Erstellt am: 10. 5. 2013 - 15:07 Uhr
Das schlechteste Partnerschaftsgesetz der Welt
Gerald Grosz, Abgeordneter zum Nationalrat und Obmann des BZÖ Steiermark, schließt eine Eingetragene Partnerschaft mit seinem Lebensgefährten. Grosz ist somit der erste schwule Politiker, der sich „verpartnert“. Der einzige, der eine vom Staat legitimierte homosexuelle Partnerschaft einging, ist er nicht. So hat der Bundesrats-Abgeordnete Marco Schreuder von den Grünen schon 2005 seinen Mann nach niederländischem Recht geheiratet - eine Partnerschaft, die der heterosexuellen Ehe zumindet dort vollkommen gleichgestellt ist.
In Österreich existierten zwischen heterosexueller Ehe und homosexueller EP ursprünglich mehr als 70 zum Teil schwer diskriminierende rechtliche Unterschiede. Einige davon wurden aufgrund von Klagen und Verurteilungen durch Höchstgerichte geändert. Mehr als 50 bestehen weiter.
Rechts der Mitte angesiedelte Parteien waren traditionell immer gegen die „Homoehe“ – wie kommt es also, dass ausgerechnet ein Politiker des BZÖ der erste Politiker ist, der eine Eingetragene Partnerschaft schließt, und warum gibt es nicht schon längst verpartnerte Politikerinnen und Politiker bei den als links wahrgenommenen Parteien?
dpa-Zentralbild/Patrick Pleul
Schwere Benachteiligungen
Zu den gravierendsten Unterschieden zwischen Ehe und EP zählt zum Beispiel das ausdrückliche Verbot medizinisch gestützter Fortpflanzung (§ 2 Abs. 1 FMG). Eingetragene Partner erhalten keine Arbeitszeit-Reduktion oder Karenz zur Betreuung von Stiefkindern, keine Mitversicherung der Stiefkinder in der Krankenversicherung und keine Kinderzulage für betreute Kinder des verstorbenen Partners bei Witwenpensionen öffentlich Bediensteter (§ 25 PensionsG). Es existiert ein Verbot der Fremdkindadoption (§ 179 ABGB; § 8 Abs. 4 EPG), es gibt keine Verlobung, und die Eingetragene Partnerschaft darf im Gegensatz zur Ehe erst mit dem vollendeten 18. Lebensjahr geschlossen werden.
Symbolische Unterschiede
Der ÖVP waren in den Verhandlungen zur EP aber auch zahlreiche symbolische Benachteiligungen wichtig: Etwa, dass homosexuelle Partner keinen Familiennamen mehr tragen dürfen. Verpartnern sich zwei Lesben oder Schwule, verlieren sie den Familiennamen und haben stattdessen einen Nachnamen. Stehen auf offiziellen Formularen die beiden Begriffe in getrennten Feldern, so ist man als Schwuler oder Lesbe gezwungen, sich beim Ausfüllen zu outen. Der Rechtsanwalt Helmut Graupner (Rechtskomittee Lambda) bezeichnete die symbolischen Diskriminierungen im EPG einmal als "reine Boshaftigkeiten", weil Konservative offenbar ein Problem damit haben, wenn der Begriff "Familie" in Bezug auf Homosexuelle angewendet werde. Bis vor kurzem stand im Gesetz auch noch, dass verpartnerte Homosexuelle, wenn sie einen Doppelnamen annehmen, keinen Bindestrich zwischen den beiden Namen führen dürfen. Das klingt lächerlich, bewirkte in der Praxis aber ebenfalls ein Zwangsouting.
Nur Klagen Betroffener helfen
Das absurde Bindestrichverbot wurde nach Klagen Betroffener vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben. Das Verbot der Stiefkind-Adoption hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gekippt. Und erst vor wenigen Tagen hat ein Berufungsgericht entschieden, dass österreichische Pensionskassen die Hinterbliebenenpensionen auch an Witwen und Witwer eingetragener Partner zahlen müssen. Die beiden Unternehmen, die Valida Pension AG und die VBV Pensionskassen AG, haben in allen Instanzen Berufung eingelegt, sich also bis zuletzt gegen die Pensionszahlung für Homosexuelle gewehrt.
Die Abschaffung der Unterschiede zwischen Ehe und EP muss seit Jahren mühsam auf dem Klagsweg durch Einzelpersonen erkämpft werden - derzeit stehen Kläger wegen des Verbots der Fremdkind-Adoption, wegen gravierender Diskriminierungen im Wohnrecht oder des fehlenden Rechts auf Pflegeurlaub für Stiefkinder vor Gericht. Ohne erfolgreiche Klagen werden die Diskriminierungen erfahrungsgemäß nicht beseitigt.
Kein anderes Land der Welt hat per Gesetz so viele Unterschiede zwischen heterosexueller und homosexueller Partnerschaft festgelegt. Das österreichische EPG ist das schlechteste Partnerschaftsgesetz der Welt. Auch deshalb schließen viele Homosexuelle, die jahrelang für die „Homoehe“ gekämpft haben - und das auch weiterhin tun - selbst keine Eingetragene Partnerschaft.
Gerald Grosz, der Chef des steirischen BZÖ, ist nun also der erste "verpartnerte" Politiker Österreichs. Spannend wird, ob das BZÖ in Zukunft endlich gegen die Diskriminierungen durch das EPG Stellung beziehen wird und - wer weiß - vielleicht sogar die völlige Öffnung der Ehe für Homosexuelle fordert. In Frankreich ist diese völlige Gleichstellung ja bereits Realität, wie auch schon seit längerem in Spanien, Norwegen, Schweden oder den Benelux-Staaten.
Nachtrag: Das BZÖ hat sich auch am Tag der Regenbogenparade wieder in Sachen Lesben und Schwule zu Wort gemeldet - diesmal allerdings recht unfreundlich, wie die Zeitschrift Profil berichtet.