit "Present Tense" wieder ein Album entstanden, das die Wild Beasts als kunstsinnige Außenseiter der Popszene ins Spannungsfeld zwischen Festivalbühne und der Intimität von Satinbettwäsche, queerer Disco, Anti-Machismen und Pop-Mainstream alleine stellt. Das flächendeckend positive mediale Echo zur Platte gibt ihnen Recht.