Erstellt am: 8. 2. 2014 - 09:34 Uhr
Slopestyle is on!
Die Olympischen Spiele sind unbestreitbar der Saisonhöhepunkt für die meisten Snowboarder, auch wenn es einige Puristen nicht so sehen wollen. Doch allein der Fakt, dass alle Top-Contestfahrer zur Olympia-Premiere von Snowboard-Slopestyle antreten (mit Ausnahme von Shaun White, der seinen Start letztlich zurückgezogen hat), untermauert das. Jeder will seine paar Minuten im internationalen Rampenlicht haben.
Spannung von Anfang an
Die Snowboarder waren ja die einzigen Sotschi-Teilnehmer, die ihren Bewerb schon vor der offiziellen Eröffnung begonnen haben. Sie sind bereits am Donnerstag ihre Qualifikation gefahren, bei der zwar niemand ausscheiden konnte, aber acht Fahrer aus dem 30-köpfigen Feld konnten sich schon direkt für das Finale qualifizieren. Allerdings war dort oft nicht klar, wie die Judges die Runs bewerten. Einige große Namen blieben in der Qualifikation trotz guter Tricks auf der Strecke. Vor allem Mark McMorris konnte das Stadion nur kopfschüttelnd verlassen, nachdem er mit einem fast perfekten Run gespickt mit Triple Corks weit weg von einer direkten Qualifikation war. Und auch Sage Kotsenburg wurde aus seinen Bewertungen nicht richtig schlau: Seine abwechlungsreichen Tricks kamen anscheinend nicht so gut an, was ihm aber irgendwie auch egal war.
"I'd rather not conform to making the judges happy" - Me hahaha http://t.co/L7RdT5J7Xf
— sage kotsenburg (@sagekotsenburg) 6. Februar 2014
Keine Sicherheitsruns im Semifinale
Im Semifinale heute morgen mussten 22 Rider die letzten vier Finaltickets untereinander ausfahren. Bei der hohen Dichte an Spitzenfahrern im Slopestyle bedeutete das, dass schon im Semifinale jeder volles Risiko gehen musste. Die österreichischen Starter Mathias Weißenbacher und Clemens Schattschneider mussten dieses Risiko mit Stürzen bei den Rails bezahlen. Ihr Tag war es nicht. Dafür konnten andere groß auftrumpfen.
APA/EPA/JENS BUETTNER
Dem Briten Billy Morgan etwa scheint der Park in Rosa Khutor wirklich zu liegen. Bereits mit seinem ersten Run, bei dem er alles souverän steht - am Ende einen wunderschönen Triple Cork - setzt er sich in Führung. In seinem zweiten Run kommt dann das Schlitzohr in ihm durch, da er auch schon beim ersten, kleineren Kicker einen Triple Cork probiert - der hat im Finale noch was vor. Hinter ihm reiht sich Sage Kotsenburg ein, der wieder vor allem mit Style und Abwechslung glänzt. Double Corks mit Japan-Grab sind ja sein Signature-Trick, aber er punktet auch mit Double Grabs - Nose und Tail - in seinen Rotations, wo andere nur die einfacheren Mute- und Indie-Grabs zeigen. Sage sieht man an, dass er richtig Spaß hat.
APA/EPA/JENS BUETTNER
Beim Dritten im Semifinale, Mark McMorris, ist man sich da nicht so sicher. Vor den Spielen wurde er als fixer Medaillenkandidat gehandelt, aber hier will es nicht so richtig klappen. Er bejubelt zwar seine Runs - zwei Back-to-back Double Corks gefolgt von einem Triple - aber er bekommt nicht die Punkte dafür, die er sich erhofft. Die Judges scheinen straighte Rotations höher zu bewerten als Corks. Das lässt McMorris irgendwie hilflos erscheinen.
Die ersten drei Rider im Semifinale trennen nur 1,5 Punkte. Der Japaner Yuki Kadono kommt als Vierter noch mit ihnen ins Finale. Leichter wird's dort nicht. Alle, die im Finale stehen, haben die Möglichkeit und die Tricks, zu gewinnen.
Das große Finale - 1. Durchgang
Die Videos der Finalruns gibt es hier.
Hier gibt's jetzt erst recht kein Zurückhalten mehr. Wer eine Medaille will, muss Risiko nehmen. Mark McMorris startet nach der schwachen Quali schon als Zweiter und zeigt schon beim ersten Kicker einen Triple Cork, der allerdings so weit wird, dass er ihn kaum mehr landen kann. Das war's fürs Erste von ihm.
Sage Kotsenburg ist der Nächste und der hatte noch was in der Hinterhand. Triple Cork 1620 Japan - wenn's mich nicht täuscht - auf dem letzten Kicker, einen hohen 93er Score gibt's dafür. Das gibt jetzt noch mehr Druck für alle anderen.
APA/EPA/JENS BUETTNER
Schlag auf Schlag geht's jetzt und alle holen Triples raus, Jamie Nicholls passabel, die nächsten zappeln. Sven Thorgren reißt aus, zeigt nur straighte Jumps, dafür ganz groß - Switch 1260, 1080, BS 1440 - allerdings mit ein paar kleinen Unsicherheiten - der dritte Zwischenrang.
Es ist ganz großes Kino, was die Männer da zeigen. Peetu Piiroinen auch mit BS 1620ern, Staale Sandbech probiert gleich beim ersten Kicker einen Triple Underflip - kann ihn aber nicht landen. Maxence Parrot kann das im Anschluss, aber sein Triple auf der letzten Schanze geht sich nicht mehr aus - schade.
Nach dem 1. Durchgang führt Sage Kotsenburg vor Jamie Nicholls und Sven Thorgren. Das wird wohl nicht so bleiben.
Die letzte Chance - Durchgang 2
Im zweiten Durchgang macht Mark McMorris ernst. Feine Railsection, dann eine Triple-Doulbe-Triple-Combo. Er strahlt im Ziel, ist aber doch nur Zweiter. Das sind nicht die Spiele des Mark McMorris, das sind nicht seine Judges. Mit zwei Triple-Corks keine 90-Punkte-Wertung zu bekommen, kann auch ich nicht verstehen.
APA/EPA/JENS BUETTNER
Sage Kotsenburg kann dann nichts mehr drauflegen, außer Style halt. Double Tail Grabs beim Spinnen, irgendein seltsamer zweiter Grab zusätzlich zum Japan - das hat schon Klasse.
APA/EPA/SERGEY ILNITSKY
Schlitzohr Billy Morgan steht dann den Triple auf dem ersten Kicker sauber wie keiner davor, aber dann will's nciht mehr klappen. Für ihn gibt's keine Medaille, aber haufenweise Sympathiepunkte. Sein Landsmann Jamie Nicholls hingegen muss auf Zwischenrang drei zittern. Nach einer Unsicherheit auf den Rails macht er nur mehr Style-Tricks fürs Publikum - jetzt sitzt er auf dem Schleudersitz.
Doch um Jamie Nicholls vom Podium zu vertreiben muss mal einer einen Run stehen. Gjermund Braaten schafft das nicht und auch Seb Toots nicht. Dafür stompt Sven Thorgren seinen Lauf, beginnt mit einem Triple Cork, dann ein 1080 und zum Abschluss ein straighter BS 1440 und damit hat er Jamie Nicholls vom Podium verdrängt.
Peetu Piiroinen und Roope Tonteri gefährden niemand mehr am Podium. Aber dann kommt Staale Sandbech mit einer dominanten Railsession, back to back 1260s und einem Triple Cork zum Abschluss, nirgends auch nur ein Wackler. Staale taucht im Zielstadion in den Schnee, aber um Sage Kotsenburg abzufangen reicht es nicht ganz. Er ist Zweiter.
Oben steht nur mehr Max Parrot, der Dominator der letzten X-Games. Rodeo off vom Rail, Double Cork und zum Schluss ein Triple Cork 1620. Das ist aber zu wenig für's Podium.
Sage Kotsenburg, der lässigste Hegel im Feld, gewinnt die olympische Premiere von Slopestyle, darauf hätten nicht viele gewettet. Staale Sandbech holt Silber und Mark McMorris freut sich über Bronze.
APA/EPA/JENS BUETTNER