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Philipp L'heritier

Ocean of Sound: Rauschen im Rechner, konkrete Beats, Kraut- und Rübenfolk, von Computerwelt nach Funky Town.

9. 10. 2013 - 17:49

Alle Enden offen

Das Elevate Festival Graz bietet auch dieses Jahr wieder ein Musikprogramm am Puls der Zeit.

Elevate Festival

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Das Jahresthema des Elevate lautet heuer "Open Everything?" und wird wohl vor allem im Rahmen der Diskurs-Schiene des Festivals seinen Niederschlag finden, dort erörtert, abgeklopft und hoffentlich zukunftsfroh weitergedacht werden. Man darf jedoch sicher auch so offen sein, die Losung "Open Everything?" als Trägermaterial für das diesjährige Musikprogramm zu verstehen: Abenteuerliches geschieht, Verknüpfungen finden statt, es gibt keine Grenzen mehr. Also in der Musik nicht.

Dass schweißtreibender Hedonismus auf dem Floor und das Erfahren spannender, vielleicht gar aufwühlender musikalischer Sinneseindrücke keine entgegengesetzten Konzepte sein müssen, ist freilich lange schon wahr - bei manch anderem Festival weiß man das eventuell bloß noch nicht so genau wie beim Elevate.

Die Macher des Elevate haben dieses Jahr wieder ein Programm zusammengeknobelt, das dem musikinteressierten Menschen reichlich Nahrung bietet. Auch dem musik-uninteressierten Menschen sollten vor Reizüberwältigung die Ohren schlackern.

Am Eröffnungsabend beispielsweise beehrt Jon Hopkins das Elevate. Der englische Produzent und Musiker wird immer gerne als ästhetischer Ziehsohn Brian Enos gehandelt und bewegt sich so in seinen eigenen Produktionen auch zwischen kristalliner Elektronika, Ambient und zerbrechlichem Popsong. Auch mit Coldplay hat er schon zusammengearbeitet und den Herren ein interessantes Sounddesign auf die immer langweiliger werdenden Lieder geschneidert, mittlerweile nähert sich Hopkins aber auch immer wieder ausdrücklich dem Dancefloor. Außerdem unter anderem dabei: Die österreichische Musikerin Mimu, die gerade erst ein berauschendes und verstörendes – und das ist es ja wohl, was Kunst tun soll – Album veröffentlicht hat. Kunstlied, Elektronik und Field Recordings im verwirrenden Einklang.

Dass das Elevate die Finger immer am Puls des geilen Zeitgeschehens hat, zeigt auch die Ausrichtung eines Showcases des New Yorker Labels L.I.E.S.: Das aktuell extrem heiß gehandelte Label werkt an einem rohen Techno-Entwurf, der die Türen Richtung Noise weit offen hält bzw. Wurzeln im Industrial deutlich macht. Als Gesandtschaft von L.I.E.S. kommen die Acts Xosar, Svengalisghost und Labelboss Ron Morelli nach Graz.

Noch härter geht es bei Pharmakon, einer Durchstarterin des Jahres, zur Sache: Die New Yorker Musikerin versucht sich auf ihrem 2013 erschienenen Debütalbum markerschütternd und höchst erfolgreich an Power Electronics und extremem Noise Terror. Die Produzentin Stellar Om Source wird derweil das Verhältnis zwischen hypnagogischen Synthesizer-Etüden, kosmischem Zwitschern und formvollendet geschnittenen Brettern für den Dancefloor beleuchten.

Außerdem beim Elevate am Start: Lil Louis, House-Übervater aus Chicago, wird Platten verlegen, die aus Move D und Juju & Jordash bestehende Supergroup Magic Mountain High zeigen, wie man House-Musik so richtig echt und live an tatsächlichen Maschinen auf die Bühne stellt.

Der österreichische Beat- und Tasten-Wonderboy Dorian Concept darf gleich eine ganze Bühne nach seinen Geschmacksvorlieben kuratieren und hat dafür solch wunderbare Soundjongleure und liebevolle Weirdos wie Daedelus, Bibio, James Pants oder Felix Kubin geladen. Es gibt noch viel mehr zu erleben. Gute Menschen aus Österreich zum Beispiel, Electric Indigo, Masha Dabelka oder Ogris Debris. Oder auch den englischen Hexenbeschwörer The Haxan Cloak, der mit einem Album des Jahres unter der Kutte anreist.

Das genaue Line-Up steht hier.