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Robert Glashüttner

Videospielkultur, digital geprägte Lebenswelten.

14. 1. 2013 - 17:19

Thank you, mentors!

Die ungewöhnliche Welt der Startup-Szene am Beispiel des österreichischen Online-Remix-Tools "Weavly".

Oliver Lukesch, Mitbegründer des Online-Remix-Tools Weavly.

Robert Glashüttner

Ich treffe Oliver Lukesch am Tag nach dem Sturm. Ende November haben alle zehn Finalisten beim "Startup Bootcamp" in Berlin ihre Produkte bzw. Firmen an potenzielle Geldgeber gepitcht, also präsentiert. Drei Monate lang hat man sich mit professionellen Unterstützern aus der Social-Media- und IT-Branche, den sogenannten Mentoren, zusammengerauft, abgestimmt, vorbereitet. Alles wurde auf diesen einen Höhepunkt, die Endpräsentation, angepasst und zugespitzt.

"Es war unglaublich schwierig, zum Developen zu kommen, weil gerade im ersten Monat jeden Tag reihenweise neue Mentoren hier reingekommen sind."

Überall liegen Präsentationsmaterialien herum, zugeklappte Plastiksessel lehnen an der Wand, abgebaute Monitore stehen am Boden und viele Magnet-, Kork- und Pinnwände sind im großen Vortragssaal verstreut. Man merkt, dass hier Kreativität und wirtschaftliches Gespür ebenso wichtig sind wie ostentativ gezeigte Selbstsicherheit, Unterhaltung und Entertainment der US-amerikanischen Sorte sowie ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl. Gehört man dazu, ist man Teil der internationalen Startup-Community. Ab dann sind Mentoren und Investoren die wichtigsten Brücken und Leitern zum eigenen Erfolg. Ob es am Schluss wirklich etwas wird, kann man sowieso nie sagen. Vielleicht ist in der Welt der Technologie-Startups auch der Weg viel öfter das Ziel als in anderen Branchen. Die hohe Motivation, das ständige Feedback, die steigenden Erfahrungswerte und die stete Hoffnung auf den Durchbruch machen die Faszination aus.

Content-Remix-Maschine für alle

Oliver Lukesch ist an jedem Tag im November müde und erleichert, vor allem aber neugierig auf das, was noch kommt. Seine von ihm mitbegründete Firma Weavly, ein Online-Remix-Tool für Musik (Soundcloud), Videos (YouTube) und Animationen (Loopcam) bekommt durchwegs gute Rückmeldungen. Die Zielgruppe von Weavly ist groß, sie reicht vom Fußballfan, der ein "Best-of" der Tore des letzten Jahres zusammenschneiden möchte über kreative Musikliebhaber/innen bis hin zu Menschen, die gerne eigene Videos zu ihrem Lieblings-Meme erstellen.

Damit alles reibungslos läuft, haben sich Lukesch und Team schon früh informiert, ob auch alles mit rechten Dingen zugeht. Der wichtigste Kniff um Copyright-Problemen aus dem Weg zu gehen, ist, dass die Inhalte nicht wirklich neu zusammengemischt werden. Stattdessen werden nur Index-Dateien erstellt, in denen steht, wann wo welches Video bzw. Musikstück in welcher Länge und mit welchem Ausschnitt gezeigt werden soll. Dasselbe Prinzip hat schon Anfang letzten Jahres das Uniprojekt "Your Turn" genutzt. Einziger Schönheitsfehler dabei: Alles, was die Originalquellen betrifft, wird auch Teil des jeweiligen Weaves - darunter Werbeeinblendungen und das Offline-Nehmen von Inhalten.

"Wir haben uns von einem Anwalt ein entsprechendes Gutachten ausarbeiten lassen, wo ganz klar drinnen steht, was wir machen dürfen und was nicht. Wir wollen den Leuten ganz legal ermöglichen, mit allem, das sie im Internet finden, kreativ sein zu können."



Weil rechtliche Probleme vom Tisch waren und Weavly auch direkte Gespräche mit YouTube und Soundcloud führt, war und ist das Startup attraktiv für Investoren. Mittlerweile arbeiten zwei Weavly-Mitarbeiter in Österreich, vier weitere sind in Berlin stationiert. Nach dem "Startup Bootcamp" im vergangenen November hat die österreichische Firma aktuell ein weiteres Mal einen Finalistenplatz in einem Förderprogramm gewonnen.

Kommenden Samstag (19. Jänner) wird erneut vor einflussreichen internationalen IT-Firmenchefs gepitcht, namentlich Jawid Karim (Mitbegründer YouTube), Chris Poole (Gründer 4chan) und Alexis Ohanian (Mitbegründer Reddit). Besonders wichtig beim Pitchen, so Oliver Lukesch, sind Körperhaltung, Intonation und natürlich der Inhalt der Präsentation: gut ausgewählte Grafiken, Videos, und eine möglichst kurzweilige Produktvorstellung sind hier am wichtigsten. Wie bei Sing- und Tanzwettbewerben, Reality Shows und Dschungelcamps gilt auch hier: Wer langweilt, muss raus.

Derzeit ist Weavly noch in der Open-Beta-Phase, demnächst wird eine neue Version der Remix-Plattform online sein, die dann auch Inhalte aus Tumblr und Imgur unterstützen wird. Ständige Verbesserungen sind wichtig, denn je besser einem potenzielle Geldgeber (dazu gehören auch staatliche Förderstellen) gesinnt sind, desto größer ist die Chance auf eine lange Zukunft der eigenen Firma. Denn so, wie auch Startup-Übervater Facebook noch immer kein wirklich stabiles Geschäftsmodell hat, sind dementsprechend auch kleine, aufstrebende Tech-Firmen bei dieser Frage in letzter Konsequenz ratlos. Auch Weavly soll frei bleiben, Geld verlangen möchte man eventuell später mal für spezielle Firmenkunden, die mit ihrem eigenen Content Remixes machen wollen. Mit der Aufmerksamkeit, die Weavly zuteil wird und der Professionalität, mit der das Team ihr Projekt vorantreibt, sind aber die nächsten Monate zweifellos gesichert.