Erstellt am: 18. 9. 2013 - 15:31 Uhr
Wahlversprechen: „Joboffensive“
fm4.ORF.at/wahl13
Arbeitswelt und Nationalratswahl
"Die Wirtschaft" ist eines der großen Themen im Wahlkampf, doch über Schlagworte und Populismus geht die Debatte kaum hinaus. Warum etwa steigt die Arbeitslosenrate bei AkademikerInnen schneller als bei allen anderen Ausbildungen? Was erwarten junge Menschen von ihrem zukünftigen Job? Und was sind jetzt die konkreten Ideen der einzelnen Parteien?
Heute abend in der FM4 Homebase ab 19 Uhr
Schon mal versucht einen Job zu finden? Flexibel bleiben, sich weiterbilden, auf die richtige Branche setzen. Und: Sich ja nie allzu sicher fühlen!
Österreich hat die niedrigste Arbeitslosigkeit der EU. Diesen Satz hört man zurzeit gerne aus dem Munde von Regierungspolitikern. Mit „sicherer Hand“ hätten uns SPÖ-Kanzler Werner Faymann und sein ÖVP-Vize Michael Spindelegger durch die größte Krise seit dem Zweiten Weltkrieg geführt.
Allerdings – vorbei ist diese Krise wohl noch lange nicht. Und auch die heimische Arbeitslosenrate mag zwar im EU-Vergleich tatsächlich vorbildlich sein, trotzdem ist sie im historischen Vergleich auf einem Rekordhoch.
Zeitgleich bringt die zunehmend global vernetzte Wirtschaft natürlich auch den Arbeitsmarkt gehörig unter Druck. Im Zuge des schärferen Wettbewerbs konnte man auch bei Löhnen und Arbeitsverhältnissen einige Veränderungen beobachten. In Deutschland nannte man das „Agenda 2010“. Aber auch in Österreich konnte man in den letzten 10-12 Jahren zwei Entwicklungen sehen:
- Die Reallöhne knickten ein, Produktivität und Wachstum ging vermehrt in entnommene Gewinne statt in Löhne, zusammen mit einer enormen Steuerlast auf Arbeit schmälert das Kaufkraft und Binnennachfrage.
- Atypische Beschäftigungsverhältnisse feierten fröhliche Urstände – von Scheinselbständigkeit über Personal-Leasing wird alles versucht kollektivvertragliche Regelungen zu umgehen, die Gewerkschaften haben darauf bis heute kaum eine Antwort.
Christiane Rösinger
Das politische Ziel wird demnach von den meisten, österreichischen Parlamentsparteien (alle kandidierenden Listen zu behandeln würde den Rahmen sprengen, die drei bundesweiten Listen NEOS, Piraten und KPÖ werden gegebenenfalls noch gesondert behandelt) so skizziert:
Jobs schaffen, prekäre Beschäftigungen verringern, mehr Netto vom Brutto – und damit mehr Kaufkraft. Die Wege dahin sind allerdings sehr unterschiedlich, was sich nicht nur beim Lackmustest der Mindestlohnfrage zeigt. Hier also, in der Reihenfolge der Fraktionsgröße, die Positionen der im Nationalrat vertretenen Parteien.
SPÖ – „Wir kämpfen um jeden Arbeitsplatz“
Das Thema Arbeit ist für die SPÖ naturgemäß im Zentrum aller Anstrengungen und Positionen. Gerade die genannten Veränderungen bringen dabei die klassischen sozialpartnerschaftlichen Modelle ordentlich durcheinander. Was die Flexibilisierung der Arbeit betrifft, so steht die SPÖ auf dem Standpunkt, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen mehr als ausreichend sind. Menschen sollen mit Maßnahmen wie der bedarfsorientierten Mindestsicherung, einer Reform der Kurzarbeit oder mit etlichen Qualifizierungsmaßnahmen in den Arbeitsmarkt integriert werden.
Atypische Beschäftigungen nimmt die SPÖ vor allem als „Frauenthema“ wahr, die Mehrheit der Frauen ist „atypisch beschäftigt“, meint etwa BM Heinisch-Hosek. Da das Lohnniveau derart Beschäftigter im Schnitt deutlich unter dem vergleichbarer Normalarbeitsverhältnisse liegt möchte die SPÖ auch dieses Problem mit dem Mindestlohn entschärfen.
Die SPÖ unterstützt die Forderung der Gewerkschaften nach einem gesetzlichen Mindestlohn von 1500 Euro pro Monat.
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ÖVP – „Aufstieg durch Arbeit und Fleiß“
Das wichtigste zuerst: Die Volkspartei schreibt sich noch die Vollbeschäftigung auf ihre Fahnen. In der nächsten Legislaturperiode will man, sofern man an der Regierung beteiligt ist, 420.000 neue Arbeitsplätze schaffen.
Ein Mindestlohn ist für die ÖVP allerdings kein taugliches Mittel, man argumentiert, dass so eine gesetzlich verordnete Barriere wieder Arbeitslosigkeit verursachen würde. Ganz generell sieht man, dass während die SPÖ auf Arbeitsrecht setzt, die ÖVP eine „partnerschaftliche Gesellschaft, in der sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf Augenhöhe begegnen“ wünscht. Dazu gehört in ihrer Diktion auch eine weitere Flexibilisierung des Arbeitsmarktes (und damit eventuell auch mehr atypisch Beschäftigte), aber auch die Beteiligung der Mitarbeiter am Erfolg des Unternehmens.
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FPÖ – „Fokus auf Wachstum und Jobs“
Das Zeugnis für die letzte Periode fällt bei der FPÖ erwartungsgemäß schlechter aus, Spitzenkandidat Strache wirft der Regierung die Rekordarbeitslosigkeit vor. Die sogenannten „working poor“ sind der FPÖ ein Dorn im Auge. Im Programm heißt es: „War es früher noch so, dass viele Arbeitnehmer einen Vorteil für sich sehen konnten, wird das System der atypischen Beschäftigungen immer mehr zum kostensparenden Spielball weniger Profiteure.“
Man kann beobachten, dass die FPÖ seit Knittelfeld generell von wirtschaftsliberalen Positionen abrückt und vermehrt auf „soziale Wärme“ setzt, nicht nur bei der nun ungeliebten Gruppenbesteuerung, sondern eben auch hier, beim Thema Arbeit. So heißt es auf der Website des Spitzenkandidaten: „Menschen arbeiten, um zu leben und leben nicht, nur um zu arbeiten. Daher muss ein Vollzeiteinkommen geeignet sein, den Lebensunterhalt zu bestreiten.“ Am Arbeitsmarkt möchte man die Ostöffnung aussetzen und Gastarbeiter bei hoher Dauer-Arbeitslosigkeit „rückführen“ können. Die FPÖ bekennt sich außerdem zu einem gesetzlichen Mindestlohn von 1600 Euro pro Monat.
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GRÜNE – „Green Jobs“
Bis 2018, so die grüne Spitzenkandidatin Glawischnig im ORF-TV Duell mit BZÖ-Bucher, sollen 100.000 „Green Jobs“ geschaffen werden.
Am 1.Mai, also am Tag der Arbeit, haben die Grünen außerdem Werbung für eine „Intensivoffensive für Jobs“ gemacht. Zumindest eine Milliarde Euro soll in die Schaffung krisensicherer Jobs gesteckt werden. Diese sieht Glawischnig vor allem in den Bereichen Umwelt, Pflege oder Bildung. Gleichzeitig sind den Grünen, wie auch bereits bei der FPÖ erwähnt, ebenfalls die working poor ein Anliegen – so gibt es an die 240.000 Einzelunternehmen die von Armut betroffen sind, Glawischnig will hier etwa die Sozialversicherungsbeiträge für Selbständige senken. Unter dem Titel „fair statt prekär“ hat man außerdem detaillierte Maßnahmen zusammengefasst. Die Grünen wollen einen gesetzlichen Mindestlohn von 1.450 Euro pro Monat.
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TEAM STRONACH – „Nur wenn die Wirtschaft funktioniert, kann es dem Land gut gehen“
Den bekannten Slogan von der Wirtschaft, die man endlich verstehen muss, ist man von Frank Stronach und seinem Team ja bereits gewohnt. Und auch was den Arbeitsmarkt betrifft setzt das Team Stronach auf Vereinfachungen. Das soll auch helfen „Arbeitsplätze zu schaffen“, ein Vorhaben, das auch beim Team Stronach ganz oben steht.
Der Schlüssel dazu ist für Stronach allerdings vor allem das Umfeld, das Unternehmen in Österreich geboten wird, so setzt man etwa ganz stark auf die Mitarbeiterbeteiligung, für die Betriebe auch steuerliche Anreize bekommen sollen. Die Steuern (etwa die Körperschaftssteuer für Betriebe) sollen also runter und die Sozialpartnerschaft raus.
Zum Mindestlohn sagte Robert Lugar, Klubobmann des Team Stronach, noch im Juli im Parlament: „Ein Mindestlohn von 1.500 Euro würde ganze Industriezweige aushungern und zur Abwanderung zahlreicher Arbeitsplätze ins Ausland führen.“ Das Team Stronach ist für einen geringeren Mindestlohn, diese Woche sagte Stronach zur Tageszeitung "Heute":
"Die Mindestsicherung würde ich auf 1.100 Euro erhöhen und wer arbeitet, sollte mindestens um 20 Prozent mehr verdienen. Frauen, die Kinder erziehen, müssen auch einen Lohn bekommen und pensionsversichert werden"
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BZÖ – „Weniger Steuern, mehr Jobs“
Das BZÖ setzt, ähnlich wie die Volkspartei, auf eine „Entfesselung“ der Wirtschaft um die Arbeitslosigkeit wieder zu senken. Nicht staatliche Interventionen, sondern unternehmerischer Einsatz soll dafür Sorge tragen. BZÖ-Chef Bucher fordert einen Masterplan für mehr Beschäftigung: „Wir brauchen unter anderem dringend eine steuerliche Entlastung für die Unternehmen sowie einen Bürokratieabbau. Den Betrieben müssen alle Möglichkeiten gegeben werden, um Jobs zu schaffen und den Bürgern Beschäftigung zu geben, von der sie auch leben können. Österreich muss wieder wettbewerbsfähig gemacht und eine Gründeroffensive gestartet werden.“
Für diese Steuersenkungen hat das BZÖ das sogenannte „Fair-Tax-Modell“ entwickelt, umso so die Abgabenquote zu senken. Außerdem sollen Unternehmensgründungen künftig erleichtert werden, das BZÖ wünscht sich die sogenannte „Ein-Euro-GmbH“ für Menschen unter 35. Das BZÖ spricht sich auch für ein „Bürgergeld“ aus, das für Langzeitarbeitslose bei 750 Euro liegen soll, also etwa ein Drittel unter dem geforderten Mindestlohn.
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