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Robert Glashüttner

Videospielkultur, digital geprägte Lebenswelten.

15. 10. 2013 - 17:57

"You no mess with Lo Wang!"

Das ehemals wenig beachtete "Shadow Warrior" ist neu aufgelegt worden. Der Schwertschwinger-Proll schnetzelt wieder und wähnt sich in einer Welle kruden Brachialhumors.

Für Teenager gibt es wenig Schöneres als One-Liner und blöde Sprüche, die man in allen möglichen und unmöglichen Situationen ablassen und dann gehörig darüber kichern kann. Filme eignen sich dafür gut, Soaps, aber natürlich auch Computerspiele. Wer in den mittleren 90er Jahren kurz vorm Erwachsen-Werden war, hat die Genese und gleichzeitig den ersten Höhenflug von First-Person-Shootern miterlebt.

Ein Bildschirmfoto aus dem Computerspiel "Shadow Warrior": der Protagonist schießt mit zwei Pistolen gleichzeitig auf einen Gegner.

3D Realms

Die Sprüche vom alten "Shadow Warrior" kann man sich auf einem Soundboard anhören.

Abseits der für damalige Verhältnisse schaurig-realistischen 3D-Kulissen der ersten Shooter, die als wunderbarer Eltern-Schocker funktioniert haben, ist vor allem "Duke Nukem 3D" (1996) auch als Sprücheklopfer aufgefallen. Durch seine dumpfbackigen, aber gleichzeitig auch von vielen - meistens jungen, männlichen Spielern - wonnevoll aufgenommenen Einzeilern hat sich der schon damals recht durchschnittliche Shooter für immer und ewig in den Erinnerungen vieler Gamer eingenistet. Ein Jahr später wollte Entwickler und Hersteller 3D Realms mit "Shadow Warrior" noch eins draufsetzen. An den Erfolg des Dukes konnte Protagonist Lo Wang trotz ähnlichen Humors nicht anknüpfen, die Legende ist - im kleinerem Rahmen - aber auch hier geblieben.

Lasst uns trotzdem rebooten

Im Fahrwasser der aktuellen Indie-Games-Welle, die ästhetisch auch immer mehr die Mainstream-Spieleindustrie beeinflusst, ist das originale "Shadow Warrior" vor kurzem digital wiederveröffentlicht worden. Kurze Zeit danach liegt das Spiel nun auch als komplett neues Game vor.

Kruder Humor

Es ist ja ein schöner Trick der Unterhaltungsindustrie, bekannte Namen und Serien irgendwann nicht mehr fortzusetzen, sondern komplett neu zu erfinden. Das hat den Vorteil, dass man zu einer bestehenden Geschichte nicht noch mehr Dinge dazu erfinden muss (und als Autor/in irgendwann selbst die ganzen Erzählstränge nicht mehr komplett durchschaut), sondern man startet einfach neu. Reboot heißt das dann, so in den letzten Jahren etwa mit "Star Trek" und "Tomb Raider" passiert.

Apropos "Saints Row 4": Wer das auf Steam und das neue "Shadow Warrior" besitzt, kann aus Lo Wangs Katana einen Riesendildo machen. Noch Fragen?

Die Entscheidung, "Shadow Warrior" zu rebooten, ist in Anbetracht des damals mäßigen kommerziellen Erfolges ungewöhnlich, passt aber inhaltlich in den kruden Brachialhumor, der in aktuellen Games wie "Grand Theft Auto V", "Saints Row 4" und auch - wenngleich etwas gebrochen - "Hotline Miami" durchexerziert wird. Abgesehen davon war ja auch das alte Vorbild Duke Nukem durch seinen 15 Jahre verspäteten zweiten Teil vor zwei Jahren stark in den Schlagzeilen.

Ein bisschen neu

Gewalt und Klamauk - das waren die Grundzutaten von "Shadow Warrior" aus 1997. Mit Schwert und blöden Sprüchen bewaffnet sind wir damals gegen Schläger, Mutanten, Geister und anderes Gesocks angetreten. 16 Jahre später reicht es natürlich nicht aus, einfach die Grafik schöner zu machen. Nun kann man auch sein Schwert und diverse Schusswaffen mit speziellen Fähigkeiten ausstatten, Heilkräfte erlernen und andere übersinnliche Fähigkeiten wie Telekinese erforschen. Ein boshafter Geist will uns zuerst tot sehen, entschließt sich aber dann, mit uns zu verschmelzen und uns fortan mit mäßig hilfreichen Tipps bei Kämpfen zu unterstützen.

Ein Bildschirmfoto aus dem Computerspiel "Shadow Warrior" (2013): der Protagonist attackiert mit seiner Katana ein Monster.

Flying Wild Hog, Devolver Digital

Kann das weg?

Die "Shadow Warrior"-Version von "Viscera Cleanup Detail" ist eine Modifikation des gleichnamigen Spiels, das im Original auf einer Raumstation spielt.

Neben geringfügigem grafischen und spielerischen Aufputz bleibt das neue "Shadow Warrior" dem Original fast zu treu. Lo Wang soll zwar immer noch ein prolliger Ninja-Verschnitt sein, sieht jetzt aber aus wie ein slicker Auftragskiller, der sich in einer hanebüchenen Geschichte voller magischer Schwerter, korrupter Clan-Mitglieder und verunstalteter Viecher durchschnetzelt. Die blöden Sprüche sind immer noch da, nun aber nicht länger in ein Klamauk-Setting eingebettet, sondern bloße Pose eines Möchtegern-Mackers mit dicker Lippe. Neben dem Hauptspiel gibt es ein bizarres Mini-Game namens "Viscera Cleanup Detail", wo man in die Rolle eines Putzmanns schlüpft und mit dem Mop das überall klebende Blut aus den früheren Massakern wegwischt, sowie Leichenteile entsorgt.

"Shadow Warrior", entwickelt von Flying Wild Hog im Vertrieb von Devolver Digital, ist für Windows als Download erschienen.

Wer als Teenager "Shadow Warrior" lustig gefunden hat und auch heute schmunzelt, wenn man es mal wieder sieht oder spielt, sei gewarnt: 16 Jahre später bleibt das Kichern und anschließende Sprüche-Zitieren aus. Nicht nur, weil man älter geworden und der Pubertät entwachsen ist, sondern auch, weil das neue "Shadow Warrior" den überdrehten Humor und die dummen Sprüche nicht mehr so hinbekommt, wie es dem Original gelungen ist. Vielleicht hätte man den ganzen Look des Spiels anders machen, stilisieren, abstrahieren sollen. Damals war die Grafik wegen der technischen Limitierung pixelig und hatte somit ihren eigenen Stil. Das Reboot von "Shadow Warrior" heute sieht aus wie ein 08/15-Shooter - und das ist es leider auch geworden.