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Robert Glashüttner

Videospielkultur, digital geprägte Lebenswelten.

29. 2. 2012 - 19:02

Your Turn

Ein kollaboratives Videoremix-Spiel auf Facebook soll Medienkompetenz bei Jugendlichen fördern.

Facebook, YouTube und ein bisschen Wikipedia für die Schule - so lässt sich die Online-Nutzung vieler Jugendlicher grob zusammenfassen. Das ist zwar einseitig und ernüchternd, kann aber auch ein Türöffner sein, um unterschiedliche Interessen zu wecken und Zusammenhänge herzustellen. Ein neues Facebook-Spiel namens "Your Turn" soll genau das schaffen: Themen verknüpfen und Assoziationen wecken.

Für die Altvorderen sind Jugendliche ja immer ein kleines Mysterium. Wie ticken Menschen zwischen 14 und 17 und wie sehen ihre Lebenswelten aus? Das ist auch die zentrale Frage im Rahmen einer aktuellen wissenschaftlichen Studie. Fächerübergreifend forscht ein Team, das sich aus Mitgliedern des Instituts für Gestaltungs- und Wirkungsforschung an der TU Wien und dem Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaft an der Uni Wien zusammensetzt.

Das Hauptmenü von "Your Turn", bestehend aus den Punkten "TV", "Studio", "Punkte" und "Post". Darunter aktuell vorgestellte Videos.

Platogo

"Your Turn" ist ein zentraler Bestandteil dieses Forschungsprojektes, das vom Wiener Games-Studio Platogo entwickelt wurde. Die (jungen) User sollen dabei auf den von ihnen ohnehin meist genutzten Online-Plattformen abgeholt werden: Facebook und YouTube. Facebook ist die Plattform, auf der das Game läuft und sorgt für die einfache Einbindung und den Aufbau einer Community. Der Content auf YouTube wiederum ist der Stoff, aus und mit dem die Spielesessions gestaltet werden.

Videoremixes

Die Idee ist so simpel wie genial: Man sucht nach Videoclips, entscheidet sich für einen, nimmt daraus eine beliebige, höchstens 15 Sekunden lange Stelle und wartet dann auf den Input einer oder eines anderen. Wenn jemand die Aufforderung annimmt und mitmacht, weiß man zunächst nicht, wer es ist. Man sieht nur die jeweilige Videoantwort - erneut ein höchstens 15-Sekunden-Clip als wie auch immer geartete Reaktion auf den ursprünglichen Teil. Nach ein paar Mal Hin-und-Her ist - nach höchstens 60 Sekunden Laufzeit - der neue Clip fertig und man erfährt auf Wunsch, mit wem man da eigentlich zusammengearbeitet hat. Inhaltliche Vorgaben gibt es keine, und rechtliche Probleme werden außen vor gelassen, indem nur Videos angezeigt werden, die auch sonst auf Websites eingebettet werden dürfen.

Assoziativ und referenziell

"Your Turn" ist gleichzeitig kollaborativ und kompetitiv. Videos können nur gemeinsam erstellt werden, doch wer fleißig remixed und andere Videos kommentiert, bekommt auch mehr Punkte und steigt in der Highscore-Liste nach oben.

Videoausschnitte aus dem Spiel "Your Turn". Die Überschrift darüber lautet "Videos, bei denen du mitmachst."

Platogo

Die spielerischen, kommunikativen und assoziativen Qualitäten, die sich durch "Your Turn" ergeben, sind enorm. Das Hauptziel des Projektes soll sein, voneinander ansonst oft stark getrennten Lebenswelten - etwa bestimmte ethnische Gruppen - spielerisch ein bisschen zusammenzuführen. Wer welche Clips auswählt, kennt und einsetzt, sagt viel über jemanden aus. Darüber hinaus macht das gemeinsame Videomixen nicht nur Spaß, sondern konfrontiert einen auch mit neuen Eindrücken und Inhalten. Zwar gibt es auch hier viele Katzenvideos und trashige Musikclips, doch früher oder später kommen auch politische oder historische Videoausschnitte zum Einsatz.

"Your Turn" ist seit einer Woche online und hat rund 50 für das Projekt gezielt ausgesuchte Jugendlichen aus Wien als Stamm-Community. Darüber hinaus ist das Facebook-Spiel aber offen für alle. Es ist die ideale Möglichkeit, vermeintlich nutzloses Wissen über besonders doofe YouTube-Clips unterhaltsam zum Einsatz zu bringen. "Your Turn" ist das gemeinsame Videoclipschauen im Freundeskreis, nur diesmal als Online-Erlebnis. Das Remixspiel ist die nächsten Wochen über frei spielbar. Ende April gibt es in Wien eine Abschlussparty, bei der sich die Online-Gemeinschaft dann in Fleisch und Blut kennenlernen wird - wenn das nicht ohnehin schon früher passiert.