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Christiane Rösinger Berlin

Ist Musikerin (Lassie Singers, Britta) und Autorin. Sie schreibt aus dem Leben der Lo-Fi Boheme.

29. 12. 2012 - 14:07

Zwischen den Jahren

Die Zeit der Listen, der Rückblicke und Jahres-Polls.

Weihnachten ist vorbei, in Berlin war es das wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen und nun ist wieder diese seltsame Zeit "Zwischen den Jahren" angebrochen. Viele sind noch weg bei den Eltern in Süd-, Ost- und Norddeutschland und kommen erst im Neuen Jahr wieder. Der Silvester-Trend 2012 geht wohl dahin, Berlin zu meiden und die Stadt ganz den Touristen zu überlassen.

Es ist aber auch die Zeit der Listen, der Rückblicke und Jahres-Polls. Das Berliner Stadtmagazin tip hat pünktlich zum Jahresende wieder einmal die hundert peinlichsten Berliner gekürt.

tip Magazin mit Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit

tip Magazin

Auf Platz 1 dieser Liste, in die keiner will, steht diesmal unser Bürgermeister Klaus Wowereit. Warum, ist klar. Es geht um den neuen Großflughafen, dessen Eröffnung immer wieder verschoben wird - über die Hauptstadt lacht das Land, so heißt es.
Tatsächlich freuen sich aber die meisten Vielflieger über die ständige Verschiebung der Eröffnung, weil der Weg zum alten Flughafen Tegel viel kürzer und bequemer ist. Und soll doch das Land, soll doch das Ausland über Berlin lachen - ist es nicht sympathisch, dass den sonst so als verbissen perfektionistisch verschrieenen Deutschen auch mal etwas misslingt? Dass sie es einfach nicht hinkriegen, einen Flughafen fertig zu bauen?

Noch mehr Politiker sind ganz vorne in der peinlichen Liste, bezeichnenderweise viele aus der Piratenpartei. Denn die hat es im Lauf des Jahres geschafft, ihren Ruf ordentlich zu verspielen. Peinliche Talkshowauftritte und andere skurrile Aktionen des Geschäftsführers der Bundespiraten Johannes Ponader haben ihm den Ehrentitel Skandalnudel und Platz 2 der Liste der peinlichsten Berliner eingebracht. Den Platz hätte eigentlich Piratin Julia Schramm verdient, die sich öffentlich gegen den Begriff "geistiges Eigentum" und überkommene Geschäftsmodelle aussprach, für ihr eigenes Buch "Klick mich" hingegen einen saftigen Vorschuss kassierte und damit in Kauf nahm, dass ihr Verlag gegen illegale Downloads vorgeht.

Aus dem Leben der Lo-Fi Boheme
Geschichten aus Berlin von Christiane Rösinger

Wie immer sind Möchtegern-Stars und Semi-Prominente weit vorne in der Liste. Allen voran, auf Platz 4, Micaela Schäfer. Sie fiel bei der letzten Staffel der RTL Dschungelshow durch ihre starke Textilallergie samt akuten Entkleidungsanfällen auf.

Kool Savas und Xavier Naidoo erreichen als Xavas Platz 10 - mit ihrem unfassbar geschmacklosen Song, in dem Homosexualität und Kindesmissbrauch gleichsetzt werden. Die Berliner Ballermänner von Culcha Candela, Bushido, Mario Barth, Springerknecht Benjamin von Stuckrad Barre und Schlagersänger Max Herre erreichten das Mittelfeld. In Berlin laufen eben jede Menge Deppen herum und leider zieht es auch immer wieder neue Deppen aus anderen Landesteilen in unsere schöne Stadt.

Til Schweiger

DPA / CHRISTIAN CHARISIUS

Til Schweiger kam 2012 nur auf Platz 35, er hatte sich vor Jahren schon so sehr über das Ranking geärgert, dass er in einem seiner sogenannten Filme "Zweiohrküken" sich in einer Szene am Zeitungskiosk an dem Stadtmagazin rächte. Gut möglich, dass ihm sein Engagement beim "Tatort" Ende 2013 wieder auf einen vorderen Platz verhilft. Aber auch Projektemacher wie die des BMW Guggenheim-Labs erreichten gute Plätze. Das ist der Lohn dafür, wenn man Bastelworkshops veranstaltet und einen Wind darum macht, als ob ein Raumschiff landen würde. Auch der Vorstand der Touri- Falle Tacheles fand wohl zum letzten Mal in die Liste.

Sido landet als "Ösi-Hauer" (Wortlaut tip-magazin) auf Platz 52, Wim Wenders konnte mit seinem unerträglichen Werbespot für Samsung bis Platz 55 punkten, dicht gefolgt von Wanderhure Alexandra Neldel.

Geronto-Playboy Rolf Eden, Nachtclubbesitzer und Berliner Ausgabe von Hugh Hefner, wollte unbedingt wieder in die Liste und bekam als Golden Boy den Ehrenplatz 100.