Erstellt am: 30. 9. 2013 - 15:52 Uhr
The daily Blumenau. Monday Edition, 30-09-13.
Es schaut jetzt nach vorne, kinderwagenaufsatzmäßig, das Baby. Trotzdem: der tägliche Text, die tägliche ausführliche Reflexion, die Thesen-Dichte, die sich heuer bislang rein gar nicht ausgegangen ist, das wird's auch weiter nicht spielen.
Deshalb hier ein neuer Versuch, das klassische Journal in der Form von 2003, '05, '07, 2009 und 2011 durch ein kürzeres Format zu ersetzen.
Ich werde vieles halt nur anreißen und andenken und nicht wie bisher echt vertiefen können.
Whatever, wenigstens die Täglichkeit sollte gelingen mit ein paar Items aus diesen Themenfeldern; und der Tag nach der Wahl ist ein guter Anlaß um zu starten - here comes "the daily blumenau".
Pink Ducks
#medien/marketing
When I see a bird that walks like a duck and swims like a duck and quacks like a duck, I call that bird a duck. Wenn ich dasselbe Programm (Wirtschafts-Liberalimus, Freiheitsrechte etc), dasselbe Personal, denselben Groß-Geldgeber und auch noch dasselbe Klientel sehe, dann sind die Neos eben doch nur das marketingmäßig umlackierte LIF; das ja demnächst auch offiziell in den Neos aufgehen wird. Und all die Sprüche davon, dass eine "neue" Bewegung "aus dem Stand Historisches" geschafft hätte, müssten eigentlich wie eine Seifenblase platzen, als würde die Ente reinpicken.
Nun ist es das gute Recht der Neos, die sich clever von altem Dünkel-Müll (schließlich ist das LIF aus einer nationalen Mutterpartei entstanden und hatte genug Friedhelme mitgeschleppt), so zu tun, als würde die Veränderung einer Parteifarbe (von Gelb zu Pink) eine Veränderung der Ideologie bedeuten.
Tut es natürlich nicht im Geringsten. Raider bleibt Twix, dasselbe pickige Stangerl.
Es ist alles nur Psychologie. Und hat ja auch schon einmal (die JuLis hatten ja auch gaaaar nichts mit dem LIF zu tun) ein bisserl funktioniert.
Der neue Anstrich erleichtert es den Niko Alms dieser Welt (also Jungunternehmern, für die dieser Altpolitiker-Anstrich zu unlässig ist, für die das allzu spießige Umfeld zu peinlich war) sich zu solidarisieren bzw. zu engagieren. Ebenso wie es bislang notgedrungenen Grün-Wählern, die eigentlich zu konservativ sozialisiert sind oder schon einmal Löhne gezahlt haben, eine Alternative bietet.
Alles höchst legitime Tricks, tatsächlich ein Anflug von modernem politischen Marketing - aber die Qualitäts-Medien werden auf diesen PR-Gag, der ähnlich penetrant wie die verliehenen Flügel für unsere Kinder nervt, natürlich nicht reinfallen und korrigierend eingreifen.
Morgen: die sogenannte Reformpartnerschaft und die dazugehörigen Denkfehler. Und die Sache mit den Sinus-Milieus.
Tun sie doch? Sie übernehmen die "aus dem Stand, dem Nichts Historisches geschafft"-Formulierung der Neos-PR? Ungeprüft und undurchdacht? Sogar laufend? Auch sogenannte seriöse Kommentatoren? Mag ich gar nicht glauben.
Maria Hilf
#demokratiepolitik
Der klare Wahlverlierer auf beiden Seiten der Mariahilferstraße ist... die ÖVP. Und zwar mit bumm!, durchaus steirisch, fünf Prozent Minus. Alle anderen (SP, FP und vor allem die jeweiligen klaren Leader in Mariahilf und Neubau, die Grünen) haben Micky-Maus-Einbußen im Nullkomma-Bereich, die auf den hohen Gewinn der Neos (11 - 12 Prozent) zurückzuführen sind - der vor allem auf Kosten der Stadt-VP ging.
Im übrigen ist die Milchmädchen-Vermutung, dass es (vor allem in Wien) ein direktes Überlaufen von Grün-Wählern zu den Neos gab, natürlich unsinnig. Dazu brauchte es nicht erst die Wählerstrom-Analyse, die zeigt, dass es nicht einmal ein Viertel war.
Als Anrainer hab' ich es deutlich mitbekommen: die aufgeblasene Schein-Debatte um die Neugestaltung der Zone Mariahilferstraße ist just der Gruppierung auf den Kopf gefallen, die am Härtesten dagegen polemisiert und das nähere Umfeld entsprechend belästigt hat. Weil nämlich die Mariahilfer und Neubauer direkten Anschauungs-Unterricht über die Diskrepanz zwischen politisch motivierter Medien-Campaign und Alltagsrealität haben und so der billigen Polemik entkommen konnten.
Die "Problemzone Mariahilferstraße" hat sich stimmenmäßig bestenfalls dort ausgewirkt, wo man gar keinen Bezug zum Thema, keine Ahnung hatte und sich im österreichischen Volkssports des bezuglosen Deppert-Daherredens übte. Das ist wie mit dem Anti-Ausländer-Wahlkampf: der fährt auch dort am besten ein, wo es kaum Fremde gibt.
Wo ist Doktor Blutschnik?
#fm4
Für alle, die so wie ich schon befürchtet hatten, dass das Schicksal des von FM4 hinter den Kulissen begleiteten Spitzenkandidaten Dr. Walter Blutschnik offen bleibt: die Reihe "Wahlkampfzeit" findet hier ein perfekt choreographiertes Ende.
Und weil ich keine bessere, genauer sezierende und die Zustände bösartiger auf den Punkt bringende politische Satire kenne, als die von Lukas Tagwerker in 15 Folgen gegossene, empfehle ich sie; dringend und aus vollem, dunklem Herzen.
Heimatland, oh Heimatland
#bewegtbild
Gestern hat die zweite Staffel von Homeland begonnen; ich sehe Serien ja auch gern im Normalo-TV, vor allem dann, wenn der Zustand der Haupt-Charaktere derart pathologisch anschwillt, dass sie wie ADHS-Hulks durch ihre Plots rasen, sodass mehr als eine, maximal zwei Folgen eh gar nicht auszuhalten wären.
Und, man kennt das, bei Serien, die wir uns im "immer wenn Zeit ist; und auch schon drei, viel Folgen am Tag hintereinander"-Modus (egal ob auf DVD oder il/legal runtergeladen) anschaun - ein Zuviel kann ordentlich aufs Gemüt drücken.
Aktuell rannte Carrie (die wunderbar hässliche Claire Danes) mit irrlichterndem Gesicht durch Beirut, während Brody (der immer mehr zum pancake face mutierende Damien Lewis) im War-Room die Verräter-Hand schlotterte. Die einzige Figur, die noch normal atmet, ist Brodys Tochter Dana, die als Teenager alle Rechte auf Irrsinn hätte. Ich bin froh, dass jetzt bis nächsten Sonntag Pause ist.
Und es tat gut in der langen Pause, die das Normalo-TV mir zwischen Staffel 1 und Staffel 2 gab, das israelische Original (bzw. die dortige 1. Staffel) zu sehen. Hatufim wird durch eine deutliche ruhigere Hand geführt, bietet auch weniger "O-Mein-Gott-der-Präsident!"-Pseudo-Spannung, sondern taucht noch tiefer in die Figuren ein; die allesamt nicht mehr normal atmen können. Und auch da hat das wöchentliche gutgetan.