Erstellt am: 17. 5. 2013 - 16:49 Uhr
Die Schule war die Hölle
Statistiken aus "EU LGBT survey, European Union lesbian, gay, bisexual and transgender survey", FRA – European Union Agency for Fundamental Rights
Heute ist es gerade mal 23 Jahre her, dass die Weltgesundheitsorganisation es geschafft hat, Homosexualität von ihrer Liste der Krankheiten zu entfernen. Aus diesem Grund ist der 17. Mai ein wichtiges Datum im Kampf um Gleichberechtigung und wird als "IDAHO-Day", International Day Against Homophobia, Biphobia and Transphobia" gefeiert. Pünktlich zum diesjährigen Idaho-Day kommt jetzt eine wichtige Studie zur Situation von LGBT-Personen in der EU und in Kroatien.
Im Auftrag der Europäischen Kommission hat die Grundrechte-Agentur die größte vergleichende Studie zur Situation von LGBT-Personen durchgeführt. Rund 93.000 Menschen aus allen Ländern der EU (und Kroatien), haben in einer Online-Umfrage Erfahrungen aus ihrem Alltag geschildert. Knapp die Hälfte aller Befragten (47%) haben berichtet, dass sie im letzten Jahr wegen ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert wurden.
In der Umfrage geht es um verschiedene Bereiche des Alltags. Arbeitswelt, Schule, Öffentlichkeit und medizinische Versorgung waren die Schwerpunkte.

FRA
Österreich liegt in den meistens Kategorien im Mittelfeld. Allerdings ist Mittelfeld hier relativ zu sehen, selbst in Vorreiterländern wie den Niederlanden gibt es noch viel Aufholbedarf.
Küssen verboten
Während verliebte Heteropaare an warmen Sommertagen die Parks besetzen und händchenhaltend in Einkaufsstraßen die Wege blockieren, trauen sich viele gleichgeschlechtliche Paare in der Öffentlichkeit nicht Hände zu halten oder sich gar zu küssen.
Zwei Drittel der Befragten sagt, dass sie aus Angst vor negativen Kommentaren oder gar körperlichen Angriffen in der Öffentlichkeit nicht die Hand ihres Partners hält.
Es zeigt sich, dass auch in den liberalsten Ländern der Alltag von homo-, bi- und transsexuellen Menschen nicht frei von Anfeindungen ist.
Unzureichende Gesetze
Vor Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung ist man in der EU gesetzlich gesehen nur in der Arbeitswelt sicher. Jenseits vom Arbeitsplatz gibt es solche Gesetze nicht. Dabei gibt es viele andere Bereiche, wo dieser Schutz besonders notwendig wäre. Viele der Befragten haben zusätzlich zur Umfrage persönliche Kommentare hinterlassen. Über 20.000 der über 93.000 befragten erzählt, dass sie vor allem in der Schulzeit unter Diskriminierung und Ausgrenzung gelitten haben: "die Schule war die Hölle"
In der Schule gibt es viel Aufholbedarf. Gesetze allein reichen hier nicht aus. Die Agentur für Grundrechte fordert, dass Lehrpersonal geschult werden müsse und dass unterschiedliche sexuelle Orientierungen und Identitäten im Lehrplan behandelt objektiv werden sollten.
Viele verheimlichen ihre Sexualität während der Schulzeit aus Angst vor den Mitschüler_innen. Wie verletzend Schulkolleg_innen sein können, weiß jede/r.

FRA
Kein Vertrauen in die Behörden
Nicht nur Sexualität wird verheimlicht, sondern auch körperliche oder verbale Angriffe. Die Umfrage zeigt, dass es nur geringes Vertrauen in Behörden gibt. Die meisten glauben nicht, dass sich etwas ändert, wenn Attacken angezeigt werden. Dabei sagt jeder zweite, dass eine Anzeige nicht wert wäre, "weil das eh immer passiert". Von verbaler und non-verbaler Gewalt sind besonders Transsexuelle betroffen. Egal ob in der Arbeitswelt, in der Öffentlichkeit oder in der medizinischen Versorgung sind sie häufig mit Vorurteilen konfrontiert.
Das schlechteste Partnerschaftsgesetz der Welt: Christoph Weiss darüber, dass dass Österreichs Modell der Homoehe über 50 Diskriminierungen festschreibt
In den letzten Jahren hat sich einiges zum Besseren gewendet. In Frankreich wurde gegen großen Widerstand von fundamentalistischen und konservativen Gruppen die Ehe von gleichgeschlechtlichen Paaren ermöglicht und in Österreicht hat sich ein Politiker verpartnert.
Die Studie der Europäischen Agentur für Grundrechte zeigt aber, dass es gerade in der Umsetzung von vorhandenen Gesetzen erhebliche Probleme gibt und zeigt auf, dass es einer Ausweitung der Anti-Diskriminierungs-Gesetze auf Bereiche jenseits der Arbeitswelt bedarf.
Die Studie ist ein wichtiger Schritt in Richtung Sichtbarkeit und echter Gleichberechtigung im Alltag.