Erstellt am: 14. 9. 2013 - 13:21 Uhr
Wir lassen es krachen!
FM4 Soundparknacht
In der Nacht von Sonntag auf Montag von 1-6 Uhr spielen wir jede Woche ausschließlich heimische Acts aus dem FM4 Soundpark.
Lautstärke ist bekanntlich etwas subjektives. Klar, sie ist in Dezibel messbar, aber das Empfinden, ob etwas laut ist oder nicht, hängt ihmmer noch von der jeweiligen Hörerin ab. Bei einigen Bands kann man sich jedoch sicher sein, dass ihre Musik auf alle Fälle als "laut" empfunden wird. Das mag oft mit dem bestimmten Sound zusammenhängen. Der "Dichte" und Klangqualität des jeweiligen Songs.
In dieser Ausgabe der FM4 Soundparknacht frönen wir auf alle Fälle der lauten Gangart mit all ihren schönen Facetten. Verzerrte Gitarren, krachiges Schlagzeug mit zischelnden Becken, schreiende Vocals und viel energischer Spielqualität. Und trotz all dem vermeintlich Lautem kommen auch emotionale Tiefe und melodiöse Harmonien nicht zu kurz.
Vom Tod und dem Leben davor
Sie gelten als hart arbeitende Band, im Sinne von hohen Ansprüchen und einer großen Portion Selbstkritik: Die amerikanisch-österreichische Musikfreundschaft Lehnen haben vor drei Jahren mit ihrem Schlafenzugsalbum "Awake" aufhorchen lassen. Damals stand noch die kunstvolle Verquickung von elektronischem Flickwerk und Indie-Rock im Vordergrund. Für das neue Album "I See Your Shadow" haben sich Joel Boyd, Matthew Prokop, Martin Konvicka und Stefan Sieder nichts geringeres vorgenommen, als den perfekten Song zu schreiben. Und das bei jedem einzelen der zehn Stücke, die der konzeptuelle Longplayer jetzt vereint. Musik im Dienste des Songs, Musiker im Dienste des Liedes. Auf allen Ebenen.
Lehnen
Musikalisch heißt das für Lehnen, ihren Sound auf das Wesentliche zu reduzieren, einerseits Platz zwischen den Tönen zu lassen, andererseits das geliebte Klanggewitter losbrechen zu lassen. Natürlich nur, wenn es der Song verlangt. Ein strenges, mühsames und von den Produktionsschritten her oft kompliziertes Konzept, das Nervenstärke, Disziplin und absolute Hingebung erfordert hat. Die Belohnung dafür ist "I see Your Shadow", ein stringentes und einzigartiges Werk, ein intensives Hörerlebnis, das sich trotz Reduktion eine Komplexität bewahrt hat, die sich erst nach mehrmaligem Durchlauf offenbart. Und genau das sind die Ingredienzien, die ein zeitloses Album ausmachen.
Auch textlicher hat es sich Sänger und Songschreiber Joel Boyd nicht einfach gemacht, war doch sein ursprüngliches Konzept eine große Herausforderung.
Joel: "Eigentlich wollte ich dieses Album wie einen Roman anlegen. Es sollte sich um einen Menschen drehen, der gerade im Sterben liegt, aber aus der Sicht eines Priesters... (lacht) Aber nichts davon ist übrig geblieben, außer dem Grundthema, dem Tod. Allerdings nicht in einem negativen oder deprimierenden Sinn, sondern vielmehr geht es auf der Platte darum, dass wir alle irgendwann einmal sterben müssen."
Zuzana Sieder
Tipp:
Lehnen präsentieren ihr neues Album "I See Your Shadow" am Donnerstag, den 19. September, im Wiener Chelsea.
Mit anderen Worten: Carpe Diem! Und das haben die vier Musiker trotz vieler schmerzlicher, persönlicher Erfahrungen auch gemacht. "I See Your Shadow" macht eine tiefe innerliche Auseinandersetzung mit dem eigenen Lebenskonzept hörbar, verarbeitet Trauer und Wut, vermittelt gleichzeitig aber auch Hoffung und bewegt sich weg von der grübelnden Endlosgedankenschleife hin zum (selbst-)befreienden Tun an sich. Lehnen beweisen so einmal mehr, dass sie zu den wirklich außergewöhnlichen und auch recht eigensinnigen Bands aus Österreich gehören.
Von schwulen Astronauten, dem Krieg und der Liebe
Es gibt viele Duos in der Rockgeschichte, die klingen, als würde eine mehrköpfige Band auf der Bühne stehen. Genauso ist es auch mit dem Grazer Zweiergespann Marta. Sänger/Songschreiber Paul Plut, bekannt von dem herrlich verschrobenen Musikprojekt Viech, hat sich mit Schlagzeuger Günther Paulitsch zusammengetan, um dem erdig-dreckigen Rock'n'Roll feien Lauf zu lassen. Dementsprechend krachig und rotzig präsentiert sich das Debüt "Warships". Mit Hang zum Ausbruch fetzen einem Marta verzerrte Gitarrenriffs und polternde Rhythmen um die Ohren, mit unglaublicher Energie und gleichzeitig verspielter Leichtigkeit. Ein Song wie "Could We Please All Fall In Love" ist einer dieser großartigen Momente, in denen der Wunsch nach weltumfassender Liebe wütend skandiert wird.
Aber schon als Einstieg von "Warships" machen Marta mit dem nicht einmal zweiminütigen Stück "Seasick" klar, dass auf ihrem Schiff keine Gefangenen genommen werden. Fast schon unerbittlich scheint der kräftige Vorwärtstrieb, der den dreizehn Songs innewohnt. Selbst die Ballade über einen fiktiven tragischen Songwriter, der kläglich am Schreiben eines Liedes scheitert, birgt diese brodelnde Spannung in sich, dass in jedem Moment gleich die Erde einstürzen könnte. "Saint's At Suzanne's" wiederum wirkt wie ein klassischer Rocksong mit harmonisch gefühlvollen Wechsel, treibendem Beat und klarer Struktur.
Lukas Schneeberger
Obwohl Marta als Live-Duo sehr einfache Lieder darbieten, geht einem als Hörerin kein einziger Ton ab. Außerdem schaffen es Paul und Günther auf der Platte für genügend musikalische Abwechslung zu sorgen. Da darf man zu Beginn von "Mermaids & Moonface" sogar kurz an die Rocky Horror Picture Show denken, nur um kurz darauf von einem sanft dahinswingenden Rockstück überrascht zu werden. Und dass gerade bei einer derart straighten Rock'n'Roll Band ein Songtitel wie "Hurricane" verblüffend ruhig anfängt, zeigt, dass Marta es lieben, mit Gegensätzlichkeiten und bewusst gesetzten Kontrasten zu spielen.
Marta
Was die Texte betrifft, wird aus dem Duo ein Trio. Denn für die komplette Erzählkunst von Marta zeichnet sich Julia Hager verantwortlich. Die Figuren, die durch die fantastischen Geschichten von Marta geistern, sind nicht selten tragische Helden des Alltags. Da steht zum Beispiel ein frisch gebackener Soldat am Flughafen, der friedlich lächelnd auf sein Mobiltelefon blickt. Bei Julia wird daraus "On The First Day Of Spring", eines der Highlights der Platte, das von einem Soldaten erzählt, der sich an dem Tag vor seiner Abreise in den Krieg Hals über Kopf in ein Mädchen verliebt. Es braucht oft nur eine kurze Beobachtung und schon entspinnt sich in Julias Kopf ein sich langsam verselbstständigendes Drama.
Julia: "Ich glaube, auf mich wirken fantastische Geschichten viel anziehender als Geschichten, von denen ich schon weiß, wie sie laufen. Deshalb schreibe ich auch über schwule Astronauten, den Krieg und die Liebe, also Dinge von denen man vielleicht eine gewisse Vorstellung besitzt, aber in Wirklichkeit oft keine Ahnung hat."
"Warships" ist ein sympathisches Rock'n'Roll-Album, ein kleiner und frecher Fischkutter, der sich mit seinen schrägen Gauklergeschichten gerne zum Kriegsschiff aufbläst. Es ist ein wahnwitziger Soundtrack der gescheiterten Existenzen, der zugleich viel über uns selber zu erzählen scheint.
Fahrplan durch die FM4 Soundparknacht
- 01:00 bis ca. 02:30 Uhr: Listening Session mit Lehnen
- 02:30 bis ca. 03:20 Uhr: Listening Session mit Marta
- 03:20 bis ca. 04:00 Uhr: Das neue Album "Firedancer" von Son Of The Velvet Rat in the Mix
- 04:00 bis ca. 05:20 Uhr: Der "Back To My 90ies" Mix von David Pfister
- 05:20 bis 06:00 Uhr: Bernhard Eder im Interview zu seiner EP "The Lost Ones"
Die Soundparknacht von Sonntag 15. September auf Montag 16. September kann nach dem Ausstrahlungstermin für 7 Tage on Demand nachgehört werden.